Jericho
Magie hin.«
»Wahrscheinlich bleibt mir nichts anderes übrig.« Ich suchte Jericho und fand ihn nicht. Überhaupt war er uns völlig unbekannt. Wir kannten zwar seine Stadt, auch seinen Namen, aber wie dieser Mensch aussah, darüber konnten wir nur raten.
»Jericho«, flüsterte Suko, der den gleichen Gedanken gehabt hatte wie ich, »wie stellst du ihn dir vor?«
»Ein Opa mit Bart.«
Da mußte er lachen. Es war das einzig Fröhliche, denn die Welt veränderte sich.
Über uns riß der ›Himmel‹ auf. Eine große Kiste erschien. Sie schwebte auf den Kopf gestellt in der Luft. Dann öffnete sich der Deckel, klappte auf und entließ den Inhalt.
Menschen!
Sie purzelten dem Erdboden entgegen.
Vor unseren Füßen klatschten sie auf, blieben mit verrenkten Gliedern und totenbleichen Gesichtern liegen.
»Es waren Tote!« zischte Suko, als eine bleiche Hand nach seinem rechten Knöchel faßte. Die neben ihm liegende Leiche war erwacht. Als Zombie griff sie zu. Dabei stellten sich die feuerroten Haare hoch, aber Suko schlug einmal mit der Dämonenpeitsche in das häßliche Gesicht, und die Gestalt zerplatzte.
Nicht einmal Rauch blieb zurück. Suko hatte das Wesen aus dem Traum gelöscht, so einfach war das gewesen.
»Gut«, lobte ich ihn.
»Hör auf.« Mit noch schlagbereiter Dämonenpeitsche schaute er sich um, auf der Suche nach anderen Angreifern, die sich allerdings zurückhielten. Im Kopf des Träumers reichten die Phantasien aus. Wir hatten keine Lust, noch länger stehenzubleiben. Für uns war Jericho wichtig. Wenn wir ihn erwischten, war alles andere ein Kinderspiel. Aber er ließ sich nicht blicken. Wir konnten ungehindert auf die hohe Mauer zuwandern, auf deren Ende wir die Gestalten mit den langen Messerklingen sahen.
Ihre weißen Gesichter sahen aus wie schwebende Kalkflecken. Da sie sich bewegten, gingen wir davon aus, daß sie uns voll und ganz unter Kontrolle hielten.
Durch ein Tor gelangten wir auf einen Hof. Der Boden schimmerte naß. Jemand träumte von riesenhaften Echsen, denn sie schlichen über das Pflaster. Sie besaßen eine ebenfalls graue, schuppige Haut und rote Augen, die mich an starre Feuerkreise erinnerten.
Die Echsen griffen nicht an. Sie erinnerten mich an Wächter und verschwanden neben der Innenmauer in einem Sumpf, der dort wie ein Teich lag.
Wir orientierten uns nach vorn und gingen vorsichtig an ihm vorbei. Suko hatte eine Stiege entdeckt, mehr eine breite Leiter, die zu einer vorstehenden Plattform hochführte.
»Wäre das was für uns?«
»Okay.«
Er übernahm auch weiterhin die Führung. Als er die Plattform erreicht hatte, winkte er mit beiden Armen, und ich folgte ihm schnell. Die hintere Seite der Plattform endete dort, wo wir einen vorn offenen viereckigen Turm sahen. Ein quietschendes Geräusch erregte unsere Aufmerksamkeit. Es stammte von einem alten Fahrstuhl, der sich innerhalb des Turms befand.
»Hoch?«
Ich überlegte nicht lange. »Okay, fahren wir.« Ich wollte an die Todesengel herankommen.
Wir bestiegen den Aufzug. Ich hoffte, daß der Schlafende den Traum weiterträumte und wir auch oben ankamen. Kaum wurde der Untergrund durch unser Gewicht belastet, schüttelte er sich, um anschließend in die Höhe zu fahren.
Das lief nicht geräuschlos ab. Es ratterte und quietschte. Uns dauerte die Fahrt viel zu lange, und auch die äußere Umgebung änderte sich. Da wir durch das Freie fuhren, konnten wir es gut erkennen. Von den Burgmauern sahen wir nichts. Dafür begleiteten uns lange Nebelfahnen, die eine dunkelgraue Farbe bekommen hatten. Dann schwebte eine bleiche Gestalt durch den Nebel. Es war eine mit einem Totenhemd bekleidete Frau, deren Kopf von Kugeleinschüssen durchlöchert war. Die Gestalt löste sich auf. Wir hörten gleichzeitig einen schweren Atemzug, und schließlich hielt der Aufzug an, so daß wir ihn verlassen und die Burgmauer betreten konnten.
Hier hatten wir die bleichen Todesengel gesehen, die sich jetzt nicht zeigten.
Suko schaute nach rechts, ich nach links. Über die Mauer hinweg glitt mein Blick hinein in den fahlgrauen Himmel, der jetzt leer war, denn die utopisch anmutenden Flugobjekte waren verschwunden. Brach die Welt zusammen?
Das befürchtete auch Suko, denn er meinte: »Die wird sich bestimmt nicht mehr lange halten können.«
»Was dann geschieht, weiß ich nicht.«
»Ich aber.«
»Und?«
»Wir würden wieder in Jerichos Haus sein.«
Suko grinste breitlippig. »Das wäre schön.«
»Ich frage mich etwas ganz
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