Jerry Cotton - 0515 - Ein Moerder macht Musik
würden. Deshalb vertauschte er in letzter Minute die Gläser, so daß Legrelle nur eine geringe Menge des vergifteten Whiskys zu sich nehmen konnte.«
»Heflin und Legrelle!« sagte Mr. High nachdenklich. »Was kann es da für Zusammenhänge geben?«
»Ich glaube, wir sollten eher fragen, welcher Konnex zwischen Ganzetti und dem Franzosen besteht. Ich habe bereits alles Material über Legrelle angefordert… das Gespräch wird auf Ihre Leitung gelegt, Sir.«
Das Telefon klingelte wie auf Abruf. »Hier ist es schon«, sagte Mr. High. Er nahm den Hörer ab und meldete sich. Er machte sich einige Notizen, stellte aber keine Fragen. Nach zwei Minuten legte er wieder auf. »Legrelle ist tatsächlich in halboffizieller Mission hier. Er ist Franco-Algerier. Seine Mutter war Algerierin. Legrelle lebt seit sieben Jahren in Paris. Er gilt als ein tüchtiger und verläßlicher Mann, dessen einzige Schwäche hübsche Mädchen sind. Da er unverheiratet ist, läßt sich dagegen nichts einwenden.«
»Mark Lennon kam aus Paris… genau wie Legrelle. Das kann ein Zufall sein, aber ich glaube nicht daran.«
»Interpol ist doch schon verständigt, nehme ich an?« fragte Mr. High.
»Ja, Sir. Ich habe um einen kompletten Bericht von Mark Lennons Tätigkeit in Paris und um eine Spezifikation seiner Absichten und Aufträge ersucht, die ihn nach Amerika führten. Ich hoffe, daß sich die Redaktion des ,Match bereit erklärt, alles Wissenswerte auszupacken. Interpol wird selbstverständlich auch Mark Lennons französische Freunde befragen. Wir werden schon bald mehr wissen.«
Mr. High blickte mich an. »Algier ist schon immer ein Schwerpunkthafen für den Umschlag und die Ausfuhr von Rauschgift gewesen«, stellte er fest.
»Ganzetti handelte mit Rauschgift«, nickte ich.
»Vermutlich tut er es immer noch. Aber Legrelle?«
Die Frage blieb unbeantwortet in der Luft hängen. Dann sprachen wir über Phil. Alles, was wir im Augenblick für ihn tun konnten, war, die City Police zu alarmieren und einige von Ganzettis Schlägern überwachen und beobachten zu lassen.
Ich ging in mein Office, um die eingegangenen Berichte durchzusehen. Der längste von ihnen stammte von Lieutenant Guthrie und war gerade erst eingegangen. Aus dem Bericht ging hervor, daß Mark Lennon an den Folgen einer Injektion mit einer hochprozentigen Zyankalilösung gestorben war. Die Untersuchung des FIRST AID ROOMS im Hafenzollamt 4 hatte keine verwertbaren Fingerabdrücke erbracht. Das Messer, mit dem Virginia Vermont erstochen worden war, kostete neunzig Cent und wurde in fast allen Five- and-Ten-Cents-Stores des Landes angeboten. Wie zu erwarten gewesen war, enthielt es keine Fingerabdrücke.
Die Zigarettenkippen im Ascher von Virginia Vermonts Hotelzimmer waren nur zum Teil von Laura Reilly dort deponiert worden. An den meisten von ihnen entdeckte man Spuren des Lippenstiftes, den Virginia Vermont verwendet hatte. Der Bericht enthielt auch Kopien der‘ärztlichen Obduktionsergebnisse. Aus allem ging hervor, daß bislang zwar sehr gewissenhaft, im Grunde aber doch erfolglos gearbeitet worden war.
Louis McNeal hatte eine Bluttransfusion erhalten. Die Kugel nahe seinem Herzen war entfernt worden. Es bestand die begründete Aussicht, daß er sich rasch wieder erholen würde, aber im Augenblick war er nicht vernehmungsfähig.
Man hatte inzwischen seine Freundin befragt, eine Serviererin namens Grace Brown, doch diese junge Dame gab vor, nichts von einem mundharmonikaspielenden Partner ihres verletzten Freundes zu wissen.
Ähnlich negativ war ein weiteres Verhör von Laura Reilly und ihrem Freund Tucker verlaufen. Beide blieben bei ihrer Behauptung, daß Laura lediglich den Auftrag gehabt hatte, Mark Lennon gegenüber als Virginia Vermont aufzutreten und ihn für eine halbe Stunde abzulenken.
Nach wie vor war der Killer mit der Mundharmonika auf freiem Fuß.
Nach wie vor tappten wir über die wahren Tatmotive von Mark Lennons und Virginia Vermonts Ermordung im dunkeln. Es gab zwar einige Verdachtskonstruktionen, aber ohne konkrete Beweise ließ sich nicht viel mit ihnen beginnen. Fest stand eigentlich nur die Täterschaft von Louis McNeal und seines mundharmonikaspielenden Freundes.
Ich kam nicht los von dem, was Mr. High über die Funktion des Hafens von Algier gesagt hatte. Wenn meine Theorie über Legrelles Vergiftung stimmte, dann war Heflin der Mann, den es zu greifen galt.
Natürlich würde Heflin bestreiten, etwas mit der Geschichte zu tun zu haben. Die
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