Jerry Cotton - 0552 - Zur Hochzeit eine Leiche
müssen.«
Wir überquerten die Tanzfläche. Phil stieß zu uns. »Der Freund von dem Mädchen mußte einen Kinnhaken einstecken«, berichtete er und lächelte. »Aber jetzt hat er seine fünf Sinne wieder beisammen und wird von ihr gerade himmlisch wegen seiner Tapferkeit belohnt.«
Wir riskierten einen kurzen Blick und lächelten dann ebenfalls, während wir diskret unsere Köpfe wieder abwandten. Bill Holden betrachtete seine Knöchel, die er sich aufgeschlagen hatte.
»Und so was nennt man nun Urlaub«, brummte er. »Wir hätten doch nach Alaska zum Bärenjagen fliegen sollen.«
»Oder nach Florida«, meinte Robert Stevens.
»Möchte wissen, was ihr in Florida gejagt hättet«, sagte Phil. »Doch nur diese langbeinigen sonnengebräunten Lebewesen, die…«
»Okay«, fiel ich ihm ins Wort. »Du brauchst nicht deutlicher zu werden. Wir haben alle mal Biologieunterricht gehabt. Pack lieber mit an.«
Wir suchten den Gorilla aus Tisch- und Stuhltrümmern heraus, Phil und ich packten je einen Arm, die Kollegen aus Kalifornien die Beine, und so trugen wir ihn zur Tür, die kurze Treppe hinan und durch den langen Gang bis vor zur Straße. Als wir dort angekommen waren, mußten wir ihn absetzen, um wieder zu Puste zu kommen. Erst nachdem ich einem Taxifahrer meinen FBI-Ausweis gezeigt hatte, war er bereit, sich den Gorilla einladen zu lassen. Wir fuhren zum nächsten Polizeirevier der Stadtpolizei, das in der Zwölften Straße lag, gegenüber einer Synagoge.
Der Desk Sergeant hob verblüff! den Kopf, als wir unseren immer noch schlafenden Freund in den Wachraum trugen.
»Ist er besoffen?« fragte der Sergeant lapidar.
»No«, erwiderte ich. »Aber bewußtlos. Wie lange wird es dauern, Bill?«
»Mindestens noch fünf Minuten.«
»Dann werden wir warten«, meinte Phil und ließ sich grinsend auf die Armesünder-Holzbank niederfallen, wo sonst die Festgenommenen zu warten haben.
Ich trat unterdessen an das Pult des wachhabenden Sergeants heran und legte ihm den Dienstausweis hin.
»Cotton, Jerry, Special Agent des FBI, New York Distrikt«, sagte ich. »Ich und meine Kollegen dort erstatten Anzeige gegen diesen Mann wegen vorsätzlicher Körperverletzung, tätlichen Angriffs, Hausfriedensbruchs, Beschädigung fremden Eigentums und Beleidigung. Da diese Delikte nicht von Bundesgesetzen geahndet werden, können wir den Burschen leider nicht festnehmen.«
»Waren Sie alle vier Zeugen?« fragte der Sergeant.
»Und ob!« sagte Bill von der Bank her.
»Dann werde ich den Kerl vorläufig festnehmen, sobald er wieder bei Verstand ist.« Der Sergeant betrachtete interessiert den flach auf dem Rücken liegenden Muskelmann, dann beugte er sich zu mir vor und fragte vertraulich: »Unter uns, Sir, wie lange haben Sie gebraucht, bis Sie zusammen dieses Ungetüm geschafft hatten?«
Ich zeigte auf Bill. »Wir waren anderweitig beschäftigt. Das hat der da ganz allein erledigt.«
Bill fuhr sich grinsend durch seine Collegeboy-Frisur. Der Sergeant sah ihn ungläubig an. Schließlich zuckte er mit den Achseln und meinte: »Wir werden Sie als Zeugen brauchen, Sir. Sobald er wieder zu sich kommt, bringen wir ihn vors Schnellgericht.«
***
Bob Layton hielt die Tür zu den Toiletten auf. »Schnell, los!« rief er den beiden keuchenden schwergewichtigen Zwillingen zu, die quer über die Tanzfläche herangespurtet kamen. »Tommy muß uns eine Falle aufgebaut haben. Die vier Kerle — das müssen professionelle Schläger sein, sonst hätten die nicht so standhalten können. Los, beeilt euch!«
Sie liefen einen Korridor entlang. Der Kerl im kaffeebraunen Anzug kam mit etwa acht Yard Abstand als letzter hinter ihnen her. Mitten im Gang stand eine Tür offen, hinter der man den Ausschnitt einer modern feingerichteten Küche erkennen konnte. Gerade als Layton sie erreicht hatte, trat eine junge Frau in einem weißen Kittel heraus in den Flur.
»Tommy, bist du…«
Sie brach erschrocken ab, als sie die vier Männer sah. Layton wäre um ein Haar mit ihr zusammengestoßen, pie Frau hob erschrocken die Hand. Lay ton sah den Diamanten eines typisch amerikanischen Eheringes glitzern. Ein Gedanke schoß ihm durch den Kopf.
»Sie sind Tommys Frau, nicht wahr?« fragte er schnell.
Die Frau nickte verwirrt.
»Los, Sie sollen schnell mitkommen! Vorn sind ein paar Gangster, und die Polizei ist schon unterwegs«, raunte Layton hastig. »Wir sollen Sie in Sicherheit bringen!«
Die Frau hatte langes schwarzes Haar und große rehbraune Augen.
Weitere Kostenlose Bücher