Jerry Cotton - 0552 - Zur Hochzeit eine Leiche
an den Rockaufschlägen.
»Hören Sie mal«, sagte ich ruhig, aber ernst, »ich habe Sie noch nie gesehen. Wenn Sie hier Krach anfangen wollen, rufen wir die Polizei. Lassen Sie mich los.«
»Geben Sie meinem Freund zwei Dollar fürs Schuheputzen«, grunzte der andere. »Sie haben ihm auf den Fuß getreten, und er mußte die Schuhe putzen lassen.«
»Ich habe ihm nicht auf den Fuß getreten, und außerdem kostet Schuheputzen nicht mehr als einen Vierteldollar. Sagen Sie ihm, er soll die Hand von meinem Jackett nehmen.«
»Zwanzig — hicks — zwanzig Dollar für meine Schuhe«, lallte der Grinsende.
Ich hob die rechte Hand, legte Daumen und Zeigefinger gegen seine Handwurzelknochen und drückte ein bißchen. Er verzog plötzlich das Gesicht und ließ mein Jackett los.
»Danke«, sagte ich trocken und wollte an ihnen vorbei.
In diesem Augenblick schoß rechts von mir etwas auf die Tanzfläche hinaus, überschlug sich zweimal und schlidderte bis zum ersten Tisch auf der anderen Seite des Saales. Als die Gestalt zur Ruhe kam, sah ich, daß es Bill Holden war.
»Uahahahaha!« grölte der Gorilla und walzte Bill nach.
»Fünfzig Dollar für meine Schuhe, du Mistkerl«, grunzte der Schwergewichtler neben mir und packte mich im Genick.
»So schnell klettern ja nicht einmal die Preise«, sagte ich grimmig.
Und jetzt war bei mir allmählich der Punkt erreicht, wo die laut Dienstvorschrift erwartete Bereitschaft, sich aus Krach herauszuhalten, ihre Grenze fand. Ich warf mich auf dem linken Absatz herum und fegte seine Hand aus meinem Genick.
»Das Schwein greift mich an!« grölte der Halunke. Er knallte mir die flache Hand ins Gesicht, daß es mir durch beide Gehörgänge wie von einer Explosion dröhnte. Im selben Augenblick aber bekam ich auch schon einen heftigen Schlag von seinem Kumpan in den Rücken. Undeutlich hörte ich, wie Robert S. Stevens sagte: »Augenblick mal, Dicker!«
Ich hatte keine Zeit, mich umzublicken, denn der Grinsende vor mir holte gerade zu einem Leberhaken aus. Ich sprang im letzten Augenblick zur Seite, riß den rechten Arm hoch und zog ihn mit aller Kraft in einem halbkreisförmigen Schwung herab. Die Kante meines Unterarms traf ihn quer über die Schulter. Von seinem eigenen Schwung und meinem Schlag vorwärtsgetrieben, prallte er gegen den nächsten Barhocker, dessen Ständer am Boden festgeschraubt war.
Ich sah mich schnell um. Robert S. Stevens hatte die Augen leicht verdreht und schüttelte den Kopf, als wolle er so einen Schmerz abschütteln. Der Schwergewichtler vor ihm holte gerade zum nächsten Schlag aus. Mit dem ausgestreckten Bein konnte ich ihn noch erreichen. Ich traf ihn hart am Schienbein, und das ließ ihn seinen Magenschlag gegen Robert vergessen. Weiter konnte ich mich nicht um sie kümmern, denn jetzt hatte sich mein Gegner wieder gefangen, am Hocker herumgedreht und faßte mich wütend ins Auge.
»Aus dir mach’ ich ‘ne Suppe fürs Obdachlosenasyl«, versprach er mir.
»Wenn du genug Pfeffer hast«, sagte ich und merkte, wie sich seine Muskeln spannten, weil er sich von der Theke abstoßen und mich umrennen wollte.
Er kam mit eingezogenem Kopfe herangeschossen wie eine Rakete. Ich tänzelte blitzschnell zur Seite weg, ließ ein Bein in seiner Bewegungsrichtung und schlug ihm die flache Faust in den Nacken, als er über mein Bein stolperte. Er krachte zu Boden wie ein Zweizentnersack.
»Eure Typen sind auch nicht besser als die bei uns«, rief mir Robert Stevens zu Ich gönnte mir einen schnellen Blick zu ihm. Er hatte gerade mit dem linken Unterarm geschickt einen Fausthieb seines Gegners abgeblockt und setzte schnell und sicher einen Haken entgegen. Ich sah, wie der Getroffene den Mund auf riß und in jäher Atemnot nach Luft jappte. Robert würde mit dem Burschen schon fertig werden. Ich wandte mich wieder meinem eigenen Torero zu. Obgleich er schon einmal auf die Nase gefallen war, spielte er erneut den Stier, nachdem er sich aufgerappelt hatte, und kam wieder mit vorgerecktem Kopf auf mich losgeschossen. Offenbar traute er seinem Körpergewicht mehr zu als seiner Wendigkeit.
Ich wollte ihn mit dem gleichen Trick wieder zu Boden gehen lassen, als plötzlich links von mir etwas blitzte. Instinktiv warf ich mich herum. Ein Messer fuhr haarscharf an meiner Brust vorbei. Ich wußte nicht, woher der Kerl, der es hielt, gekommen war. Ich wollte ihm auf die Messerhand schlagen, aber in diesem Augenblick rammte mich der Stier von hinten. Bei seinem Gewicht
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