Jerry Cotton - 0523 - Ich war das As der Unterwelt
wollten wir zum Haus gehen und dort läuten. Wenn Paladino öffnete, wollten wir ihn schnappen. Wenn nicht, hatten wir wenigstens schon einmal das Haus erreicht. Dann würde Lawlor ihn über Lautsprecher auffordern, sich zu ergeben. Und wenn er sich dann zur Wehr setzte, konnten wir unser Tränengas anwenden.
Aber es kam eine winzige Kleinigkeit dazwischen. Wieder einmal erwies sich, daß ein noch so raffiniert ausgeklügelter Plan nichts nützt, wenn das Glück nicht mitspielt. Gegen den Zufall sind auch wir machtlos.
Wir waren noch fünfzig Meter vom Haus entfernt, als ich mich plötzlich aufrichtete.
»Verdammt, was ist das?« fragte ich.
Auf der Straße kam uns ein kleiner Junge entgegen, ungefähr neun oder zehn Jahre alt. Er hatte einen Fußball bei sich, den er vor sich herkickte.
»Was, zum Teufel, ist da los?« fragte ich. »Ich hatte doch Anweisung gegeben, das ganze Stadtviertel zu räumen.«
»Er wird am Fluß gespielt haben«, sagte Phil. »Da hat ihn keiner gesehen.«
Wir hielten an und sahen besorgt auf das Bild. Der Junge kickte den Ball immer wieder gegen den Zaun und fing ihn anschließend auf. Er hatte rotes Haar und ein sommersprossiges Gesicht.
Jetzt hatte er die Einfahrt des Hauses erreicht. Er blieb stehen und sah sich um. Ringsum war alles menschenleer. Die ungewohnte Einsamkeit und das offensichtlich verlassene Haus vor ihm mit den geschlossenen Fensterläden bildeten einen mächtigen Anreiz. Er ließ den Ball fallen und knallte ihn dann mit einem Tritt gegen das Haus. Es schepperte, als der Ball gegen eine Jalousie donnerte.
»Großer Gott«, sagte Phil gepreßt.
Der Ball hüpfte zurück. Der Junge sah sich rasch um, und dann wiederholte sich das Spiel. Aber diesmal verfing sich der Ball in einem Baum, fiel herunter und blieb vor der Haustür liegen.
Wir hielten den Atem an, als er dorthin lief, um sich den Ball zurückzuholen. Jetzt hatte er die Stelle erreicht, bückte sich…
In diesem Augenblick wurde die Haustür aufgerissen, und Paladino erschien.
Der Junge erschrak, ließ den Ball fallen und lief davon. Mit langen Sätze rannte Paladino hinterher. Er trug eine Pistole in der Hand. Es war klar, was passiert war. Trotz unserer Bemühungen, unbemerkt zu bleiben, hatte der Gangster gemerkt, was los war, und wollte sich den Jungen als Geisel schnappen.
Phil gab Gas. Der Motor heulte auf, und der Wagen machte einen Satz vorwärts.
In diesem Augenblick erschien Lawlor. Er hatte den Vorfall von der anderen Straßenseite beobachtet und rannte jetzt quer über die Straße.
Ich riß die Tür auf und schwang mich auf das Trittbrett.
»Zurück, Lawlor«, schrie ich.
Der Lieutenant hörte nicht. Jetzt hatte Paladino den Jungen erreicht, packte ihn und hob die Waffe in Richtung auf den heranstürmenden Lawlor.
Phil riß das Steuer herum und trat scharf auf die Bremse. Der Wagen schlingerte und knallte gegen den Pfosten der Einfahrt.
Paladinos Waffe bellte auf. Rote Flammen zuckten aus der Mündung. Lawlor fuhr zusammen und taumelte.
Aber er schleppte sich weiter.
Paladino hatte den Jungen gepackt und umklammerte ihn mit dem linken Arm. Mit der Rechten zielte er auf Lawlor und jagte Schuß um Schuß heraus. Ich sah, wie der Lieutenant getroffen wurde, und ich konnte nicht schießen, ohne den Jungen zu treffen. Verzweifelt rannte ich los. Lawlor hatte jetzt Paladino erreicht. Der Gangster wich zurück.
Der Lieutenant taumelte und ging in die Knie. Er stützte sich auf dem Boden auf, aber dann verlor er die Kraft und brach zusammen.
Ich rannte wild vorwärts. Jetzt wurde Paladino auf mich aufmerksam, fuhr herum und drückte ab. Seine Waffe klickte leer. Er hatte das Magazin leergeschossen.
Mit einem Fluch ließ er den Jungen los und lief zum Haus zurück.
Hinter mir hängte sich Phil zum Fahrerhaus hinaus und feuerte. Das Donnern seiner Smith and Wesson klang mir in den Ohren.
Ich erreichte den Jungen, packte ihn und riß ihn davon.
Inzwischen hatte Paladino das Haus erreicht. Die Tür knallte hinter ihm zu.
Und dann brach ringsum die Hölle los.
***
Während die Cops versuchten, das Haus zu stürmen, brachte ich den Jungen in Sicherheit. Dann lief ich zurück und half Phil, den Lieutenant ins gegenüberliegende Haus zu tragen. Der Arzt war schon da und kümmerte sich sofort um ihn.
Heftiges Geknatter zeigte, daß draußen eine wilde Auseinandersetzung im Gange war. Ich lief auf die Straße zurück und ging hinter dem Pfosten der Einfahrt in Deckung.
Ein Sergeant robbte
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