Jerry Cotton - 0516 - Der Satan nimmt kein Trinkgeld an
Hörer. »Ja, hier Daniel Boyer«, meldete er sich. Seine Stimme klang rauh und belegt.
»Hallo, Satan«, klang es ihm entgegen. »Wie fühlst du dich auf der Spitze deines Erfolges?«
Boyer zerquetschte einen Fluch zwischen den Lippen. Sein Gesprächspartner lachte hämisch und zufrieden. »Satan«, sagte er leise. »Ich wette, daß du es so nicht weitergehen lassen möchtest!«
»Kann schon sein«, brummte der Gangsterboß. »Patterson, ich werde dir auf dem schnellsten Wege das Genick brechen. Dann ändert sich vieles. Du hast meine Verteiler beseitigt. Du…«
»Keine Beleidigungen«, wehrte die Stimme am anderen Ende der Leitung ab. »Das klingt so unfein. Solche Sachen erledigt mein Starkiller. Damit habe ich nichts zu schaffen.«
»Du hast einen Killer? Wer hat dir denn das Geld geliehen, um einen derartigen Fachmann zu beschäftigen?« höhnte der Satan.
Sein Gesprächspartner lachte erneut. »Ich habe wirklich einen«, sagte er mit zufriedenem Unterton. »Und zwar den besten, den ich auftreiben konnte. Er heißt Jerry Cotton!«
»Nein«, keuchte der Satan. Schließlich hatte er in den Zeitungen schon einiges über mich gelesen.
Am liebsten hätte der Satan den Hörer auf die Gabel geknallt, aber irgend etwas hielt ihn davon zurück.
»Was willst du eigentlich von mir? Weswegen rufst du an?« fragte er nach einer ganzen Weile. Er bemühte sich sichtlich, seine Stimme gleichmütig klingen zu lassen. Es gelang ihm aber nur höchst unvollkommen.
»Kannst du dir das nicht denken?« kam es als Antwort. »Rauschgift natürlich.«
»Wieviel?«
»Ein Kilo!« kam es ebenso knapp zurück.
»Du bist verrückt!« schrie der Satan in den Hörer. »Ein Kilo Heroin, das ist ja ein Vermögen!«
»Wer sagt, daß ich kein Vermögen haben will? Wenn es dir noch nicht paßt, brauchst du es nur zu sagen. Dann lege ich auf, und du gehst in den nächsten Blumenladen, der sich auf Kränze spezialisiert hat. Das lohnt sich nämlich, weil ich deine Gang weiter dezimieren werde.«
»Das ist Erpressung«, heulte der Satan auf.
»In unseren Kreisen dürfte wohl eine Erpressung kaum nennenswert sein«, kam es kühl zurück. »Warum regst du dich so auf? Ein Kilo Heroin herausrücken ist immer noch besser, als sechs Fuß unter der Erde zu liegen. Ich kann dir ja auch Cotton ins Haus schicken!«
»Wann willst du den Stoff haben?« fragte der Satan. Er brauchte seine ganze Kraft, um die Beherrschung nicht zu verlieren. In all den letzten Monaten hatte er diesen Tag schon immer geahnt. Er hatte sich vorgestellt, wie er handeln würde, wenn es einmal soweit wäre. Aber jetzt sah alles noch viel schlimmer aus, als er es in seinen schlimmsten Träumen befürchtet hatte.
»Heute noch!«
»Wo?«
»In meinen Haus!«
»Wann?«
»Um Mitternacht!«
»Okay«, sagte der Satan nur und legte auf. Dann meldete er ein anonymes Gespräch zum FBI an.
***
Die New Yorker Presse hatte die tollsten Schlagzeilen gedruckt. In weiten Kreisen der Bevölkerung brodelte das Mißtrauen gegen das FBI. Ein G-man stand unter Mordanklage!
Der Attorney hatte den ganzen Tag und noch die Nacht über geschuftet. Lionel Humphrey, High Commissioner für New York, hatte die Ermittlungen gegen Steve Dillaggio selbst geleitet. Der Hafttermin hatte erbracht, daß gegen Steve Anklage erhoben werden mußte. Eine Freilassung gegen Kaution war in diesem Fall nicht möglich. Alle anderen, eher angesetzten Fälle wurden vertagt.
Dann kam auch schon die Hauptverhandlung. Die Pressebänke waren überfüllt. Fernsehtribünen waren eigens aufgebaut worden. Unter den Zuschauern wurde immer wieder Unruhe bemerkbar. Die Zuhörer waren beim Betreten des Gerichtsgebäudes peinlich genau auf Waffen durchsucht worden.
Lionel Humphrey hatte zusätzlich Stadthausdetektive und seine besten Scharfschützen unter die Zuschauer geschleust, um bösen Zwischenfällen vorzubeugen.
Steve Dillaggio saß blaß, aber gefaßt auf der Anklagebank. Manchmal schüttelte er den Kopf.
Seine Antworten gab er bestimmt und ohne zu zögern. Die Beweisaufnahme war abgeschlossen. Richter Hycox erteilte noch einmal Steve das Wort, der zum Schluß der Verhandlung selbst seinem Pflichtverteidiger das Reden verboten hatte.
»Angeklagter Dillaggio, bekennen Sie sich im Sinne der Anklage für schuldig?«
»Ich bin unschuldig, Euer Ehren. So unschuldig wie jeder hier von Ihnen«, sagt? Steve frei.
»Angeklagter«, die Stimme des Richters wurde ungeduldiger. »Wir wissen, daß Sie jahrelang den
Weitere Kostenlose Bücher