Jerry Cotton - 0515 - Ein Moerder macht Musik
rauchen?« fragte er. Ich beobachtete, wie er sich eine der Zigarren in den Mund schob, und wiederholte: »Gestehen Sie, Monsieur Legrelle!«
»Okay«, sagte er gedehnt. »Ich gestehe! Ich gebe zu, Heflin ermordet zu haben und dann über das Dach geflohen zu sein. Sind Sie nun zufrieden?«
»Nein«, sagte ich. »Ich muß alles wissen. Ich muß erfahren, wie es dazu kam und was Sie mit Mark Lennon verband. Ich muß wissen, weshalb Sie mit Ganzetti zusammenarbeiteten und was das Syndikat dazu veranlaßte, Sie aus dem Wege räumen zu wollen…«
Legrelle traf keine Anstalten, seine Virginia anzuzünden. Er steckte das Etui in sein Jackett und kam langsam auf mich zu. Seine Erregung hatte sich gelegt. Er machte jetzt einen gefaßten, zugleich aber auch lauernden und drohenden Eindruck. »Stecken Sie die Pistole weg, G-man!« sagte er. »Vielleicht vertraue ich Ihnen dann ein paar kleine Geheimnisse an…«
Ich sah keinen Grund, mich vor Legrelle zu fürchten. Ich schob die Waffe langsam in die Schulterhalfter zurück. »Legen Sie los!« bat ich. »Ich bin ganz Ohr.«
Er grinste. »Wissen Sie eigentlich, wie Sendungen mit wissenschaftlichem und militärischem Geheimmaterial deklariert werden?« fragte er. »Sie gehen nicht durch den gewöhnlichen Zoll. Sie haben den Vorzug, wie Diplomatengepäck behandelt zu werden, und bekommen für die Ein- und Ausfuhr einen Sonderstatus.«
»Ich verstehe«, sagte ich. »Sie mißbrauchten Ihre Stellung als Kontaktmann, indem Sie sich ein paar zusätzliche Sondergenehmigungen beschafften und mit deren Hilfe Rauschgift einführten.«
Er nickte. »Es war der einfachste und sicherste Weg, dem Zoll ein Schnippchen zu schlagen. Zoll und FBI bilden in den Staaten ein fast unüberwindliches Hindernis für jeden, der Rauschgift einzuführen versucht. Insbesondere die aus Afrika kommenden Frachter werden rigoros kontrolliert. Ich hielt es für eine gute Idee, die Waren zunächst aus Algier nach Frankreich zu verschiffen. Von dort gelangten sie dann, als geheimes wissenschaftliches Material deklariert, in die Vereinigten Staaten.«
»Zu Ganzetti.«
»Zunächst an eine Deckadresse, und dann zu Ganzetti«, bestätigte Legrelle. »Überrascht?«
»Es muß Sie eine Menge Mühe gekostet haben, diese schwarzen Kanäle in Schwung zu bringen.«
»Es erfordert viel Arbeit und Nachdenken. Vor allem mußte ich Ideen und Improvisationstalent beweisen«, meinte er. »Auch ein bißchen Korruption war mit im Spiel. Zuletzt lief die Sache beinahe idiotensicher. Bis zu dem Tag, als ich zum ersten Mal von Mark Lennon hörte…«
»Wann war das?«
»Vor ein paar Wochen. Das genaue Datum spielt keine Rolle. Er besuchte mich in meiner Wohnung, um mich zu interviewen. Schon nach seinen ersten Fragen wußte ich Bescheid. Er hatte das Material bekommen…«
»Rauschgift?«
»Nein, die Akte mit den Unterlagen, die sich auf meine frühere Tätigkeit in Algier bezogen. Einer meiner alten Gegner wollte mich hochgehen lassen. Mark Lennon sollte veröffentlichen, daß ich während des algerischen Freiheitskampfes für beide Seiten gearbeitet hatte… zu meinem ganz persönlichen Nutzen.«
»Was sicherlich zutraf«, sagte ich trocken.
Legrelle grinste lustlos. »Aber ja! Jeder ist sich selbst der Nächste, nicht wahr? Stimmt, ich handelte damals schon mit Rauschgift. Kunden für meine Ware fand ich in beiden Lagern. Das sollte nun auf einmal publik werden. Es liegt auf der Hand, daß das das Ende meiner Karriere bedeutet hätte… und Zuchthaus obendrein!«
»Natürlich unternahmen Sie sofort eiwas dagegen«, sagte ich.
»Ich versuchte, Mark Lennon zu beschwindeln. Ich erklärte ihm, daß das Material gefälscht sei. Damit kam ich nicht durch. Dannn versuchte ich ihn aus dem Wege zu räumen. Ich schaffte es nicht. Er war auf der Hut. Da telegrafierte ich an Ganzetti. Ich erklärte ihm, worum es ging und daß unser ganzes Geschäft auffliegen würde, wenn Mark Lennon es sich einfallen ließe, das Material zu veröffentlichen.«
»Ganzetti lockte Mark Lennon daraufhin in die Vereinigten Staaten«, sagte ich, »und Virginia Vermont diente ihm dabei als Lockvogel.«
»Genau. Sie schrieb ihm einen Brief, aus dem hervorging, daß sie mit einem der größten Syndikatsbosse der Vereinigten Staaten befreundet sei und daß sie aus persönlichen Gründen die Absicht habe, diesen Mann hochgehen zu lassen. Sie versprach Mark Lennon das aufregendste Material, das jemals ein Journalist über eine Unterweltsgröße zu
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