Jerry Cotton - 0501 - Hochzeitsnacht mit einem Moerder
obwohl er offensichtlich froh war, mich loszuwerden.
»Ein Mord!« sagte ich. »Einer Ihrer Kollegen wurde umgebracht.«
»Ein Schriftsteller?«
»Nein, ein 23 000-Dollar-Witwer.«
Dale reagierte auf diese Mitteilung wie auf einen Haken, der auf einem Punkt explodiert. Er fiel rücklings in den Sessel, aus dem er gerade aufgestanden war. Sein Gesicht war so weiß wie eine gekalkte Wand.
»Sieht so aus, als hätten Sie mir einiges zu erzählen, Dale!«
Er fuchtelte mit den Armen. »Nein, nein, Mr. Cotton! Ich bin nur so entsetzt über Ihre Mitteilung.«
Auf dem Parkplatz 18 standen drei Wagen der City-Police-Mordkommission und vier Streifenwagen. Die Cops hatten die Einfahrt abgesperrt. Beim Anblick des Ausweises ließen sie mich passieren.
Ich stieß auf Phil, der mir den Chef der Mordkommission, Inspektor Russell, vorstellte. Russell und ich kannten uns von einigen anderen Fällen, in denen wir zusammengearbeitet hatten.
»Sieht so aus, als hätten wir schon einiges herausgefunden, was es zu finden gibt«, erklärte er. Er zeigte auf eine Stelle des Begrenzungsgebüsches. »Hier lag er… Nur die Füße und die Beine bis zu den Knien ragten heraus. Der Arzt sagt, er sei an der Stelle gestorben, an der wir ihn fanden. Drei Kugeln, eine in den Kopf, zwei in den Rücken. Zwei wirkten auf der Stelle tödlich, an der dritten wäre er auch gestorben, aber erst nach zehn oder zwanzig Minuten. Die Schüsse müssen aus größerer Entfernung abgefeuert worden sein. Keine Kugel durchschlug den Körper. Ich schätze den Abstand auf mindestens fünfzig Yard. Wir fanden keine Hülsen. Entweder hob der Schütze sie auf oder — und das halte ich für wahrscheinlicher — er feuerte aus einem Auto!«
»Fünfzig Yard und drei tödliche Kugeln! Der Mörder muß vorzüglich mit der Pistole umgehen können. Haben Sie entsprechende Reifenspuren eines Wagens gefunden?«
»Aussichtslos, Cotton. Der Staub auf dem Asphalt liefert keine brauchbaren Reifenabdrücke. Selbst wenn wir welche fänden, könnten sie auch von einem völlig harmlosen Wagen stammen. Das hier ist ein öffentlicher Parkplatz.«
»Keine Zeugen?«
»Keine Zeugen«, bestätigte er. »Niemand, der die Schüsse gehört hat. Der Autolärm und das Dröhnen der Flugmotoren verschlucken alles. Irgendeine Maschine ist ständig über der Bucht im Anflug auf den Kennedy Airport.«
»Kann ich sehen, was Sie in Pommers Taschen gefunden haben?« Der Inspektor winkte einem Beamten, der einen flachen Koffer öffnete. Pommers Habseligkeiten lagen nebeneinander; ein Taschentuch, ein Feuerzeug aus poliertem Messing, eine abgegriffene Brieftasche, ein zusammengeknülltes Stück Papier. Ich entfaltete es und sah, daß es ein mit der Hand geschriebener Brief war, gerichtet an Mr. Andrew Pommer. Der Text lautete:
»Ihre Mietschuld beträgt nunmehr 120 Dollar. Sie haben Ihr Wort nicht gehalten und auch nicht gezahlt. Zum letzten Male, zahlen Sie, oder ich lasse Sie von der Polizei an die Luft setzen.«
Die Unterschrift lautete: »Mrs. Adelgan Hessman.«
Ich hatte laut vorgelesen. Inspektor Russell nickte. »Pommer war ein alter Gerichtskunde. Wohl pleite gewesen, der Mann.«
»Der Brief ist durchaus interessant für mich. Vor ungefähr acht Monaten wurden Andrew Pommer dreiundzwanzigtausend Dollar als Versicherungssumme für seine verunglückte Frau ausgezahlt. Trotzdem besaß er jetzt nicht mehr das Geld, um seine Miete zu bezahlen.«
In der Brieftasche fand ich Visitenkarten, pompöse Gebilde mit erhabenem Golddruck. Als Adresse war die W. 88. Straße, Nummer 490 angegeben. Ich nickte Phil zu. »Laß mich nachsehen, ob sich unter dieser Adresse ein möbliertes' Zimmer bei Mrs. Adelgan Hessman verbirgt.«
Ich irrte mich nicht. Mrs. Hessman bewohnte eine Etage unter der angegebenen Adresse. Sie öffnete selbst, eine mittelgroße, rundliche Frau deutscher Herkunft, die sich auch noch an dem Akzent verriet, mit dem sie englisch sprach. Als ich nach Andrew Pommer fragte, stemmte sie die Fäuste in die Hüften und verfeuerte eine größere Schimpfkanonade. Sie erklärte uns in allen Einzelheiten, wie sie Pommer zunächst für einen vornehmen Gentleman gehalten und ihm zwei ihrer besten Zimmer vermietet hätte, wie er sich dann mehr und mehr als Schwindler entpuppt hatte und sie schließlich…
An diesem Punkte gelang es mir, Mrs. Hessman zwischen zwei Atemzügen zu stoppen.
»Andrew Pommer ist tot.« Diese Mitteilung verschlug ihr die Sprache.
»Bitte, zeigen Sie mir sein
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