Jeremy X
Ausblick auf die Gärten. Ihr Besucher schien die Pflanzen sehr genau zu studieren, und das erschien Thandi ein wenig merkwürdig. Diese Gärten waren praktisch funkelnagelneu angelegt, sodass es noch mehr freien Mutterboden als Pflanzen gab - und das bisschen an Vegetation, das bereits existierte, kämpfte offenkundig ums Überleben.
Die meisten Pflanzen hatte Catherine Montaigne von Manticore mitgebracht. Ein Geschenk Königin Elisabeths von Manticore, hatte sie gesagt, aus ihren eigenen riesigen Gartenanlagen ausgewählt.
Berry hatte die Geste sehr zu schätzen gewusst. Bedauerlicherweise herrschte auf Torch nur tropisches oder subtropisches Klima, und auf dem Planeten gab es eine eigene üppige und sehr vielfältige Fauna und Flora - von denen die meisten Arten recht aggressiv waren. Nur der Eifer der Gärtner hatte den importierten Pflanzen das Überleben während der Wochen nach Montaignes Ankunft ermöglicht. Jetzt, nach ihrer Abreise, war sich Thandi recht sicher, Berry werde ihre Gärtner beiläufig anweisen, die manticoranischen Pflanzen eines natürlichen Todes sterben zu lassen.
Es war nicht dieser Anblick, bei dem man eine derartig gespannte Aufmerksamkeit erwarten würde, wie sie sich auf dem Gesicht des Mannes mit dem auffallend kantigen Schädel am Tisch abzeichnete. Doch Victor Cachats Gedanken wanderten oft in eine ganz eigene Sphäre, wie Thandi bereits herausgefunden hatte. Es war recht sonderbar, wie dieser scheinbar so gewöhnliche Mann - der er tatsächlich in mancherlei Hinsicht war - das Universum aus derart ungewöhnlichen Blickwinkeln zu betrachten vermochte.
»Und was ist so faszinierend an diesen armen Pflänzchen dort unten?«, erkundigte sie sich.
Er hatte das Kinn in die Hand gestützt, und nun hob er den Kopf und ließ den Arm sinken. »Sie gehören hier nicht her. Je länger man sie betrachtet, desto offensichtlicher wird es.«
»Dem kann ich nicht widersprechen. Und das findest du interessant, weil ...«
»Manpower hier auch nicht hergehört. Je länger ich darüber nachdenke, desto offensichtlicher wird es.«
Sie legte die Stirn in Falten und machte sich daran, ihm träge die Schultern zu massieren. »Du wirst mit mir ganz bestimmt nicht in Streit darüber geraten, dass das Universum ein besserer Ort wäre, wenn wir Manpower nur irgendwie loswerden könnten. Das sieht jeder hier so. Aber inwiefern ist das eine Art Offenbarung?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe mich nicht deutlich genug ausgedrückt. Ich meinte, Manpower gehört genau so wenig in das Universum, wie diese Pflanzen dort unten in diesen Garten gehören. Es passt einfach nicht. Es gibt zu viele Dinge, die bei dieser sogenannten ›Corporation‹ einfach nicht stimmen. Die sollte einen natürlichen Tod sterben, genauso wie diese Pflanzen dort unten. Stattdessen blüht, wächst und gedeiht Manpower - alle Indizien sprechen dafür, dass die Corporation sogar noch an Einfluss gewinnt. Warum? Und wie?«
Es war nicht das erste Mal, dass Thandi erlebte, wie die Gedanken ihres Liebhabers vor ihr in gewaltigen Sprüngen davonjagten. Aber vielleicht war es treffender, seine Gedankengänge mit einem Kaninchen zu vergleichen, das im Unterholz verschwindet, während Thandis eigener, deutlich gradliniger verlaufender Raubtier-Verstand ihm nur mit Mühe und schwerem Keuchen folgen konnte.
»Öhm ... ich suche gerade nach einer würdevollen Möglichkeit, so etwas ähnliches wie ›hä?!‹ zu sagen. Wovon zum Teufel redest du überhaupt?«
Er lächelte und legte eine Hand auf die ihre. »Es tut mir leid. Wahrscheinlich klang das ein wenig arg unergründlich. Ich will damit nur sagen, dass es viele Aspekte gibt - viel zu viele! -, bei denen sich Manpower nicht wie die böse, seelenlose Corporation gibt, die es doch sein soll.«
»Ach Unfug! Wenn du glaubst, es gibt auch nur einen Funken menschlichen Anstands bei diesem miesen ...«
»Ich widerspreche doch gar nicht der Aussage, Manpower sei böse und seelenlos, Thandi. Aber die Firma verhält sich nicht wie eine Corporation. Böse oder nicht, seelenlos oder nicht, Manpower soll doch eine Firma sein, mit entsprechenden wirtschaftlichen Interessen. Diese Firma sollte profitorientiert sein, und die Profitabilität des Sklavenhandels müsste allmählich austrocknen - eines natürlichen Todes sterben, wie diese Pflanzen da unten. Ach ...« Er zuckte mit den Schultern, »ihr ›Sexualobjekt-Typ‹ wird natürlich immer profitabel sein, wenn man bedenkt, dass die hässliche
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