Jerry Cotton - 0554 - Das Geheimnis der Millionenbande
gewesen. Über ein Jahr lang hatte er sie in jeder Ausbildungsstunde dutzendfach auf die Matte gefeuert, bis es ihr endlich einmal gelang, ihn mit einem Ke-Wai-Hieb und einem Tritt in die Kniekehlen von den Füßen zu holen. Bei solchem Lehrmeister bedeutete die Auseinandersetzung mit Hattie Doukas für Diane keine ernsthafte Angelegenheit.
Ein trockener Handkantenschlag Dianes, genau auf die Knöchel gesetzt, öffnete die Faust um den Peitschengriff. Im nächsten Augenblick fühlte sich Hattie Doukas hochgehoben und herumgewirbelt. Sie kreischte wie eine wütende Katze, aber es half ihr nichts. Wie von einer Orkanbö erfaßt, rollte sie über den Teppich und blieb vor einem der schweren Sessel mit dem Gesicht nach unten liegen. Sie sah nicht mehr hübsch und verführerisch aus. Die Frisur war ruiniert, das Kleid an der Seite aufgerissen, ein Strumpf zerfetzt.
Howard Cabbrey sprang von der Schreibtischkante. »Sie elendes Biest!« schrie er Diane an und stürzte sich auf sie. Diane ging mit ihm härter um als mit dem Girl. Sie rammte ihm beide Fäuste in die Magengrube. Er gab ein dumpfes Gurgeln von sich. Trotzdem schlug er eine Hand in Dianes Haare. Bevor er ihren Kopf in den Nacken reißen konnte, traf ihre Handkante seinen Ellenbogen.
Er jaulte auf, ließ das Haar der Detektivin los und wollte einen hastigen Rückzug antreten. Diane legte beide Handflächen aneinander, holte weit aus und ging mit einem pfeifenden Sensenhieb auf Cabbrey los. Er schrie auf wie eine Frau, die vom Anblick einer Maus erschreckt wird. Dabei wich er so hastig zurück, daß er strauchelte. Mit einem Knie berührte er den Boden, aber das hier war kein Boxring, und kein Richter stoppte. Diane. Sie ließ den Oberkörper nach vorn fallen, pendelte weit mit den Armen aus. Ihr Hieb traf Cabbrey vor der Brust.
Der Mann kippte um, als wäre er von einem Vorschlaghammer getroffen worden. Er fiel auf den Rücken und schlug mit dem Hinterkopf auf, aber der dicke Teppich dämpfte den Anprall.
»Ich werde nicht zulassen, daß Sie meinen Sohn umbringen«, bellte die heisere nervfoe Stimme Alexandra Cabbreys vom Eingang dazwischen. Diane drehte sich um. Die Bankchefin trug das übliche verknautschte Tweedkostüm. Das zerfranste Haar hing unordentlicher denn je um ihren Kopf, aber in der Hand hielt sie eine 44er Luger-Pistole, und dièse Hand zitterte nicht.
Diane zog die Augenbrauen hoch. »Sie sind also auch mit von der Partie?«
Alexandra Cabbrey bewegte nervös die Schultern. »Ich bin nicht nur mit von der Partie, sondern ich habe sie veranstaltet.«
Die Hand mit der 44er machte eine unmißverständliche Bewegung. »Verschränken Sie die Arme hinter dem Kopf. Ich möchte nicht, daß Sie plötzlich eine Pistole aus dem Ärmel ziehen.«
***
Die Cops drängten die Neugierigen zurück. Ich fand in der Jackentasche des Mannes eine Rolle Dollarnoten, Zigaretten ünd einen Ausweis der Artisten-Association, ausgestellt auf den Namen David Guerney.
Die Jagd auf diesen Mann war zu Ende. Wir hatten ihn gestellt, aber das nützte uns nichts mehr. Einer der Cops brachte die Aktentasche, die Guerney bei sich getragen hatte. Sie war vollgestopft mit Geldnoten in ausländischer Währung, und es gab keinen Zweifel daran, daß das, Geld aus dem Überfall auf die Fazioand-Stairing-Bank stammte. Ich fragte mich, warum der Mann mit den relativ wenigen Dollar und einer Menge Geld, das er hier nicht verwenden konnte, durch New York gelaufen war. Vermutlich war er mit seinen Kumpanen in Streit geraten.
Während die City Cops den Toten bis zum Eintreffen der Mordkommission bewachten, ging ich zum Eingang von Cadman-Plaza. Über die Funksprechanlage meines Jaguar rief ich das Distriktoffice an. Ich ließ mir die Einsatzleitung geben. »Alle noch eingehenden Hinweise auf den Mann mit dem Texashut können als erledigt betrachtet werden. Der Mann hieß David Guerney.«
»Er hieß David Guerney?« fragte Westers, der in dieser Nacht die Funktion eines Einsatzleiters ausübte. »Also isi er tot?«
»Tot«, bestätigte ich. »Die Mordkommission der City Police übernimmt die technischen Untersuchungen. Ich fahre nach Hause. Irgendwie habe ich genug für heute nacht.«
»Okay, gute Nacht, Jerry! He, einen Moment noch. Die Zentrale registrierte einen Anruf für dich. Eine Miß Diane Jagg wollte dich sprechen. Sie hinterließ eine Nummer und die Mitteilung, daß sie auf jeden Fall mit deinem Anruf rechnet.«
»Danke, Westers!« Ich ging zu einer der Telefonzellen,
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