Jerry Cotton - 0519 - Als Praemie einen Todesjob

Hintergrund des düsteren Ladens bemerkte er ein Telefon. Und der Hintergrund des Ladens war so dunkel, daß man dort die Leiche des alten Mannes nicht auf den ersten Blick bemerken würde. Cunard mußte schließlich damit rechnen,' daß noch ein Kunde in den Laden kommen konnte, bevor er selbst in Sicherheit war.
    Leemiller legte die verlangte Zigarettenpackung auf die Theke. »Haben Sie es klein?« fragte er. »Ich bin etwas knapp mit Wechselgeld.«
    Das Nilpferd nickte. Dann zählte er den Kaufbetrag in kleinen Münzen auf den Zahlteller.
    »Sehr freundlich, Mister!« freute sich der alte Zigarettenhändler.
    »Sie können sich revanchieren«, gab der Mörder bekannt. »Haben Sie hier ein Telefon?«
    »Aber ja, natürlich — bitte sehr!« Eilig trippelte der kleine alte Mann in den dunklen Hintergrund des Ladens.
    Cunards Gesicht verzog sich zu einer höhnischen Fratze. Schnell ging er hinter seinem Opfer her. Er machte sich nicht einmal die Mühe, die schallgedämpfte Pistole aus der Tasche zu nehmen.
    Ein Würgegriff genügt, dachte Cunard.
    Der alte Mann befand sich eine Armlänge vor ihm.
    Lautlos hob der Killer seine Hände.
    Scheppernd flog die Ladentür auf.
    Cunard fuhr herum.
    Ein breiter Mann in einem Arbeitsanzug stürmte in den Laden. »Hallo, Winn!« brüllte er mit einer saalfüllenden Stimme.
    Cunard reagierte blitzschnell.
    »Thanks, Mister«, sagte er mit freundlicher Stimme. »Jetzt sehe ich den Apparat!«
    »Bedienen Sie sich«, antwortete Cunards Opfer, »leider habe ich hier hinten kein Licht.«
    »Ich finde mich schon zurecht«, sagte Cunard freundlich. Er wollte, daß Leemiller den neuen Kunden schnell bediente, um dann wieder mit seinem Opfer allein zu sein. Der Kunde hingegen sollte ihn nach Möglichkeit nicht erkennen.
    Das Nilpferd atmete lautlos auf, als der Zigarettenhändler zurück zur Theke ging.
    »Schnell«, hörte er den breitschultrigen Kunden mit der dröhnenden Stimme sagen, »ich muß wieder ’raus. Heute bin ich allein auf meinem Wagen, und die Ladung ist verdammt teuer! Eine Packung Pall Mall und eine Packung Chewing-Gum.«
    Der hat keine Zeit, mich zu betrachten, dachte der Mörder Cunard erleichtert. Er hatte wenig Lust, diesen Mord zu verschieben. Je schneller er die Mordserie, für die er bezahlt wurde, hinter sich brachte, um so schneller konnte er New York wieder verlassen. Und um so schneller war er in Sicherheit.
    Mit einem Ohr hörte er auf die kurze Unterhaltung zwischen dem Zigarettenhandler und dem Kunden.
    Am anderen Ohr hielt er den Hörer.
    Eintönig klang ihm das Freizeichen entgegen. Er steckte seinen Zeigefinger in die Wählscheibe und ruckte die Scheibe ein wenig an. Der erste Kontakt schloß sich. Die Leitung wurde stumm.
    »See you later!« verabschiedete sich der eilige Kunde.
    Jetzt, dachte Cunard.
    »Hallo, Mister!« rief er laut in den Laden.
    Doch Leemiller antwortete nicht. Vermutlich dachte er, der Fremde würde mit einem anderen Telefonteilnehmer sprechen.
    »Hallo, Mister!« machte sich Cunard noch einmal bemerkbar.
    Jetzt wurde der Tabakwarenhändler aufmerksam. »Meinen Sie mich?« fragte er unsicher.
    »Ja, verdammt«, sagte Cunard ungeduldig. »Ihr Telefon scheint nicht zu funktionieren. Die Leitung ist stumm!«
    »Die Leitung ist stumm?« wiederholte der alte Mann fragend und erstaunt. »Warten Sie, ich sehe mal nach!«
    Er brummelte etwas vor sich hin, während er eilig in die dunkelste Ecke seines Ladens schlurfte.
    Es war so dunkel, daß er weder den lauernden Blick noch die zum Würgegriff bereitgehaltene Hand des nilpferdähnlichen Mannes sehen konnte.
    ***
    Für den winzigen Bruchteil einer Sekunde stand Phil als lodernde Fackel ein paar Schritt von mir entfernt.
    Ich riß mir meinen Mantel vom Körper, um damit die Flammen, die an meinem Freund hochzüngelten, zu ersticken. Aber Phil war schneller. Mit einem gewaltigen Sprung warf er sich vorwärts.
    Das Wasser des Hudson spritzte hoch auf. Phil tauchte unter. Nur für eine halbe Sekunde vielleicht, dann erschien er wieder. Prustend und schnatternd.
    Das Feuer war aus.
    Ich eilte Phil entgegen und half ihm, wieder an Land zu kommen.
    Er wischte sich das Wasser aus dem Gesicht und schüttelte sich. Seine Haare waren angesengt, und sein Nylonhemd hing in Fetzen herunter. Ohne den eiskalten Hudson in unmittelbarer Nähe wäre er verloren gewesen.
    »Komm!« sagte er nur und wies auf den Dicken, den wir in die Wolldecke eingewickelt hatten.
    Mit drei großen Schritten waren wir bei