Jerry Cotton - 0544 - Atombomben gegen Manhattan
zwei Tagen ankündigten, daß ich mich hier draußen bald langweilen würde. Haben Sie nochmals mit Papa telefoniert?«
Flint nickte. »Genau wie abgesprochen. Er hat das Geld angeblich bereitgelegt. Er will allerdings vor der Auslieferung des Betrages noch einmal mit Ihnen sprechen. Er möchte sich davon überzeugen, daß Sie noch am Leben sind.«
»Was haben Sie ihm geantwortet?«
»Daß sich das einrichten ließe. Sie müssen sich irgendeine Geschichte ausdenken, um ihm klarzumachen, daß ich in letzter Minute kalte Füße bekommen und sie freigelassen habe. Es muß eine hieb- und stichfeste Geschichte sein, denn Sie werden sie ein paar Dutzend Male wiederholen müssen, fürchte ich: vor der Polizei, dem FBI und der Presse. Es ist klar, daß Sie sich dabei kein einziges Mal widersprechen dürfen.«
»Ich werde behaupten, daß ich auf der Hin- und Herfahrt mit verbundenen Augen auf dem Boden eines Wagens gelegen und nicht gewußt habe, wo mich mein Entführer versteckt hielt. Ich werde ein kleines Zimmer beschreiben, dessen Fensterläden ständig geschlossen waren, so daß ich nicht hinausblicken konnte, und ich werde meinen Entführer als einen düsteren brutalen Mann mittleren Alters schildern. Ich hatte schließlich genug Zeit, mir alles genau zurechtzulegen!«
Flint grinste matt. »Ich habe das Schlimmste hinter mir. Sie haben es noch vor sich!«
Linda zuckte die Schultern. »Es war meine Idee. Sie dürfen sicher sein, daß ich meine Rolle richtig spielen werde. Schließlich habe ich die Absicht, Schauspielerin zu werden! Ich kann bei dieser Gelegenheit beweisen, was in mir steckt!«
Flint fuhr in die Stadt. Er hatte die letzten Tage mit einigen Recherchen verbracht, die sich auf die Besitzerin des Dodge bezogen. Er war dabei auf einige hochinteressante Details gestoßen, die er auszuwerten gedachte. Mehr denn je war er davon überzeugt, daß die zehntausend Dollar nur den Beginn einer goldenen Glückssträhne bildeten.
Als er in New York eintraf, dunkelte es bereits. Er fuhr nach Brooklyn und fand nach einigem Suchen in der Somerset Road eine Parklücke. Flint stieg aus und betrat kurz darauf das Haus Nummer 144.
Lydia Craigs Apartment befand sich im fünften Stockwerk. Das Haus war erst kürzlich errichtet worden; es machte einen modernen sauberen Eindruck. Man roch noch die Farbe. Flint betrat den Lift. Als er auf den Etagenknopf drückte, öffnete sich die Fahrstuhltür, und ein zweiter Mann kam herein. Der Mann war ungefähr in Flints Alter. Er war groß und breitschultrig. Sein Anzug war Maßarbeit, und an seinem Finger blitzte ein Solitär. Der Mann hatte eine Sonnenbrille auf. Flint kannte ihn nicht. Der Lift setzte sich in Bewegung. Plötzlich drückte der Mann auf den Ilalteknopf. Der Fahrstuhl kam genau zwischen zwei Etagen zum Stehen.
»He, was soll das bedeuten?« fragte Flint. Er hatte bis jetzt lässig an, einer Wand des Liftes gelehnt und richtete sich nun auf. »Wollen Sie mir bitte erklären, was…«
Er kam nicht weiter. Der Mann mit der Brüle zog mit rascher, routinierter Bewegung eine Pistole aus seiner Schulterhalfter. »Nehmen Sie die Hände hoch, Partner, und drehen Sie sich um… mit dem Gesicht zur Wand. Los, dalli!«
Flint gehorchte. »Daß ausgerechnet mir das passieren muß!« brummte er und spürte, wie ihn die Hände des Fremden abtasteten. »Schnappen Sie sich meinetwegen den Inhalt meiner Brieftasche — aber lassen Sie meine Papiere drin!«
Flint war eher amüsiert als aufgeregt. Er hatte nur dreißig Dollar in bar bei sich. Diesen Betrag konnte er im Augenblick leicht verschmerzen. Der Unbekannte nahm Flint die Brieftasche und die Pistole ab. Er steckte beides ein, nachdem er einen kurzen Blick auf Flints Führerschein geworfen hatte. Dann drückte er auf den B-Knopf, der »Basement« bedeutete und den Lift in die Kellergarage brachte.
»Kann ich die Arme ’runter nehmen?« fragte Flint knurrend. Seine Belustigung hatte sich rasch gelegt. Ihm schmeckte es nicht, daß der Spaß noch kein Ende gefunden hatte, und ihm dämmerte, daß es wohl um etwas mehr als um einen gewöhnlichen Hold-up ging.
»Meinetwegen«, sagte der Mann mit der Sonnenbrille. Er schob die Pistole in seine Jackettasche. Unter dem dünnen Anzugstoff zeichnete sich deutlich ab, daß er die Mündung auf Flint gerichtet hielt.
Flint senkte die Arme und drohte sich um. Der Lift hielt, und die Tür glitt automatisch zurück. »Was, zum Teufel, wollen Sie denn noch von mir?« erkundigte sich
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