Jeremy X
hatte sie doch das Gefühl, sie seien einander recht vertraut. Schließlich pflegte Cathy schon seit langem enge Bande mit dem Hause Winton. Diese Bande waren zwar im Laufe der Jahre in politischer Hinsicht immer wieder strapaziert worden, doch persönlich ging man immer noch sehr entspannt miteinander um.
Thandi Palane war die Einzige in dieser Gruppe, die Cathy nicht schon vorher gekannt hatte. Vor dieser Reise war sie ihr nie begegnet. Sie wusste viel über die Mfecane-Welten, auf denen Palane geboren und aufgewachsen war, weil sie in direktem Zusammenhang mit der Gensklaverei standen. Manpower bedienten sich reichlich bei dem Genmaterial von Mfecane, um ihre ›Modelle‹ für Schwerstarbeiter zu optimieren. Doch Cathy wusste auch, dass sie in Wahrheit keine Ahnung hatte, wie es gewesen sein musste, auf Ndebele aufzuwachsen.
Während ihres Aufenthalts auf Torch nach Berrys Krönung hatte sie die massige Frau wenigstens ein bisschen kennen gelernt. Doch sie sah in ihr immer noch nicht so etwas wie eine ›Freundin‹. Palane war freundlich gewesen, ohne Zweifel, aber trotzdem lag in ihrem Verhalten Catherine Montaigne gegenüber immer eine gewisse angespannte Reserviertheit.
Das hatte Cathy nicht weiter gestört. Auch, weil sie dieses Phänomen bereits kannte. Sie hatte es schon oft bei Gensklaven erlebt, die erst kürzlich hatten fliehen können oder aus den Klauen von Manpower befreit worden waren. So positiv andere Ex-Sklaven auch über Cathy sprechen mochten, und ganz ungeachtet ihres politischen Rufes, war es schlichtweg unmöglich, dass sich jemand, der erst kürzlich der tiefen Hölle der Gensklaverei entronnen war, in der Gegenwart einer äußerst wohlhabenden Adeligen einfach wohl fühlen konnte. Und auch wenn Thandi Palane nicht aus der Gensklaverei kam, führte ihr eigener Werdegang doch zu praktisch dem gleichen Ergebnis: Geboren und aufgewachsen auf Ndebele war sie dort kaum etwas anderes als eine Tagelöhnerin gewesen.
Doch an sich war das alles ohnehin bedeutungslos. Der andere Grund, weswegen Cathy Palane gegenüber sehr positiv eingenommen war, war, dass sie in Thandi Palane die Person im ganzen Universum sah, der es am ehesten gelingen mochte, in den kommenden Jahren für Berry Zilwickis Überleben und ihre (relative) Unversehrtheit zu sorgen. Die Frau war die Oberbefehlshaberin des jungen Militärs von Torch, sie stand Berry sehr nah, und sie war ...
Äußerst hart und skrupellos, wenn es die Situation erforderte.
Cathy blickte sich um. Berrys ›Audienzzimmer‹ war eigentlich nur ein rasch umgebautes Büro in dem großen Gebäude, das Manpower früher als Hauptquartier auf Torch gedient hatte. Damals hatte man die Welt noch ›Verdant Vista‹ genannt. Die Rebellen hatten das Gebäude eingenommen und daraus eine Kombination aus ›königlichem Palast‹ und Regierungszentrum gemacht.
»Wo ist Lars?«, fragte sie.
Berry grinste. »Er macht Ferien von seiner neuen Freundin. Frag mich nicht welche! Wenn er die Adoleszenz übersteht - und die dauert nur noch ein paar Monate -, dann steht ihm eine todsichere Karriere als Jongleur bevor.«
Ein wenig reumütig lachte Cathy leise. Nachdem er die Pubertät erst einmal überstanden hatte, war Berrys jüngerer Bruder Lars zu etwas geworden, was man schon fast ›Schwerenöter‹ nennen musste. Was genau junge Frauen an ihm so anziehend fanden, blieb Cathy ein Rätsel. Lars war ein gutaussehender Junge, das wohl, aber er war wirklich nicht gerade ›hübsch‹ zu nennen. Und wenngleich er nicht gerade schüchtern war, so legte er auch keine echte Aggressivität an den Tag, wenn es um den Umgang mit jungen Mädchen ging. Tatsächlich hielten ihn die meisten - und das schloss auch Cathy ein - für einen ›sehr netten Jungen‹.
Doch was auch immer der Grund sein mochte, er schien Mädchen im Teenageralter anzuziehen wie ein Magnet - und dazu auch reichlich Frauen, die mehrere Jahre älter waren als er selbst. Innerhalb der erste Woche, nachdem er mit Cathy auf Torch eingetroffen war, hatte er es schon geschafft, bereits zwei Freundinnen seines Alters an Land zu ziehen und die zumindest halbwegs ernstgemeinte Aufmerksamkeit einer Frau auf sich zu lenken, die mindestens dreißig Jahre alt war.
»Wollen wir hoffen, dass wir es schaffen, ohne einen Skandal von hier fortzukommen«, murmelte Cathy.
Jeremy X grinste. Schalkhaft, so wie meistens. »Sei nicht albern. Alle Frauen, um die es hier geht, sind ehemalige Gensklaven. Das Gleiche gilt für das,
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