Jerry Cotton - 0519 - Als Praemie einen Todesjob
drehte sich um und marschierte davon. Nach einigen Schritten blieb er stehen. Er wandte sich noch einmal zu Dimm um und rief empört: »Du stinkiger Penner!«
Joe Dimm lachte nur. Vorsichtig tastete er dabei nach seinem noch immer in der Hosentasche ruhenden Dollar. Dann streckte er sich auf seiner Bank wieder gemütlich aus. Er schloß die Augen und dachte darüber nach, ob er sich mit Hilfe des Dollars ausnahmsweise einmal ein warmes Nachtquartier unter einem Dach sichern sollte.
Der Zerlumpte aber lief aufgebracht durch den schon fast dunklen Riverside Park.
Etwa fünf Minuten waren seit dem Auseinandergehen der beiden Vagabunden vergangen, als der Zerlumpte plötzlich zurückprallte.
Vor ihm wuchs ein riesiger Schatten aus der Dunkelheit.
Er erkannte die Erscheinung erst auf den zweiten Blick. Es war ein Cop zu Pferd.
Zum Überlegen, was er jetzt tun sollte, hatte er keine Zeit mehr. Das grelle Licht einer Stablampe traf ihn.
»Hey, Freund!« dröhnte die Stimme des Policeman.
Sekundenschnell überlegte der Zerlumpte. Er kam zu dem Ergebnis, daß er nichts riskieren würde. Im Gegenteil. Eine warme Zelle in einer Police Station zum Übernachten war durchaus nicht zu verachten.
»Hey, Cop!« antwortete der Zerlumpte.
»Was ist los?« fragte der Berittene.
Aus dem Mund des rachedurstigen Penners sprudelte es heraus. Er beschrieb genau die Stelle, an der er sich von Joe Dimm getrennt hatte. »Dort sitzt er auf einer Bank und will pennen. Er weiß was, Cop, ganz sicher. Nagelneue Schuhe hat er an. Er erzählt, die hätte ein Mann in den Hudson geworfen. Ich habe das Paket gesehen. Es war ein neues Paket. Aus ’m Schuhgeschäft. Geld hat er auch. Noch nie hat Joe Dimm Geld gehabt, noch nie, Officer!'«
»Geld?« fragte der Cop mißtrauisch.
»Ja, Geld!« erwiderte der Zerlumpte wahrheitsgemäß, wobei er wohlweislich die Höhe des Betrages verschwieg.
Der Dienst eines berittenen Polizisten, der im Winter in einem der New Yorker Parks unterwegs ist, kann nicht als abwechslungsreich bezeichnet werden. Deshalb war Jim Halderlin, der Berittene, zufrieden, eine Beschäftigung gefunden zu haben.
»Ist gut«,‘sagte er deshalb. »Hau ab hier und laß dich nicht mehr von mir erwischen, wenn es nicht stimmt, was du mir erzählt hast!«
»Es stimmt, Officer!« versicherte der Zerlumpte.
Er verschwand lautlos in den Büschen und war froh, daß ihn der Cop weggeschickt hatte. Nun würde Joe Dimm nicht einmal erfahren, wer ihm die Polizei auf den Hals geschickt hatte.
»Hallo, Zentrale — bitte kommen!« hörte er den Polizisten in das Sprechfunkgerät sagen.
Der Zerlumpte lachte lautlos.
***
»Mein Gott!« flüsterte Lieutenant Franklin Delroy, Leiter einer Mordkommission bei der Mordabteilung Manhatten West, erschüttert.
Fassungslos starrte er auf die Leichen der vier Italo-Amerikaner. Er hatte die Männer gut gekannt.
»Das ist die Arbeit eines Berufskillers! Ein Racheakt!« bemerkte sein engster Mitarbeiter, Sergeant John Brooglie. Auch er kannte die vier Männer gut. Sie waren es gewesen, die vor einiger Zeit den Mord an einem in diesem Haus wohnenden Mädchen entdeckt und die Polizei verständigt hatten. Delroy war auch damals der Sachbearbeiter gewesen, zusammen mit Brooglie.
»Ja, es ist Rache!« bestätigte der Reporter Ben Edwards die Vermutung des Sergeanten.
»Woher wissen Sie es, Ben?« fragte der Lieutenant.
Ben Edwards berichtete, daß er gerade beim »Herald« gewesen war, als er den Anruf eines Unbekannten bekommen hatte.
»Unbekannter?« fragte Sergeant Brooglie dazwischen.
»Ja«, sagte Edwards, »ich kenne seine Stimme nicht.«
»Woher wußte der Mann, daß Sie beim ,Herald‘ zu erreichen waren? Sie sind doch freier Reporter, oder hat sich das geändert?« forschte Brooglie.
»Nein, es hat sich nicht geändert. Aber der Mann sagte mir, er hätte mich schon eine ganze Weile, auch in meiner Wohnung und bei anderen Redaktionen, telefonisch gesucht. Vermutlich kennt er meinen Namen als Polizeireporter aus der Zeitung.«
»Nehmen wir an, daß es stimmt«, schaltete sich der Lieutenant ein. »Was hat der Unbekannte Ihnen am Telefon gesagt?«
»Er hätte eine interessante Story für mich. Sogar die Schlagzeile würde er mir mitliefern.«
»Welche?«
»Er sagte: ›Reden bringt Dollars und Schweigen Gold!‹«
»Was sollte das heißen?« fragte der Lieutenant.
»Das habe ich ihn auch gefragt. Darauf antwortete er mir, der Rächer sei in New York unterwegs. Wörtlich: ,Jetzt geht
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