Jerry Cotton - 0552 - Zur Hochzeit eine Leiche
besaß der Stoß genug Kraft, um uns zu dritt vorwärtszuwerfen. Wir krachten in die Barhocker. Der Messerheld fiel halb auf mich, und der Schwergewichtler auf uns beide.
Es war ein Wunder, daß das Messer keinen von uns verletzte. Ich japste nach Luft und packte nun das Handgelenk des Messerhelden. Er ließ das Messer los. Jetzt zog sich der Schwergewichtler am Barhocker hoch und befreite mich damit von seiner erdrückenden Last. Ich riß ein Bein hoch, setzte dem Messerhelden die Schuhsohle gegen den Leib und stieß ihn mit aller Wucht von mir. Mit ausgebreiteten Armen griff ich hoch zu den Barhockern, zog mich auf und stand wieder.
Der Messermann war mit dem Rücken gegen die Brust des Schwergewichtlers geprallt. Sie starrten mich verdattert an, dann stieß der Messerheld plötzlich einen Pfiff aus.
Er pfeift Verstärkung heran, schoß es mir durch den Kopf. Mit dem Fuß gab ich dem Messer einen Stoß, so daß es gegen die Theke rutschte, wo es vor dem Zugriff des Messerhelden erst einmal geschützt war.
Ich hatte mich geirrt. Ein zweiter Pfiff des Burschen brachte sie alle in Bewegung. Sie machten kehrt und spurteten quer über die Tanzfläche auf eine Tür zu, die zu den Toiletten führte. Ich wischte mir die Hände ab und sah ihnen nach. Robert Stevens stand unweit von mir und lachte. »Die hatten sich ihren Spaß mit anderen Gegnern gedacht!« rief er mir zu.
»Scheint so«, brummte ich und suchte Phil.
Er kniete mit dem Mädchen in der zerrissenen Bluse neben einem jungen Mann, der offenbar bewußtlos war, und tätschelte dessen Gesicht. Der Bursche im kaffeebraunen Anzug, der das Mädchen belästigt hatte, hetzte in weiten Sprüngen über die Tanzfläche seinen fliehenden Kumpanen nach.
Also blieben nur Bill und sein Gorilla übrig. Ich sah mich suchend um. Einen Augenblick dachte ich, sie wären verschwunden. Dann tauchten sie hinter einer' der Säulen auf, die die erste Galerie trugen.
Der Gorilla schlang seine mächtigen Arme um Bill und preßte ihn an sich, als wollte er ihn zerquetschen. Bills linker Arm zuckte hoch und nutzte den kleinen Spielraum aus, der ihm geblieben war.
Der Gorilla ließ ihn mit einem Schmerzenslaut los.
Bill blieb mit leicht gespreizten Armen vor ihm stehen. Der Gorilla rieb sich den Hals. Dann packte er mit der Rechten zu und ergriff Bills linken Arm. Wieder gab es eine blitzschnelle Bewegung bei Bill, die man nicht genau erkennen konnte. Dafür war das Resultat zu sehen: Der Gorilla wankte rückwärts, fing sich wieder und warf beide Arme gleichzeitig vor. Ich erschrak, als ich seine Absicht erkannte. Er hatte die Daumen angewinkelt und drückte die Spitzen in Bills Augenwinkel.
»Der drückt ihm die Augen aus!« rief ich erschrocken und fuhr mit der Rechten unters Jackett, um den Dienstrevolver zu ziehen.
»Ruhig, Jerry!« rief Stevens.
Bill hatte einen Moment wie erstarrt gestanden. Dann schien er förmlich zu explodieren. Sein linkes Knie fuhr hoch, er warf sich mit dem Oberkörper nach hinten, beide Arme wirbelten seitwärts — und der Gorilla stieß einen dröhnenden, spitzen widerhallenden Schrei aus. Bill war plötzlich wieder frei, während sein Gegner im Gesicht blau anlief, auf unsicheren Beinen und wie blind herumtorkelte und mit dem Getöse einer stürzenden Eiche über einem Tisch zusammenbrach, Tisch und Stühle krachend unter sich begrabend.
»Karate«, sagte Robert S. Stevens gelassen. »Wer Bill mit den nackten Fäusten schaffen will, müßte sich einen ganzen Zug. Ledernacken mitbringen. Was machen wir jetzt mit dem Muskelgebirge?«
Ich dachte einen Augenblick lang nach. Dann drehte ich mich um. Tommy stand hinter seiner Bar und lächelte etwas gequält. Ich wußte, daß es hinter der Tür zu den Toiletten auch einen zweiten Ausgang gab, wo die anderen Kerle natürlich längst verschwunden waren, so daß es gar keinen Zweck hatte, ihnen nachzulaufen.
»Wir bringen den Gorilla zum nächsten Revier und erstatten Anzeige gegen ihn«, sagte ich. »Haben Sie etwas dagegen, Tommy?«
Er runzelte die Stirn, überlegte irgend etwas und schüttelte schließlich den Kopf. »Kann vielleicht nicht schaden«, brummte er.
Irgendwie war sein Verhalten seltsam. Dafür, daß wir ihm die Krakeeler vom Hals geschafft hatten, sah er nicht gerade glücklich aus. Aber wir konnten ihn nicht zwingen, uns seine Sorgen zu offenbaren, wenn er es nicht wollte.
»Komm, Robert«, sagte ich. »Für den Riesen werden wir unsere Kräfte brauchen, wenn wir den hinaustragen
Weitere Kostenlose Bücher