Jericho
einem Lederbeutel Wasser in die Mitte tropfen und zündete die Masse anschließend an, die nicht brannte, sondern gloste und dabei einen betäubenden Duft abgab.
Es war der Heilige Rauch der Apachen, der Rauch, der ›sehend‹ machte. Und nichts anderes wollte Chato, als er in sich zusammensank und sich wenig später seiner Trance hingab…
***
Es wurde eine Fahrt durch Hitze und Staub, die Suko und ich nicht vergaßen.
Manchmal mußte ich das Fahrzeug auf gut Glück rollen lassen, denn die hochgewirbelten Wolken nahmen mir des öfteren einen Großteil der Sicht. Wir kamen uns vor, als würden wir durch einen Vorhang rollen, hinter dem irgendwo das Licht der Sonne stand wie eine große, blendende Laterne. Einen Weg sollte es auch geben, mehr eine Piste. Sie aber zu finden, war nicht einfach.
Wenn ich daran dachte, daß Judith Hill durch diese verdammte Wüste gefahren worden war und auf der Ladefläche gesessen hatte, bekam ich die Wut. Hitze und Staub mußten sie ausgetrocknet und blind gemacht haben. So etwas war einfach furchtbar.
Es blieb nicht so. Irgendwann erreichten wir ein Gebiet, wo sich der Staub senkte und nicht mehr als diese rotgelben Wolkenberge über unserem Fahrzeug schwebte.
»Das ist die Straße«, sagte Suko, dessen Stimme ebenfalls staubig klang.
»Tatsächlich?«
»Ja, schau hin.«
Ich warf den Blick seitlich aus dem Fenster und entdeckte tatsächlich den Pistenrand. Man hatte diese Strecke einfach in die Wüste hineingewalzt, das war alles. Nach irgendwelchen Befestigungen suchten wir vergeblich.
»Ich wette, daß sie uns bereits entdeckt haben«, sagte Suko.
»Da halte ich nicht einmal gegen.«
»Gut. Wie machen wir es?«
»Ganz einfach, Alter. Wir werden nach Jericho hineinfahren, als wäre nichts gewesen.« Ich lachte leise. »Und zwar mit diesem Fahrzeug, mein Lieber.«
»Man wird uns für Diebe halten.«
»Das ist mir egal. Allerdings werden wir eine Erklärung abgeben und die Todesengel belasten.«
»Willst du berichten, daß Judith überlebt hat?«
»Das kommt darauf an. So etwas könnte eine Aufmunterung für die anderen sein.«
»Ja, kann sein.«
Die Gegend, blieb flach. Sie kam mir vor wie eine große Schüssel, die irgendwann einmal entstanden war, weil jemand mit einer Riesenhand in das Gebirge hineingeschlagen und so diese Schüssel zurückgelassen hatte.
Die Berge umgaben uns im Hintergrund. Als zackige, graublaue Kette schimmerten sie unter dem Licht der Sonne, die bereits die intensivere Farbe eines Eidotters angenommen hatte. Dabei war sie gewandert, ein Zeichen, daß der späte Nachmittag bereits erreicht war. Die Luft schmeckte nach bitterem Staub. Hin und wieder entdeckten wir jetzt Grasflecken, auch andere Pflanzen, zum Beispiel Kreosotbüsche. Hin und wieder wechselten sie sich ab mit krummen Kakteen. Das Hochplateau, von dem wir gekommen waren, lag rechts von uns wie ein großer, langer Kasten, von dem wir nur eine Seite sahen. Durch die veränderte Stellung der Sonne hatten sich erste Schatten bilden können, die wie dunkle Flecke an den Rändern lagen.
Auch besaß das Gestein andere Farben. Es sah an zahlreichen Stellen aus wie eine Flamme, die nicht mehr flackern wollte. Ich wußte von den täglich stattfindenden Naturschauspielen in der Wüste, die irgendwo faszinierend waren.
Dafür hatten wir keinen Blick, da ein anderes Ziel allmählich heranrückte. Jericho!
Die Stadt lag dort wie eine Theaterkulisse, und beide hielten wir plötzlich die Luft an, denn einen krasseren Gegensatz konnte man sich kaum vorstellen.
Auf der einen Seite die staubige Wüste, auf der anderen die wunderbare Oase, denn die Stadt mit ihren hölzernen Bauten war von einem Grüngürtel umgeben, und deshalb mußte auch Wasser in unmittelbarer Nähe existieren. Davon hatte Judith nichts gesagt. Wir wunderten uns, wie sauber die Stadt aussah.
Einen Kirchturm sahen wir allerdings nicht. Das störte uns etwas, weil es normalerweise dazugehörte.
»Da bin ich mal gespannt«, sagte Suko.
»Und ich auch.« Wir rollten auf Jericho zu. Eine Tankstelle war nicht vorhanden.
Wir entdeckten Bäume, die wir in Mitteleuropa vermutet hätten, aber nicht hier in der Wüste. Rechts und links einer glatten Straße standen große Platanen, deren breite Kronen wunderbar kühlenden Schatten gaben.
Dahinter lagen die Häuser der Menschen, zumeist umgeben von blühenden Gärten.
Ein Paradies… »Kannst du dir vorstellen…?«
»Nein, kann ich nicht, Suko.«
»Ich auch nicht.«
»Das
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