Jerry Cotton - 0516 - Der Satan nimmt kein Trinkgeld an
Kinnspitze.
Williams streckte langsam die Beine, ließ sich fallen und seufzte tief. Ich hatte ihn ausgeknockt.
***
Ich hatte Orvieto von einer Telefonzelle aus angerufen. Verabredungsgemäß holte er mich ab und brachte mich zum Hauptquartier Pattersons. Der erwartete mich schon ziemlich ungeduldig. »Nun?« fragte er.
Ich tat ziemlich gleichmütig. »Was heißt nun?«
»Hast du Williams beseitigen können?«
»Natürlich«, meinte ich knapp. »Ich hatte das schon vorher gesagt!«
Patterson musterte meinen Anzug. Er wies Spuren des Kampfes mit dem Rauschgiftverteiler auf. »War wohl ein harter Brocken, was?«
»Er versuchte sich zu wehren.«
Patterson grinste. »Gute Leistung, Cotton. Williams war nämlich früher Berufskiller. Man muß schon etwas auf dem Kasten haben, um einen Mann wie ihn aufs Kreuz zu legen.«
»Zu liebenswürdig«, sagte ich spöttisch. »Was hältst du davon, wenn du mir demnächst vorher verrätst, gegen welche Leute ich antrete. Man kann sich nämlich dann darauf einstellen, und das verringert das Risiko.«
»Williams war eine Feuerprobe für dich«, erklärte mir der Boß der Rauschgiftsüchtigen rundweg. »Sozusagen eine Vorbereitung auf deine künftigen Aufgaben. Du hast bei mir alle Chancen. Kannst sogar mein Stellvertreter werden, wenn du dich weiter bewährst.«
Am liebsten hätte ich Patterson eine geknallt. Leute, die andere Menschen nur nach der Präzision ihrer Verbrechen beurteilen, kann ich leiden wie einen Skorpion, der sich zufällig in mein Bett verirrt hat.
»Was soll das Ganze eigentlich«, knurrte ich mißgelaunt. »Willst du mir nicht endlich sagen, in welche Richtung wir marschieren?«
»Gleich«, sagte Patterson. »Erst muß Orvieto mit seinem Bericht da sein. Der ist sehr wichtig für dich!«
Ich verstand nicht genau, was er meinte, aber er war nicht zu einer vorzeitigen Antwort zu bewegen.
Nach einer Viertelstunde war Lucky Orvieto zurück. Der Lederhäutige grinste. »Alles okay, Boß«, sagte er. »In Williams’ Wohnung wimmelt es von Polizisten.«
Patterson lächelte tückisch. »Weißt du, Cotton, G-men sind mit Vorsicht zu genießen. Es konnte ja sein, daß du ein doppeltes Spiel treibst. Ich habe schon längst bemerkt, daß du die Heroinspritzen in die Blumenvase schüttest. Es konnte ja sein, daß etwas faul mit dir ist.«
»Und jetzt?« fragte ich gespannt.
»Jetzt kannst du mich nicht mehr hereinlegen. Jetzt hast du einen Mord begangen, und der bringt dich auf den Grill, wenn du auf die Idee kommst, mich zu verpfeifen!«
»Nettes Betriebsklima hier«, stellte ich sarkastisch fest.
Patterson zog einen Zettel aus der Tasche und reichte ihn mir. Die Namen dreier Männer und einer Frau standen darauf. Selbstverständlich mit vollständiger Adresse.
»Das sind die wichtigsten Verteiler des Satans. Wenn du sie erledigst, können wir ihn zur Verhandlung zwingen!«
***
Der Satan blickte zur Uhr. Er hatte an diesem Tag noch sehr viel vor. Und er war überzeugt, daß er es schaffen würde. Schließlich war alles bislang so gelaufen, wie Daniel Boyer es sich vorgestellt hatte.
Plötzlich schrillte das Telefon. Der Satan angelte sich den Hörer. »Hallo, Satan«, sagte am anderen Ende der Leitung eine Stimme, die dem Gangsterführer bekannt vorkam. »Verständige dich mit deinen Hauptverteilern. Schätze, sie können dir einige Neuigkeiten erzählen!«
Noch ehe der Gangsterführer antworten konnte, knackte es in der Leitung. Der Teilnehmer hatte aufgelegt.
Der Satan starrte eine Weile wie hypnotisiert auf das Telefon. Dann ergriff ihn Unruhe. Er nahm den Hörer ab und wählte eine Nummer. Es war die von Williams. Zweimal hörte der Satan das Amtszeichen, dann wurde am anderen Ende der Leitung der Hörer abgenommen.
»Harry Easton, Leiter der Mordkommission Manhattan East«, tönte es aus der Leitung.
Das Gesicht des Satans färbte sich dunkelrot. Ohne einen Ton zu sagen, legte er wieder auf.
Sofort wählte er eine zweite Nummer. Wieder tutete es zweimal. Dann hörte der Satan eine ungeheuer laute Stimme: »Captain Hywood, City Police«, dröhnte es ihm entgegen.
Der Satan legte schnell wieder auf. Er versuchte es noch dreimal unter verschiedenen Nummern. Jedesmal hob ein Angehöriger der Stadtpolizei am anderen Ende der Leitung den Hörer auf.
Eine ganze Weile saß der Satan ruhig m seinem Sessel und brütete vor sich hin. Rote Flecken zeichneten sich auf seinen Wangen ab.
Dann schrillte das Telefon erneut bei ihm. Der Satan ergriff den
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