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Jerry Cotton - 0557 - Per Express in den Tod

Jerry Cotton - 0557 - Per Express in den Tod

Titel: Jerry Cotton - 0557 - Per Express in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
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Ich erkannte im Halbdunkel Harold Govin. Er wedelte mit den Händen und bedeutete mir, daß sein Laden geschlossen sei.
    »öffnen Sie!« schrie ich ihn durch das Glas an. Er brachte sein Gesicht nahe an das Glas und starrte mich an. Dann kramte er einen Schlüssel aus der Hosentasche und öffnete.
    »Haben Sie etwas bei mir vergessen?« fragte er. »Die Mädchen haben mir nicht gesagt, daß etwas gefunden worden ist.« Er gab sich keine Mühe, mit französischem Akzent zu sprechen. Offenbar verwendete er den nur während der Geschäftsstunden.
    »Wo wohnt Carmie Gill?«
    »Halten Sie mich für ein Auskunftsbüro?« blaffte er.
    »Ich brauche sofort die Adresse des Girls.«
    »Gehen Sie zur Hölle! Jede Woche fragen mich ein halbes Dutzend Männer nach den Adressen meiner Girls. Einer bot mir sogar schon hundert Dollar, aber ich will keinen Ärger mit dem Kuppelparagraphen. Versuchen Sie gefälligst Ihr Glück bei Carmie selbst!«
    Ich faßte Govin an den Hemdknöpfen. Wütend schlug er mir den Arm zur Seite. »Versuchen Sie es nicht so, alter Junge!« zischte er. »Ich verstehe das harte Handwerk nicht schlechter als das Haareschneiden, und ich kann Ihr Aussehen nicht nur verschönern, sondern auch verschlechtern.«
    »Okay, Govin! Sie werden mir die Adresse des Mädchens sofort nennen, oder ich kassiere Sie ein.«
    »Sind Sie irgendeine Sorte von Polizist?«
    »Meinetwegen nehmen Sie es an, falls es Ihnen leichter die Zunge löst.«
    »Was soll Carmie auf dem Kerbholz haben?«
    »Diese Frage würde Ihnen kein Polizist beantworten. Die Adresse, Mann!«
    »Kenyon Street. Ich kann Ihnen das Haus zeigen, wenn Sie wollen, daß ich mitkomme.«
    »In Ordnung, aber beeilen Sie sich!«
    »Ich muß mir ’ne Jacke anziehen.« Er ging in den spärlich erleuchteten Laden, und ich folgte ihm. Ich wollte nicht, daß er irgend etwas unternahm, von dem ich nichts erfuhr, zum Beispiel telefonieren. Er schlurfte durch die Ladys-Abteilung, an deren Ende ein schwerer roter und mit Goldfäden durchwirkter Samtvorhang eine Türöffnung freigab. Der üppige Vorhang verdeckte einen Wohnraum, dessen Einrichtung keinerlei Ähnlichkeit mit dem Glas-, Gold- und Marmorprunk des Ladens hatte. Aus alten Polstermöbeln quoll die Füllung. Ein gewöhnlicher Küchentisch stand in der Raummitte und eine schmutziggraue Couch an der Stirnwand. In einer Ecke lag ein Haufen Wäsche. Govin schleuderte eine Perücke, die ihm im Wege lag, mit einem Fußtritt hoch wie einen Fußball. Das Ding mit langen blonden Haaren landete auf der Couch. Während der Friseur in ein blaues Jackett von der gleichen Farbe wie die Arbeitskittel schlüpfte, musterte er mich aus unruhigen, flackernden Augen. Immer noch zögerte er.
    »Vorwärts, Govin!« drängte ich. »Sie werden mächtig in Schwierigkeiten geraten, wenn Ihr Zaudern irgendein Unglück verschuldet.«
    »Ich komme ja schon.« Er löschte das Licht in seiner verkommenen Wohnbude, und dann schaltete er auch das Licht im Laden aus, bevor wir ihn verließen. Er ging hinüber zur Gentlemen-Abteilung, und ich bemerkte, daß er irgendeinen Gegenstand in die Tasche steckte. Umständlich schloß er die Glastür von außen ab. Endlich konnte ich ihn in den Mercury verfrachten.
    Ich brauchte eine Viertelstunde bis zur Kenyon Street. Govin dirigierte mich zum Haus mit der Nummer 412. »Sie wohnt in der vierten Etage«, sagte er. »Ich war nur einmal in ihrer Wohnung.« .
    Nummer 412 war ein alter, ziemlich verkommener Bau. Es existierte kein Lift. In der vierten Etage führte Govin mich zu einer Tür am Ende des Korridors. »Das ist ihre Wohnung«, knurrte er. »Dort ist die Klingel.«
    Ich drückte den Knopf, und ich konnte hören, daß die Klingel funktionierte, aber sonst geschah nichts. Niemand öffnete.
    »Los«, sagte Govin. »Warum öffnen Sie nicht? Ein Fußtritt genügt!«
    »Das ist nicht notwendig«, knurrte ich. Ich war sicher, daß das Mädchen sich nicht in der Wohnung befand, und um gewaltsam einzudringen, brauchte ich einen Haussuchungsbefehl.
    »Warum nicht?« fragte Govin spöttisch. Er zog das rechte Knie an und trat wuchtig gegen die Tür in Höhe des Schlosses. Der Fußtritt war kräftig und genau gezielt. Das Schloß sprang mit einem Krachen aus der Halterung, und die Tür flog auf. »Ich darf das«, sagte Govin grinsend. »Ich zahle die Miete für die Zimmer meiner Girls.«
    Die Wohnung bestand aus zwei kleinen Zimmern, in denen eine erstaunliche Unordnung herrschte. Trotzdem deutete nichts darauf

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