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Jerry Cotton - 0530 - Mein grausamster Partner

Jerry Cotton - 0530 - Mein grausamster Partner

Titel: Jerry Cotton - 0530 - Mein grausamster Partner Kostenlos Bücher Online Lesen
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»Entschuldigen Sie, wenn ich so spät noch störe. Aber ich brauche dringend ein Zimmer.«
    »Tut mir leid«, antwortete Fred. »Bei uns ist alles belegt.« Er räusperte sich. »Versuchen Sie es doch in Meadville.«
    »Da komme ich ja her. Aber dort ist kein Zimmer mehr frei. Geht es denn wirklich nicht? Ich brauche ein Quartier. Wir haben ein Baby im Wagen. Und meiner Frau geht es nicht besonders gut.«
    »Hm«, ich merkte, daß Fred schwankend wurde. »Das ist natürlich eine Notlage. Moment, vielleicht kann ich doch was für Sie tun.«
    Fred kam ins Restaurant und zog die Tür hinter sich zu. »Was meinst du, Jerry? Mit Frau und Baby — das ist bestimmt keiner von Nap Kiders Leuten.«
    Und keiner der Agenten, ergänzte ich in Gedanken. Ich nickte. »Laß ihn ’rein! Schließlich kann ich euch nicht das ganze Geschäft verderben.«
    Mit dem Glas in der Hand schleuderte ich zur Tür. Ich wollte nicht versäumen, mir die Leute anzusehen. Sie fuhren einen asphaltgrauen Sting Ray. Das Kennzeichen war texanisch. Der Mann half seiner Frau beim Aussteigen. Sie balancierte eine Tragetasche auf den Armen. Aus ihr drang das dünne Weinen eines Babys. Der Mann und die Frau kamen näher und traten ins Haus. Er schleppte einen Koffer, der aussah, als wiege er mindestens einen Zentner. Aber der Mann ging mit ihm um, als sei es das Abendtäschchen einer Lady.
    Als ich ihn musterte, trafen sich unsere Blicke. Er war groß, etwa in meinem Alter, hatte gewaltige Schultern, ein kantiges Gesicht mit breiter Nase und weißblondes Haar, das zu einer Bürste geschoren war. Er sah mich freundlich an, nickte mir zu und stellte den Koffer neben die Rezeption. Die Frau war ungewöhnlich groß. Sie trug Hosen, die ihr etwas zu weit waren. Der dunkle Pullover wirkte verwaschen und lappig. Das kurze Haar war blauschwarz gefärbt. Es paßte nicht zu dem bleichen kleinen Gesicht, sondern ließ die Frau aussehen wie eine verhunzte Schaufensterpuppe.
    Das Baby plärrte. Ab und zu schob sich ein rosiges Fäustchen aus der Tragetasche, Fred stand hinter der Rezeption und erledigte die Formalitäten. Ich ging ins Restaurant zurück. Irma schenkte mir ein zweites Bier ein.
    »Jerry, weißt du, daß ich dir schon seit Wochen nach New York schreiben will…«
    Fragend sah ich sie an.
    Sie lächelte verlegen. »Ich wollte mich erkundigen, ob du mir helfen kannst, in New York — einen Job zu finden.«
    »Willst du hier weg?«
    »Nur für einige Zeit, um mal Großstadtluft zu schnuppern. Tante Helen, Mabel und Fred werden ohne mich fertig. Hm, was meinst du?«
    »Du kennst New York noch nicht. Du wirst staunen. Ob es dir gefällt, ist eine andere Sache. Von früh bis spät bist du dort gehetzt. Lärm, Abgase, überfüllte Kaufhäuser. Überfüllte Läden, Subway und überfüllte Cafés. Die Restaurants sind teuer. In viele Gegenden kannst du dich allein nicht wagen. Du zahlst hohe Mieten. Im Sommer hältst du es ohne Klimaanlage nicht aus. Wenn du nach Coney Island fährst, um schwimmen zu gehen, mußt du den Strand an Wochenenden mit Hunderttausenden teilen. Der Existenzkampf ist hart, welchen Job du auch hast. Es gibt immer ein Dutzend Mitmenschen, die nur darauf warten, ihn dir wegzuschnappen. Kurzum — New York ist herrlich. Wer eine Weile dort lebt, kommt von der Stadt nicht mehr los.«
    Mabel lachte. Ich sah es gern, wenn sie lachte. Ihr großer blaßroter Mund öffnete sich dann und zeigte zwei Reihen makelloser schneeweißer Zähne.
    »Das klingt nicht sehr ermutigend, Jerry.«
    »Aber es schreckt dich nicht.«
    »Schließlich habe ich ja das FBI zur Seite.«
    »Na klar! Welcher Job interessiert dich?«
    »Ich würde gern im Büro arbeiten.«
    »Das läßt sich bestimmt machen. Wenn wir hier fertig sind und ich meine Kurieraufgabe erledigt habe, fahre ich zurück. Dann sehe ich mich nach einer geeigneten Beschäftigung für dich um.« Wir unterhielten uns noch eine halbe Stunde. Dann mußte ich zum dritten Male ein Gähnen verstecken.
    »Marsch, jetzt ins Bett«, befahl Irma. Tante Helen, Mabel und Fred hatten uns längst Gute Nacht gesagt. Im Haus war es still. Irma knipste im Restaurant das Licht aus. Wir gingen hinauf. Zehn Minuten später lag ich im Bett.
    ***
    Ich war hundemüde. Die Verlockung, einfach die Augen zu schließen, war sehr groß. Aber ich hütete mich. Jetzt einschlafen, konnte bedeuten, daß ich nie wieder aufwachte. Und ich wollte es meinen Verwandten ersparen, mich morgenfrüh mit durchschnittener Kehle aufzufinden.
    Zum

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