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Jerry Cotton - 0550 - Der Unheimliche

Jerry Cotton - 0550 - Der Unheimliche

Titel: Jerry Cotton - 0550 - Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
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unterschätzt.«
    Glenny beobachtete die Szene mit weitaufgerissenen Augen. Ich war mir nicht sicher, ob sie überhaupt wahrnahm, was um sie herum geschah. Sie wirkte wie eine Tote, maskenhaft und starr. So, als ob sie diesem Leben bereits nicht mehr angehörte.
    Der Eurasier hielt noch immer die Schnur in Händen. Seine Augen waren starr auf einen imaginären Punkt in der Ferne gerichtet. Ich hatte den Eindruck, daß er ebenso wie Glenny nicht wahrnahm, was sich in seiner unmittelbaren Nähe abspielte.
    »Lassen Sie die Schnur fallen und heben Sie die Hände hoch!«
    Er bewegte sich nicht.
    Ich trat an ihn heran, bis der Lauf der Pistole seine Brust berührte. Da kehrte er in die Wirklichkeit zurück. Sein Mund verzog sich zu einem gleichbleibenden Lächeln, als ob er sich bei mir für die Behandlung bedanken wollte.
    »Sie haben gewonnen, Mr. Cotton«, sagte er ruhig. »Verfügen Sie über mich.«
    Ich tastete ihn ab. Er trug keinerlei Waffen bei sich, aber auch keinen Paß, nicht einmal einen Führerschein.
    »Wer sind Sie?«
    »Name? Was sind Namen, Mr. Cotton. Man kann sie wechseln. Ich habe keinen Namen.« Er schloß die Augen, und auf einmal merkte ich, wie sich seine Kinnmuskeln spannten.
    Ich sprang ihn an, wollte ihm gewaltsam den Mund öffnen. Doch es war schon zu spät. Ein krampfhaftes Zucken ging durch seinen Körper. Für einen kurzen Augenblick krümmte er sich vor Schmerzen, ehe er tot zu meinen Füßen zusammenbrach. Ich wußte, wie er sich das Leben genommen hatte, noch ehe ich den typischen Bittermandelgeruch wahrnahm. Er erinnerte mich an Tom Roarer.
    Glenny schien nicht zu begreifen, daß sie soeben Zeuge eines Selbstmords geworden war. Völlig apathisch saß sie im Sessel. Ihr war gleich, was mit ihr geschah.
    Ich durchsuchte den Toten, fand aber keinerlei Anhaltspunkte für seine Identität. Er trug überhaupt nichts bei sich, was mir einen Hinweis auf Davis Hamilton geben konnte, nicht einmal ein Taschentuch.
    Im Korridor stand das Telefon. Ich rief schnell unsere Dienststelle an und berichtete kurz, was vorgefallen war. Sie wollten sofort einen Wagen vorbeischicken.
    »Glenny«, sagte ich leise. »Woher kannte der Eurasier die Pension. Haben Sie Ihren Bruder verständigt?«
    Sie nickte stumm.
    »Ihr Bruder wollte Sie ermorden lassen. Wollen Sie ihn immer noch schützen? Er ist uns entkommen. Er war nicht mehr in der Hoyt Avenue. Wollen Sie, daß er noch mehr Unheil anrichtet?«
    Sie schüttelte den Kopf. Trotzdem war ich nicht sicher, ob sie überhaupt begriff, was ich von ihr wollte. Doch sie war die einzige, die mir helfen konnte.
    »Hören Sie«, begann ich wieder, »Ihr Bruder ist fort! Verstehen Sie mich?«
    »Ja, Davis ist fort«, wiederholte sie mechanisch. Und auf einmal redete sie weiter. Sie war wie in Trance. »Davis mußte immer alles zerstören. Als ich…« Sie hielt plötzlich inne und sah mich offen an. Ihre Augen blickten wieder klar und voller Verständnis.
    »Sie suchen meinen Bruder, Mr. Cotton. Davis ist kein Mörder, er hat nur…«
    »Er ist schlimmer als der Eurasier, den er Ihnen geschickt hat, damit er Sie tötet. Ihr Bruder ist eine Bestie!«
    »Nein!« Es war wie ein Aufschrei! Ein Aufschrei, der die Wahrheit vor der klaren Erkenntnis verbergen wollte.
    »Sagen Sie mir, was Sie wissen!« forderte ich eindringlich. »Ihr Bruder ist nicht mehr in der Hoyt Avenue!«
    Sie nickte. »Er ist dort. Sie haben ihn nur nicht gefunden. Es ist sein einziger Schlupfwinkel in New York. Und es ist gleichzeitig sein bester. Gehen Sie zurück, Mr. Cotton!«
    »Sie sagen die Wahrheit?«
    »Ich schwöre es.«
    Schritte kamen über den Korridor. Und dann hörte ich meinen Namen rufen. Es waren meine Kollegen. Ich informierte sie kurz, auch über Glenny Hamilton, und fuhr in die Hoyt Avenue zurück.
    ***
    Auf dem Parkweg standen zwei Wagen. Einer gehörte Steve, der andere war einer unserer Bereitschaftswagen.
    Steve kam mir auf halbem Weg entgegen. »Ich wollte gerade losfahren«, sagte er. »Hast du…«
    »Erzähle ich dir später«, sagte ich.
    »Und wie geht es weiter?«
    »Wir fahren ab.«
    Er blickte mich verständnislos an.
    »Wir fahren ab«, wiederholte ich laut. »Davis Hamilton ist uns entkommen. Wahrscheinlich hat er sich nach Süden abgesetzt.«
    Steve verstand mich nicht mehr, und mein Verhalten war auch merkwürdig. Aber wie sollte ich ihm erklären, daß wahrscheinlich alles, was im Haus und auch außerhalb gesprochen wurde, mitgehört wurde? Ich kannte Hamiltons

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