Jerry Cotton - 0551 - Heisser Draht zum Kidnapper
die Erregung durch.
»Moment noch«, sagte Mr. High und stützte sie ein wenig.
Ich weiß nicht, wie lange der Moment dauerte. Ich weiß nur, daß plötzlich ein Captain vor mir stand.
»Maler?« fragte er unendlich verwundert. »Welcher Maler?«
»Wie heißen denn die Maler?« fragte der Captain weiter. »Ist da ein gewisser Kumble dabei?«
»Wie kommen Sie auf den Namen, Captain? Kumble heißt der Chef des Maler betriebes!«
Schnell, aber umfassend berichtete mir der Revierchef, was sein Corporal mit dem Wagen eines gewissen Worm erlebt hatte.
»Angeblich heute nacht aus seiner Wohnung geholt?« fragte ich noch einmal.
»Ja, angeblich zu einer Sonderaufgabe. Er ist nicht zurückgekommen, sein Wagen steht im Parkverbot!«
Bis jetzt hatte ich auf unsere zahllosen Parkverbote immer genauso geschimpft wie jeder andere Kraftfahrer auch. In diesem Moment erschienen sie mir als eine sehr sinnvolle Einrichtung.
Jetzt ging es um Sekunden.
»Ruhe, bitte!« rief ich in den Saal. Myrna gab schnell noch einmal den ganzen Sachverhalt wieder. Sie fügte noch hinzu, daß sie auf eigene Faust Alarm veranlaßt hatte.
»Gut gemacht«, lobte ich sie, »auf jeden Fall gut gemacht, ganz gleich, ob die Geschichte stimmt oder nicht.«
»Jerry, glauben Sie mir, sie stimmt. Ich habe das im Gefühl! Das sind Gangster. Da treibt niemand einen Scherz.« Und ganz leise sagte sie: »Flittchen hat er zu mir gesagt!«
»Vielleicht haben die Anstreicher während der Arbeit sehr viel Durst gehabt«, dachte Phil laut.
»Wir werden es sofort wissen! Mr. High, entschuldigen Sie mich bitte für ein paar Minuten — ich werde…«
Mitten im Satz hörte ich auf. Natürlich, warum sollte ich in irgendein anderes Büro gehen, um auf meiner Nummer anzurufen? Die Männer hier im Konferenzsaal waren alle Kollegen. Sie konnten es mithören.
Ich bat noch einmal um Ruhe.
»Ihr Apparat ist blockiert«, sagte Myrna leise. »Rufen Sie Phils Nummer!«
Ich wählte die Nummer. Im Saal war es jetzt so leise, daß mir das Summen der Klimaanlage schon fast wie Donnern vorkam.
»Verstärker?« fragte Mr. High.
Ich nickte.
Wie ein Pfeifton kam das Rufzeichen aus dem Lautsprecher. Dann rumpelte es. Jemand hatte den Hörer abgenommen.
»Hallo!« sagte eine etwas heisere Stimme.
»Hier ist Cotton. Sie wollten mich sprechen! Wer sind Sie?«
»Sie sind Cotton?« fragte er noch einmal.
Ich blickte Myrna fragend an. Sie nickte heftig und zeigte mir damit, daß ich den Mann am Apparat hatte, mit dem sie vorher gesprochen hatte.
»Ja, ich bin Cotton. Wer sind Sie?«
Er dachte nicht daran, mir meine Frage zu beantworten. Er war selbst viel zu neugierig. »Wer sind Sie, Cotton? Was machen Sie? Was haben Sie zu sagen?«
»Ich bin Special Agent des FBI. Beantwortet das Ihre Frage?«
»Also G-man. Teck sozusagen, mit allen Vollmachten, wie man hört. Gut. Dann hören Sie verdammt gut zu, G-man Cotton. Ich verlange…«
»Wer sind Sie?« wiederholte ich beharrlich meine Frage.
»Meinetwegen sollen Sie es wissen. Sie finden es ja doch heraus. Ich bin Slim Thomason.«
In einer der hinteren Reihen hob ein weißhaariger Captain die rechte Hand. Ich kannte ihn. Es war ein Revierchef von Staten Island. Auch einer der Detective Lieutenants von Richmond gab heftig Zeichen. Thomason mußte dort bekannt sein.
»… und ich habe durch Zufall den Maler Kumble kennengelernt. Hinter dem kleinen Webster Whitespoon war ich schon verdammt lange her, denn ich weiß, wieviel Geld der alte Whitespoon hat!«
Es traf mich wie ein Tiefschlag, was mir dieser Kidnapper jetzt erzählte. In Sekundenschnelle sah ich ein, daß wir stundenlang einer falschen Spur nachgegangen waren. Es gab keinen Zusammenhang zwischen allen Ereignissen an diesem turbulenten Vormittag. Fithmaron hatte mir nachts mit einem Mord an einem Kind gedroht, aber Fithmaron hatte kein Kind entführt. Er hatte nichts mit der Entführung an der Atlantikküste zu tun.
Ich wußte jetzt auch, daß wir uns nicht nur geirrt, sondern auch einen Fehler gemacht hatten. Die Entführer hatten Whitespoon angekündigt, daß sie eine Million Dollar fordern würden. Oder auch zwei. Wir hatten das ursprünglich nur als Gerede betrachtet, weil uns das Motiv der Entführung klar schien.
Es war aber kein Gerede. Daß sich Thomason später nicht mehr mit Whitespoon in Verbindung gesetzt hatte, daß unser Mann im Hause Whitespoon stundenlang vergeblich auf einen Anruf gewartet hatte, lag an etwas anderem. An den Tücken der
Weitere Kostenlose Bücher