Jerry Cotton - 0553 - Ein Toter wird ermordet
180. Straße, hatte sich das hübsche Mädchen angelacht. Die Ehe dauerte sieben Monate, dann war Jack eine zerschmetterte, verschmorte, unkenntliche Leiche.«
»Das macht diese Nora aber gar nicht sympathisch.«
»Blödsinn. Sie hatte nichts damit zu tun. Ihr Jack spielte verrückt. Die Cents, die er am Espresso verdiente, genügten ihm nicht. Also tat er sich mit zwei Leuten zusammen. Mit einem gewissen Roy Fanto, vorbestraft und damals steckbrieflich gesucht, und mit dessen Komplicen Sid Calvert, einem ehemaligen Hubschrauber-Piloten der Army. Was sich die drei ausdachten, hatte Aussicht auf Erfolg. Sie überfielen die Bankfiliale in Paramus. Erinnerst du dich jetzt?«
»Keine Spur. Paramus in Florida?«
»Mensch«, knurrte ich. »Du kennst nicht mal deine nähere Heimat. Paramus liegt in New Jersey. Wenn du nicht so faul wärst, könntest du hinlaufen.«
»Selbstverständlich. Ich werde es mir für den nächsten Spaziergang vormerken. Aber du kommst mit!«
»Schlaf nicht ein! Hör zu! Die drei erbeuteten 96 000 Dollar und flüchteten in Jacks Wagen. Ihr Ziel war eine Lichtung in einem nahen Fichtenwald. Dort wartete ein gemieteter Hubschrauber. Der Vogel sollte sie in Sicherheit bringen. Aber es klappte nicht. Ein Radiowagen der Staatspolizei stand in der Nähe der Bank. Die Jungs waren auf Draht und holten Yard um Yard auf. Trotzdem konnten die drei in ihren Hubschrauber springen.«
»Laß mich weitererzählen!«
»Erinnerst du dich jetzt?«
»Keine Spur. Aber du kannst mir für anderthalb Dollar Phantasie Zutrauen. Also: Das Rieseninsekt hob sich über die Baumwipfel. Von unten hämmerte eine Maschinenpistole ihre Garbe herauf. Wichtige Teile der Flugmechanik wurden getroffen und zerstört. Eine Explosion schüttelte den Hubschrauber. Flammen schlugen in die Kanzel. Innerhalb von Sekunden stürzte der Vogel ab.«
»Ich vermute, du warst dabei. Dann weißt du auch, daß der Vogel in einer Schlucht zerschellte. Das Feuer griff auf den Treibstofftank über. Bevor die Cops am Unfallort waren, vernichtete das Feuer, was es zu vernichten gab. Man fand das Stahlgerippe des Hubschraubers, glühend vor Hitze. Man fand außerdem drei verschmorte Leichen. Es dauerte Tage, bis sie identifiziert worden waren.«
»Und das Geld?«
»Ist auch verbrannt.«
»Und deine Nora?«
»Es ist nicht meine Nora. Ich erhielt damals lediglich den Auftrag, sie zu überprüfen. Dabei stellte ich fest: Sie ist ein anständiges, arbeitsames Mädchen, und sie hatte von dem Verbrechen nichts gewußt.«
»Und von wann an warst du ihr brüderlicher Freund?«
»Nach Abschluß der Untersuchung habe ich mich um sie gekümmert. Sie war völlig hilflos. Sie brauchte jemanden, der sie über die schwerste Zeit hinwegbrachte.«
»So was kannst du ja prima. Ich muß damals im Urlaub gewesen sein. Ich weiß von der ganzen Sache nichts.« Phil wischte mit dem Ärmel über die Seitenscheibe. »Und wer ist ihr neuer Mann?«
»Ted Hatching. Ein unangenehmer Kerl, arbeitet irgehdwo als Barkeeper in einem Nachtklub. Er warb um sie, als ich für drei Wochen in Los Angeles zu tun hatte. Seit zweieinhalb Jahren sind die beiden verheiratet. Bis zu dem Anruf eben .wußte ich gar nicht, daß Nora noch hier ist.«
»Na, deine Telefonnummer hat sie nicht vergessen. Wahrscheinlich braucht sie wieder einen brüderlichen Freund.«
***
»Wir sind da!« Ich hielt am Bordstein. Phil schreckte hoch, rieb sich die Augen und sah sich um. Vor uns öffnete sich eine düstere Straße mit mehrstöckigen Häusern. Nora wohnte im Eckgebäude. Hinter ihren Fenstern in der dritten Etage brannte Licht.
Ich stand als erster an der Tür und drückte auf die Klingel. Als sich die Tür öffnete, traten wir in eine matt erleuchtete Halle und fuhren mit dem Lift hinauf. Ich war voller Erwartung. Nora hatte mich damals beeindruckt. Wie sah sie jetzt aus?
Ruckend hielt der Fahrstuhl. Der Flur war dunkel. Aber uns gegenüber öffnete sich eine Wohnungstür.
»Jerry«, sagte Nora, und ihre Stimme zitterte etwas, »nett, daß du so schnell kommst. Es war…« Sie stockte, denn hinter mir trat Phil aus dem Lift.
»Hallo, Nora«, sagte ich leise und drückte vorsichtig die schmale Hand. »Das ist mein Freund Phil Decker. Er arbeitet im selben Verein.«
Nora sah Phil an und lächelte schwach. Dann bat sie uns in die Wohnung. Der große Wohnraum war nicht aufgeräumt. Ein grüner Glasaschenbecher mit mindestens zwanzig Kippen stand auf dem Tisch. Die Luft war dick von kaltem
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