Jerry Cotton - 0527 - Der Killer mit dem Dekollete
stichhaltig. Der Mann, der dieses Verbrechen geplant und in Gang gesetzt hatte, konnte seine Anonymität nicht wahren, wenn er seine Hand auf die Beute legen wollte.
Welche Pläne hatte er für den Augenblick geschmiedet, in dem ich den Inhalt des Tresors an Jerome Larsom übergab?
Die Frage hatte noch Zeit. Mein Problem war jetzt, Jane und mich aus dieser Falle zu lotsen. Und bisher war mir nichts Vernünftiges eingefallen.
Larsom war noch bei dem anderen Thema. »Eine Zeitlang glaubte ich, das FBI habe die ganze Sache organisiert, um mich stolpern zu lassen«, sagte er, »aber als DeFlora und Karch ins Gras bissen, wußte ich, daß dein Verein nicht dahintersteckte. Ihr baut uns keine Fallen, bei denen tatsächlich jemand umgelegt wird.«
Ganz unvermittelt schoß Larsom die Frage ab: »Kannst du mir sagen, was mein unbekannter Auftraggeber wirklich beabsichtigt?«
Wurde Larsom unsicher?
Ich gab mir Mühe, meine Stimme gleichgültig klingen zu lassen, als ich seine Frage beantwortete: »Ist doch klar, dein Auftraggeber will möglichst rasch an möglichst viel Dollars herankommen.«
Larsoms schmaler Mund verzog sich zu einem dünnen Lächeln.
»Du hast ’ne Menge Jungs von meiner Sorte kennengelernt«, sagte er langsam, »und ich halte mich für härter und ausgekochter als die meisten Männer, die auf das Gesetz pfeifen. Würdest du mir ein oder zwei Millionen Dollar in die Hände spielen, wenn du die Hälfte davon als Anteil kassieren wolltest?«
»Ich würde mit Schwierigkeiten bei der Teilung rechnen«, schürte ich Larsoms Mißtrauen. »Vermutlich rechnet auch Mr. Unbekannt damit und hat Vorkehrungen getroffen.«
Das Lächeln aus Larsoms Gesicht war weggewischt. »Welche Vorkehrungen?«
»Frag mich nicht! Ich bin nicht dein Auftraggeber.«
Mit Genugtuung sah ich, daß der Gangster in Nachdenken versank.
»Kann ich gehen?« fragte ich. »Ich werde vielleicht vermißt.«
Larsom rutschte vom Schreibtisch herunter. »Nur noch eine Frage, G-man! Was wirst du mit dieser Diane Harlington machen, wenn sie dich nicht freiwillig an ihren Tresor läßt.«
Ich blickte ihm in die gelben Augen. »Auf keinen Fall werde ich sie töten. Ich habe es nicht gelernt, kaltblütig einen Mord zu begehen. Ich werde das Geld sicherstellen.«
»Mir ist es gleichgültig, wie du es anfängst. Nur vergiß nicht, daß ich nicht so zartbesaitet bin wie du. Wenn du keinen Erfolg hast, muß dein Girl dran glauben!«
Larsom lachte auf eine häßliche und gemeine Art.
»Nehmt Abschied!« sagte er. »Duff, Soc und ich werden uns umdrehen und nicht einmal über die Schulter schielen.«
»Auf solche Sorte Abschied kann ich verzichten«, knurrte ich und winkte Jane zu. »Behalt den Kopf oben!« Sie hob die Hand. »Hals- und Beinbruch, Jerry!«
Der Kleine brachte mich bis vor die Haustür, und erst dort gab Sockol mir den 38er zurück. Ich steckte den Revolver in die Halfter und machte mich auf die Suche nach einem Taxi.
***
Am Vorabend der Eröffnung der großen Auktion trafen sich im kleinen Vorführraum des FBI-Hauptquartiers der Chef, Phil, Stephen Hill, Harold Molloy und ich. Wir waren alle sehr ernst. Mr. High eröffnete die Zusammenkunft mit einem Überblick.
»In den letzten drei Tagen traf Jerry viermal mit Jerome Larsom oder einem seiner Gangster zusammen. Zweimal bekam er die entführte Jane Morteen zu sehen. Jedesmal wurde ihm vorher die Waffe abgenommen, und er wurde sorgfältig durchsucht.«
Mr. High ließ das Licht löschen. Molloy setzte den Filmapparat in Gang. Über die Leinwand flimmerten Aufnahmen, die zum großen Teil mit Teleobjektiven gemacht worden waren. Sie zeigten den Bungalow, die Mauer an der Rückfront, den Stacheldrahtverhau vor der betonierten Rollbahn für Boote, die zu Wasser gelassen werden sollten. Auf einigen Bildern waren hinter dem Stacheldraht die Gestalten der Gangster zu erkennen.
»Der Bungalow wird Tag und Nacht beobachtet. Wir haben Leute in Häusern auf der anderen Seite der Bay sitzen. Eine andere Gruppe löst sich auf dem Dach eines Hochhauses ab, von dem aus die Vorderseite des Bungalows beobachtet werden kann. Phil, Harold und Stephen waren eine Zeitlang auf dem Motorboot im Jachthafen. Aber nie bestand eine Chance zum Angriff, denn immer waren alle drei Gangster zusammen mit Jane Morteen.«
Die nächsten Filmmeter waren aus der Luft geschossen. Sie zeigten einen Wagen, der in eine Toreinfahrt einbog. Gleich darauf sah man den Wagen im Inneren eines Hofes. Ein Mann war
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