Jerry Cotton - 0553 - Ein Toter wird ermordet
Jerry, glaube ich, daß er uns sofort das Foto bringt.«
Phil hatte recht. Bunnyman ließ sich kein zweites Mal auf fordern. Er torkelte zu einem Aktenschrank, wühlte schweigend in einem Fach herum und kam mit dem Gewünschten zurück. Ich nahm das Foto und gab es an Phil weiter. »Das ist Patricia Rice. Leider können wir sie noch nicht vernehmen. Aber dieser Gentleman hier«, ich wandte mich an Bunnyman, »wird uns erzählen, unter welchen Umständen die Fotos zustande kommen und vor allem, wem das hübsche Apartment gehört.« Bunnymans Kinnbacken zitterten. Er stotterte ein paar Worte hervor, brach dann ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Der Kerl wollte reden, aber die Angst ließ ihn nicht. Sie drückte ihm die Kehle zu, und auf seinen Stimmbändern schienen Kiesel zu liegen.
»Nun mal ganz ruhig«, sagte ich. »Wollen Sie eine Zigarette?«
Er nickte, und ich gab ihm eine. Als er rauchte, ging es besser. Auf meine Frage: »Haben Sie die Bilder gemacht?« antwortete er: »Nein, Sir. Ich entwickele nur die Filme und mache die richtigen Ausschnitte und die Abzüge.«
»Wer nimmt die Fotos auf?«
»Eine automatische Kamera. Sie ist hinter einem Bild in der Wand eingebaut. Die Dame, Miß Patricia Rice — sie weiß nichts davon. Die Kamera schaltet sich automatisch ein, sobald sich jemand ins Bett legt. Das ist eine ganz raffinierte Vorrichtung. So ähnlich wie die Kameras in den Großbanken. Dort werden die Kunden beobachtet und…«
»Ich weiß. Patricia Rice hat also keine Ahnung. Wer hat die Kamera eingebaut?«
»Einer, mit dem Miß Rice mal eng befreundet war.« Bunnyman zwinkerte vertraulich. »Er ging damals bei ihr ein und aus, konnte auch in das Apartment, wenn sie nicht da war. Dabei kam er auf den Gedanken mit der Kamera, denn er wußte, daß die Rice ein ziemlich leichtfertiges Frauenzimmer ist. Er dachte sich, daß er auf diese Weise Fotos in die Hand bekommt, mit denen er… er…«
»… die Leute erpressen kann«, ergänzte ich. »Und falls es sich um Leute handelt, bei denen sich das nicht lohnt, so ließ sich mit den Bildern noch anderweitig Geschäfte machen. Jetzt, Mr. Bunnyman, Sie werden es nicht glauben, interessiert uns der Name dieses Herrn. Sollte es sein, daß er Ted Hatching heißt?«
»Ja, das ist er.«
»Und das Apartment auf den Bildern gehört Miß Rice?«
Er nickte.
»Dann sagen Sie uns doch bitte noch, wo es sich befindet.«
Er nannte uns die Adresse.
»Ich vermute«, sagte ich, »Ted Hatching besitzt einen Schlüssel, von dessen Existenz Patricia Rice nichts ahnt. Denn Hatching mußte ja von Zeit zu Zeit in das Apartment hinein, um die belichteten Filme aus der Kamera zu nehmen.« Bunnyman nickte. »Er hat sich einen Schlüssel anfertigen lassen.«
»Okay.« Ich sah Phil an. »Ich glaube, Alter, jetzt ist die Jagd zu Ende.«
Als Ted Hatching verhaftet wurde, lag er im Bett und schlief. Er lag in dem bewußten Bett. Wir ließen dem Mörder keine Gelegenheit zum Widerstand. Alles ging schnell und reibungslos. Mit Handschellen wurde er abgeführt. Bei ihm fanden wir den Bankfachschlüssel, den Jack Gilvan jahrelang im Brustbeutel mit sich herumgetragen hatte. In seiner zweiten Vernehmung verriet Ted Hatching das Kennwort: Sinnigerweise lautete es New Orleans. Anfang Dezember fand das Schwurgerichtsverfahren statt. Das Urteil war kurz und bündig. Für Ted Hatching hieß es lebenslänglich…
ENDE
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