Jerry Cotton - 0515 - Ein Moerder macht Musik
wahr?«
»Aber Mr. Cotton!« sagte er vorwurfsvoll. »Es ist nicht gerade fein, diese Tatsache vor Bunny zu erwähnen! Sie kann schrecklich eifersüchtig sein!«
Bunny Kirk sah nicht so aus, als ob diese Behauptung zuträfe. Das kümmerte mich allerdings herzlich wenig. Mir ging es um Phil. Ich mußte jedoch den Umweg über Virginia Vermont nehmen, um etwas zu erreichen. »Mord ist noch viel weniger fein, Tony. Wenn es um Mord geht, treten Taktfragen in den Hintergrund.«
»Ich weiß«, nickte er und bemühte sich, ernst und verständnisvoll auszusehen. »Sind Sie unterwegs, um in diesem Fall zu ermitteln? Ist es gar so, daß Sie mich gesucht haben? Ich kann Sie beruhigen, G-man. Ich habe mit der Geschichte nichts zu tun. Nicht das Geringste. Mein Alibi ist okay. Nach meinem Dafürhalten sollten hübsche junge Mädchen ausschließlich dazu dienen, unseren grauen Alltag ein wenig zu erhellen und zu verschönern. Was mich betrifft, so könnte ich nichts anrühren oder gar zerstören, was so sanft und zart ist wie ein junges Mädchen.« Er zwinkerte vielsagend. »Das mit dem Anrühren dürfen Sie natürlich nicht zu wörtlich nehmen!« Er lachte laut, und Rex Fitter assistierte ihm dabei. Bunny Kirks Gesicht blieb hübsch, leer und ausdruckslos.
Ganzetti trat auf wie ein Schmierenkomödiant. Er hatte schon rein äußerlich mit diesen Typen vieles gemein. Sein Schnurrbärtchen wirkte wie aufgeklebt, und seine Koteletten waren für meinen Geschmack mindestens zwei Inch zu lang. Er hatte regelmäßige Züge mit einer überraschend weißen zarten Haut. Manche Leute mochten ihn für einen gutaussehenden Mann halten. Für mich hatte er etwas vom Habitus eines Filmschurken der zwanziger Jahre. Seine Eleganz wirkte unecht und gelackt, und sein Lächeln war zynisch und gemein.
»In dieser Sache ermittelt die City Police«, erklärte ich zutreffend, wenn auch nicht ganz vollständig. »Ich entwickelte dafür ein eher akademisches Interesse.«
»Natürlich!« sagte er verständnisvoll: »Als G-man haben Sie immer den Finger am Puls des Verbrechens! Man wird mich sicherlich vernehmen wollen, nicht wahr?«
»Spätestens morgen können Sie mit dem Besuch von Lieutenant Guthr.ie rechnen.«
Wir wechselten noch einige unverbindliche Worte, dann ließ ich Ganzetti mit der Blonden und seinem Gorilla abziehen. Ich nahm mir nicht einmal die Mühe, ihm zü folgen. Mir war klar, daß Ganzetti an diesem Abend nichts tun würde, was ihn belasten könnte.
Fünf Minuten später saß ich an der Bar im WHITE HEAT. Ich bestellte mir einen Whisky mit Ginger Ale und sah mir unauffällig die Leute an, die das Lokal bevölkerten. Es gab viel echten Schmuck und ebenso viel falsche Zähne; die Bar wurde in der Hauptsache von älteren Herren frequentiert, die Wert darauf legten, mit ihren zumeist sehr jugendlichen Begleiterinnen nicht gesehen zu werden. Die Lichtverhältnisse in der Bar waren diesem Wunsch angepaßt.
Gerade, als ich zahlen und mich wieder verdrücken wollte, entdeckte ich in einer der Nischen an der Längswand Donald Heflin.
Er blickte sofort weg, als sich unsere Blicke kreuzten, aber natürlich hatte er mich erkannt. Vor drei Jahren hatten Phil und ich dazu beigetragen, ihn wegen eines Rauschgiftvergehens festzunageln. Mit einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren war er damals noch recht glimpflich davongekommen. Trotzdem war kaum anzunehmen, daß er meinen Anblick für eine erfreuliche Abwechslung hielt. Er war in der Begleitung eines fetten, etwa fünfzigjährigen Mannes, den ich nicht kannte. Der dicke Mann hatte Mühe, sich in der Enge zwischen Tisch und Stuhl zu bewegen. Er saß in der Nische wie eingeklemmt.
Als Heflin den Kopf bewegte, sah ich, daß auf seiner Stirn Schweißtropfen standen. Das Lokal hatte eine ausgezeichnet funktionierende Klimaanlage, und es gab nicht den geringsten Grund, sich über lästige Wärme zu beklagen. Heflin war entweder krank, oder sein Schweißausbruch war auf meine Nähe zurückzuführen. Für noch wahrscheinlicher hielt ich es, daß er ein schlechtes Gewissen hatte, das sich in meiner Gegenwart besonders emsig rührte. Vielleicht glaubte er, daß ich nur seinetwegen gekommen war.
Heflin war genau der Typ, den keine Strafe kuriert. Im Gegenteil. Zuchthausaufenthalte dienten ihm nur zur Vertiefung seiner höchst dubiosen Kenntnisse. Es war anzunehmen, daß er seit seiner Entlassung nicht durch eine übertriebene Förderung ehrlicher Arbeit vorangekommen war.
Ich blickte immer wieder zu
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