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Jericho

Jericho

Titel: Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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aufklangen und sich uns näherten. Es war nicht Jericho, der kam, sondern Imelda, auf deren Gesicht ein heimtückisches und gleichzeitig wissendes Lächeln lag.
    Plötzlich interessierte ich mich für ihr Gesicht. Der Anblick erweckte Erinnerungen in mir.
    Ich dachte an die zweite Begegnung. Keine, bei der sie mich angesprochen hätte, es war nur mehr eine Erinnerung an das Gesicht, das ich über mir gesehen hatte.
    Zusammen mit den anderen, in den Wolken und dabei verzerrt und aufgeplustert.
    »Nun?« fragte sie und stemmte ihre Hände in die Hüften. »Habt ihr alles erlebt?«
    »Sicher«, erwiderte Suko, »und wir leben noch.«
    »Das sehe ich. Ihr seid stark, ich weiß. Nicht alle verlassen die Welt der Träumenden so, wie sie hineingekommen sind. Oft werden sie zertreten und zu…«
    »Wo ist Jericho?«
    Sie lachte mich an oder aus. So genau war das nicht festzustellen.
    »Habt ihr ihn nicht gesehen?«
    »Nein.«
    »Dann ist er auch nicht da.«
    »Wir werden auf ihn warten. Wir wollen ihn sehen. Wir möchten mit ihm reden.«
    Sie hob die Schultern. »Bitte, es sei euch überlassen. Aber hier herrschen seine Gesetze. Ein jeder richtet sich danach, das dürft ihr niemals vergessen.«
    Ich kam wieder auf die Menschen in der Stadt zu sprechen. »Weshalb träumen sie?« fragte ich. »Warum liegen sie am hellichten Tag in ihren Betten und erleben die Alpträume?«
    »Weil Jericho es so will.«
    »Wie kommt er dazu?«
    »Wenn er die Welt erhalten will, muß er sie träumen lassen. Er schickt sie ihnen, versteht ihr? Er beweist ihnen damit, daß sie ohne ihn nichts sind.«
    »Und so läßt er sie immer träumen?«
    »Nein, nicht immer. Nur wenn er es will und für nötig hält. Dann werden die Kraftspender wieder aufgeladen, wenn ihr versteht. Diese Welt istseine Welt. Er ist der Herrscher…«
    »Und er ist feige«, sagte Suko. »Denn er hat sich nicht getraut, sich uns zu zeigen. Das nenne ich Feigheit und auch Angst. Ja, der große Jericho hat Furcht davor, sein Leben zu verlieren. Daß seine Existenz dahingeht. Das ist es doch.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ihr irrt. Ihr irrt beide. Jericho war immer in eurer Nähe. Er kennt euch, darauf könnt ihr euch verlassen. Er weiß genau, was er will.«
    »Dann müssen wir blind gewesen sein.«
    Imelda lächelte. »Ja, das kann sein, Blind.« Sie lachte und nickte. »Ihr seid blind gewesen.«
    »Sind die Todesengel auch Traumwesen?« fragte ich.
    Sie breitete die Arme aus. »Was ist Traum, was ist echt? Oder ist Jericho nur ein Traum?«
    »Das würde uns auch interessieren.«
    Sie drehte sich um und ging. Suko wollte ihr nach und sie festhalten, da war sie schon weg. Einfach hineingegangen in diese graue Dunkelheit und war verschluckt worden.
    »Die macht mit uns, was sie will«, murmelte Suko.
    Ich nickte gedankenverloren und fragte ihn danach, ob er sie auch innerhalb dieser Wolkengesichter gesehen hatte.
    Suko überlegte, bevor er heftig nickte. »Klar, jetzt, wo du es sagst, sehe ich es auch so.«
    »Ich glaube fest daran, daß diese Gesichter noch eine große Rolle spielen. Für mich sind sie so etwas wie der Schlüssel zu dem großen Geheimnis, das den Namen Jericho trägt.«
    »Das hoffe ich auch.«
    Plötzlich hörten wir Schritte. Sie hätten eigentlich aus dem Hintergrund kommen müssen, und bestimmt waren sie auch an einer Stelle aufgeklungen, aber sie erreichten unsere Ohren aus sämtlichen Richtungen. Wir konzentrierten uns auf die Geräusche. Nicht nur ich allein spürte das kalte Gefühl im Nacken. Ich war davon überzeugt, daß das Versteckspiel ein Ende haben würde. Jericho hatte sich entschlossen, sich zu zeigen.
    Wir schauten dorthin, wo das Licht etwas heller war und aus einer Mischung aus Grau und Violett bestand, nicht mehr so tief mit Schatten unterlegt wie die übrige Umgebung.
    Da kam er her…
    Eine hohe Gestalt, und mit dem Schritt, der die Distanz zu uns verkürzte, schälte er sich deutlicher hervor. Jericho hätte alles sein können. Ein Mann, eine Frau, ein Zwitter, wir waren da wirklich auf alles gefaßt. Er zeigte sich als Mann, nicht als Geist, sondern als dreidimensionale Existenz.
    Und er strahlte etwas aus, das mich frösteln ließ. Das war das Böse, das Widerliche und Unmenschliche. Eine Kälte, die ich nicht mochte, die positive Gefühle verletzte.
    Eigentlich war ich etwas enttäuscht, als ich ihn sah. Auf mich wirkte er wie ein alter Wanderprediger in seiner dunklen Kleidung, zu der auch ein Hut gehörte, der wie eine zu klein

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