Jerry Cotton - 0522 - Das Maedchen mit dem Killerblick
»cash« abgewickelt. Dazu kamen noch die Einnahmen aus dem Laden im Erdgeschoß. Regerty schätzte, daß sich ständig vierzig- bis fünfzigtausend Dollar in den Tresoren herumtrieben. Als Cornell ihm die Anzahlungen für das gemeinsame Geschäft aushändigte, hatte er das Geld aus dem Tresor in seiner Wohnung genommen.
Die Tresore waren altmodisch und ohne besondere Finessen.
Sie wurden mit zwei flachen Schlüsseln geöffnet. Den Schlüssel für den Wohnungstresor trug Cornell immer bei sich; denjenigen für den Safe im Büro erhielt der erste Buchhalter am Morgen ausgehändigt, mußte ihn aber nach Dienstschluß wieder abliefern. Es existierten keine Alarmanlagen.
Für einen Mann wie Cornell waren solche Spielereien überflüssig. Nicht einmal im Traum hätte sich ein Safe-Knacker an die Tresore eines Gang-Bosses gewagt.
Regerty dachte: Ich werde mich ’ranwagen. Ich halte ihm die Kanone vor den Bauch und sage: Schließ auf, mein Junge. Damals, als ich den Code aus der Botschaft holte, war’s genauso. Der Befehl und die Kanone genügten: Schließ auf und gib her!
Er kannte Cornells Gewohnheiten, und diese Gewohnheiten kamen seinen Absichten entgegen. Cornell pflegte jeden Abend einmal durch seinen gesamten Laden zu latschen, angefangen von den Büros über das Verkaufgeschäft bis zu den Lagerhäusern und den Räucherkammern. Irgendwo auf diesem Wege konnte Regerty ihn stellen. Vielleicht wurde Cornell von Rathgill begleitet. Nun, das bedeutete kein ernsthaftes Problem. Die Meurier funktionierte fast lautlos.
Walt Regerty schob die einhundertneunzig Dollar zusammen. Er überlegte, welches Ende das Unternehmen haben sollte, falls er es bis zum Ende durchführen konnte. Ein kleines böses Lächeln krümmte seine Lippen, als er sich vorstellte, wie Mad Cornell vor dem offenen Tresor beide Hände gegen den Leib preßte, bevor er nach vorne zusammenbrach.
***
Cornell hielt den Diamanten gegen das Licht. Dann schloß er die Faust um den Stein, fuhr herum und schrie Rathgill an: »Klar, daß dieser Stein aus Regertys Beute stammt; nicht anders wie der Stein, den Diaper besaß. Glaubst du, Diamanten fände man zu Dutzenden in New Yorks Gossen?«
Rathgill biß sich auf die Lippen. »Wie sollen Regerty und dieser Halbstarke zusammengekommen sein?«
»Keine Ahnung! Auf jeden Fall kamen sie zusammen. Willst du einen deutlicheren Beweis!« Er schüttelte die geballte Faust mit dem Diamanten. »Und ihr Idioten knallt den Burschen ab, bevor ihr ihn zum Reden gebracht habt.«
Mike Orchard öffnete den Mund zum Protest. Cornell ließ ihn nicht zu Worte kommen. »Verschwinde! Don, du und dein Schnellschütze von Bruder, ihr werdet euch vorläufig in dem Zimmer hinter der Räucherkammer auf halten! Die G-men stochern in unseren Angelegenheiten herum, und ich will nicht, daß sie mit euch reden.«
»Geht in Ordnung, Boß«, knurrte der ältere Orchard. Er faßte seinen widerstrebenden Bruder am Arm. »Los, komm schon, Mike!«
Cornell schloß den Tresor neben dem Bücherschrank auf und legte den Diamanten in das Samtkästchen zu dem Stein aus Diapers Besitz. Wütend drückte er die Stahltür ins Schloß.
»Ganze zwei von rund hundert Kieseln habe ich.«
»Es deckt die Unkosten!« witzelte Rathgill.
Cornell schob den Kopf vor und ging auf ihn zu, und obwohl sein Chef einen halben Kopf kleiner war, wich Rathgill zurück und löschte das Grinsen in seinem Gesicht aus.
»Und du Anfänger duldest, daß dieser Halbirre Mike unsere letzte Fährte nach den restlichen achtundneunzig Steinen mit einer Kugel verschüttet.«
»Vielleicht gibt es noch eine Möglichkeit, Mad«, sagte Rathgill hastig. »Der Halbstarke hielt uns offenbar zuerst für Schnüffler. Als ich sagte, sein Partner hätte ihn verpfiffen, und damit Sombrowsky meinte, nannte er einen Namen, allerdings nur einen Vornamen: Jesse.«
Mit einem Schlage gewann Cornell seine übliche kühl-überlegene Art zurück. »Können wir herausfinden, wer dieser Jesse ist?«
»Vielleicht weiß Sombrowsky etwas. Der Trödler hat sich angestrengt, alles über Brant zu erfahren.«
»Nimm dir den Mann vor, Roeco! Geh allein und ruf mich an, sobald du etwas weißt.«
***
Jesse Giosa erfuhr erst am Mittag des nächsten Tages, daß Ray Brant erschossen war. Er kam aus einem Lehrgang nach Hause, zu dessen Besuch ihn sein Vater zwang und den er bisher mit wenig Erfolg absolviert hatte. Wie gewöhnlich traf er weder seinen Vater noch seine Mutter an,'sondern nur Kate und zwei
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