Jerry Cotton - 0523 - Ich war das As der Unterwelt
ertönte ein scharfes Summen. Paladino fuhr zusammen, blickte unwillig in die Ecke, wo ein Lautsprecher installiert war.
»Mr. Paladino«, quäkte Ariba-Joes Stimme blechern durch den Raum. »Da draußen steht ein Wagen, der uns verdächtig vorkommt. Vielleicht sehen Sie ihn sich einmal selber an.«
Paladino wandte sich um, warf einen Blick auf die Uhr.
»Dauert nur ein paar Sekunden«, knurrte er. ». Vielleicht haben Sie es sich bis dahin überlegt.«
Er richtete sich auf und ging hinaus. Ich wartete.
Die Minuten vergingen, und Paladino kam nicht wieder.
Noch drei Minuten. Noch zwei. Nur noch eine winzige Spanne trennte mein bloßes Handgelenk von dem sich krümmenden Stachel.
Ich starrte auf die Uhr. Jetzt sprang sie eins weiter. Noch eine Minute. Ich begann im Geist die Sekunden zu zählen. Immer lauter kam mir das Ticken vor. Würde es das letzte sein, was ich im Leben hörte — das grausame Ticken dieser Uhr?
Dann schloß ich die Augen. Aus. Vorbei.
***
Das Wunder kam buchstäblich in letzter Sekunde. Mit einem harten Tritt wurde die Tür hinter mir auf gestoßen. Der Minutenzeiger rückte eins vor und erreichte die volle Sechzig. In diesem Augenblick erfüllte der harte Knall eines Schusses den Raum. Etwas fuhr mir siedendheiß am Handgelenk vorbei.
Ich öffnete die Augen und starrte auf die Tischplatte. Der Skorpion war weg — spurlos verschwunden.
Und Phil trat heran und blies lässig den Rauch von der Mündung seiner Automatic.
»War eine gute Leistung, was?« grinste er.
Ich stieß pfeifend die Luft aus.
»Ich kann gar nicht sagen, wie gut«, stöhnte ich.
***
Und dann wimmelte der Raum von Polizei.
»Wir haben Ariba-Joe geschnappt«, sagte Phil. »Und Al und Slim. Aber Paladino ist uns leider durch die Lappen gegangen. Ich bin überzeugt, daß er nicht weit kommt. Die ganze Gegend ist abgesperrt. Die Großfahndung nach ihm läuft bereits auf vollen Touren.« Ich war gerade von meinen Fesseln befreit worden und nahm den winzigen Miniatursender aus dem Mund.
»Ich bin froh, daß das Ding funktioniert hat«, sagte ich. »Ehrlich gesagt, ich hatte da meine Zweifel.«
»Wir hatten schon geglaubt, den Kontakt verloren zu haben«, sagte Phil. »Und als das Signal kam, sind wir sofort losgestürmt.«
Der Sender war betätigt worden, als ich mit den Zähnen darauf gebissen hatte. Das hatte den vor dem Haus wartenden Cops das Signal zym Eingreifen gegeben.
»Aber warum hat es so lange gedauert«, sagte ich. »Ich hatte den Kontakt vor einer Stunde ausgelöst.«
»Well«, sagte Phil, »du vergißt, daß wir nicht einfach hereinstürmen konnten wie Teddy Roosevelts wilde Garde. Wir mußten immerhin darauf Rücksicht nehmen, daß du dich in den Klauen der Bande befandest. Wir haben uns erst einmal Ariba-Joe und die beiden anderen Killer geschnappt. Das ging verhältnismäßig leicht. Die drei saßen oben in der Halle. Aber dann hätte es beinahe noch Ärger mit dem chinesischen Butler gegeben. Ich geriet persönlich an ihn, und ich muß sagen, das ist der gemeinste Karateschläger, den ich je erlebt habe.« Phil rieb sich den geschwollenen Nacken.
»Und weiter?« fragte ich.
»Wir hatten keine Ahnung, wo du stecktest«, sagte Phil. »Also knöpften wir uns die Bande vor. Sie waren nicht sehr aussagewillig.«
»Kein Wunder«, sagte ich.
»Aber ich nahm sie mir einzeln vor«, sagte Phil. »Ich machte ihnen klar, daß es mit Paladino aus sei. Was meinst du, wer gesungen hat?«
»Slim?« sagte ich. »Al? Der Butler?«
»Ariba-Joe«, grinste Phil. »Ja, ich hätte es selbst nicht geglaubt. Der berüchtigte Killer Ariba-Joe hat sich wie ein kleiner Ganove verhalten, der die Polizei anschmust, wenn er merkt, daß er überführt ist.«
»Die Geschworenen werden zu Tränen gerührt sein«, sagte ich.
»Das glaubt er auch«, sagte Phil trocken. »Ariba-Joe sagte uns, daß Paladino mit dir im Keller sei und dort ein Zigeunerfest abzöge. Er brachte uns auf den Trick mit dem Lautsprecher und erbot sich, Paladino herauszulocken.«
»Also war es ein Trick«, sagte ich. »Yeah, wir bezogen auf der Treppe Posten und machten uns darauf gefaßt, den Burschen in Empfang zu nehmen. Aber er hat den Braten gerochen. Ich wartete ein paar Minuten, und dann sah ich selbst unten nach. Die Tür war offen, Paladino war weg, und du warst im Begriff, einen Skorpion zu streicheln. Da habe ich den berühmten Phil Deckerschen Meisterschuß abgegeben.«
»Aber wo steckt Paladino?« fragte ich. »Weiß nicht. Es muß
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