Jerry Cotton - 0515 - Ein Moerder macht Musik
Sekunde!« hauchte Legrelle. Er schwankte wie ein Betrunkener. Plötzlich begann er zu schluchzen, nur wenige Sekunden lang.
»Ich… ich ziehe mich jetzt an!« stammelte er. Ich kümmerte mich nicht um ihn und blickte den Mörder an. Er war leichenblaß. »Jerry Cotton!« stieß er atemlos hervor.
»Ich verstehe nicht, warum Sie so überrascht sind!« sagte ich. »Ein Mann Ihres Berufes muß doch mit einem solchen Ende rechnen!«
Jenkins schluckte. Er schüttelte den Kopf und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber dann überlegte er es sich anders und schwieg. Ich sah, wie er nach der Pistole schielte, die zu seinen Füßen lag. Es war klar, daß er daran dachte, sie mit der Linken zu benutzen.
»Keine Mätzchen!« sagte ich scharf und ging auf ihn zu. »Drehen Sie sich um, los!«
Er gehorchte. Ich kickte die Pistole mit dem Fuß zur Seite und hob sie dann auf, ohne den Killer aus den Augen zu lassen. Legrelle hatte sich hinter einen Wandschirm verzogen. Er keuchte laut, während er sich ankleidete.
Ich ging zum Telefon. »Sagen Sie den Polizisten, daß sie heraufkommen können!« informierte ich den Portier.
Die Augen des Killers wurden groß und rund. »Sie haben mich erwartet?«
»Selbstverständlich«, nickte ich. »Ich wußte, daß Sie herkommen würden. Ich bestellte mir ein paar Cops vom nächsten Revier und machte es mir so lange auf dem Balkon bequem, bis Sie aufkreuzten. Die Cops warteten indessen unten in der Halle.«
»Sie spinnen!« stieß Jenkins hervor. »Ich habe keine Cops gesehen.«
»Kein Wunder«, sagte ich. »Ich habe sie gebeten, in Zivil aufzukreuzen. Streng genommen handelt es sich um zwei Revierdetektive. Die Hotellleitung würde es nicht sonderlich schätzen, wenn die Halle mit Cops bevölkert wäre.«
»Ich… ich habe nicht auf Legrelle geschossen!« würgte Jenkins hervor. Ihm dämmerte, daß er etwas zu seiner Verteidigung unternehmen mußte. »Ich wollte ihn nur erschrecken. Sie können mir nicht vorwerfen, daß es meine Absicht gewesen sei, ihn zu töten!«
Ich winkte geringschätzig ab. »Sie wissen, daß es für Sie um ganz andere Dinge geht. Um die Ermordung von Virginia Vermont zum Beispiel!«
»Dieses Verbrechen lasse ich mir von Ihnen nicht anhängen!«
Ich schüttelte tadelnd den Kopf. »Gestern waren Sie besser. Überzeugender. Sie spielten Ihre Rolle als Hoteldetektiv leidlich glaubhaft. Dummerweise gaben Sie sich mit Ihrem späteren Verhalten als Mörder von Virginia Vermont zu erkennen.«
»Das ist nicht wahr!« sagte er heftig. »Ein Unbekannter hatte mir fünfhundert Dollar geboten, wenn ich ihm die Mundharmonika aus dem Zimmer hole. Er machte keinen Hehl daraus, daß er im Affekt ein Verbrechen begangen hatte und die Mundharmonika brauchte. Naja… da wurde ich eben weich!«
»Der große Unbekannte!« höhnte ich. »Fällt Ihnen nichts Besseres ein?«
»Ich kann nur die Wahrheit sagen!« sagte er wütend. Er ließ die linke Hand fallen und umklammerte damit sein verletztes Gelenk.
»Wie steht es mit Ihrem Alibi für fünfzehn Uhr?« fragte ich ihn. »Und wo waren Sie, als einem gewissen Mac Neal das Pech widerfuhr, niedergeschossen zu werden?«
»Ich kenne keinen McNeal!« schnappte er.
»Sagen Sie mir, wo ich Phil Decker finde!« stieß ich barsch hervor.
Er zuckte die Schultern. »Den Namen höre ich zum ersten Mal«, erklärte er.
Es klopfte. »Herein!« rief ich.
Die beiden Polizisten betraten den Raum. Es waren große breitschultrige Burschen mit ernsten Gesichtern. Eine Kopfbewegung genügte, um sie in Aktion treten zu lassen. Einer der Männer fesselte Jenkins mit einer Handschelle an seinen Arm.
»Durchsuchen Sie ihn!« bat ich den zweiten Mann.
»Eine Mundharmonika!« meinte er und stieß einen leisen Pfiff aus.
»Weiter!« drängte ich, wenig überrascht. »Hat er etwas Schriftliches bei sich?«
»Ein Paket mit Banknoten… und diesen Zettel hier!«
Ich nahm ihn entgegen. »Phil Decker!« las ich vor. »Und Sie behaupten…« Ich unterbrach mich. Es hatte keinen Sinn, Ratten vom Schlage eines Jenkins Vorhaltungen zu machen. Sie waren nutzlos. Es genügte zu wissen, daß er praktisch am Ende seines Weges angelangt war.
Ich wußte jetzt, wo ich Phil finden konnte, aber ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wie ich ihn antreffen würde. Die Rangfolge auf dem Zettel war allerdings beruhigend. Legrelles Name stand oben.
»Hier ist seine Brieftasche!« sagte einer der Detektive. Er schlug sie auf und las den Namen des Killers vor.
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