Jerry Cotton - 0558 - Ballett mit Maschinenpistolen
gesehen hat. Notfalls könnten wir uns auch an die Coast Guard wenden, um dieses noch einigermaßen überschaubare Gebiet aus der Luft nach dem Dampfer abzusuchen.«
»Es ist Mitternacht«, erinnerte ich. »Kein Problem nach dem heutigen Stand der Technik«, winkte er ab.
»Wie lange wird es dauern, bis von den Schiffen die Antworten vorliegen?«
»Halbe Stunde«, vermutete Gulbransson.
»20 Minuten«, handelte ich.
Er lächelte und schlug mir aufmunternd auf die Schulter.
Phil hingegen lächelte nicht, als ich in unser Office kam. »Gerade wollte ich dich rufen lassen«, sagte er.
»Warum?«
»Ich habe eben eine Vernehmung über eine Strecke von fast 4000 Meilen geführt«, ließ er mich wissen.
»Hast du sie tatsächlich…«
Anstelle einer Antwort drückte er auf die Taste unseres Tonbandgerätes. Zuerst kam ein Rauschen.
Dann eine Stimme, die ich nicht kannte: »Hallo, Decker? Wir haben jetzt die Verbindung geschaltet. Aber der Doc gestattet höchstens fünf Minuten. Er sitzt dabei.«
»Okay, Kollege!« Das war Phils Stimme.
»Hallo?« piepste eine sehr schwache weibliche Stimme.
»Hallo, Miß Lunday!« Phil hatte seinen ganzen Charme in diese Begrüßung gelegt.
»Ja?«
»Miß Lunday, Sie sprechen mit dem FBI New York. Mein Name ist Phil Decker, ich bin Special Agent und interessiere mich für das, was Sie zu sagen haben.«
»Ja?« sagte die schwache Stimme wieder.
»Miß Lunday«, kam Phils Stimme wieder vom Band, und ich wunderte mich, wie behutsam er vorgehen konnte, »Sie haben angegeben, Sie gehören zur Showtruppe der bekannten ,Beachgirls‘, stimmt das?«
»Ja.«
Phils Stimme klang auch weiter behutsam, obwohl er jetzt eine Breitseite abfeuerte: »Miß Lunday, ich habe vor etwas weniger als 24 Stunden hier in New York die 21 ,Beachgirls‘ an Bord eines Dampfers…«
Ich zuckte geradezu zusammen, als die bisher schwache Stimme des unbekannten Mädchens, das 4000 Meilen von uns entfernt in einem Hospitalbett lag, Phil unterbrach. »Nein«, schrie sie fast hysterisch. »Nein, das können wir nicht gewesen sein. Nein, niemals. Evelyn und Petra sind tot, ja, tot, und die anderen — nein…«
Ein Geräusch, das ich nicht identifizieren konnte, schepperte aus dem Lautsprecher. Darin kam eine männliche Stimme.
»Tut mir leid, Sir — ich bin der Arzt, ich kann eine weitere Vernehmung nicht zulassen. Die Patientin steht vor einem Zusammenbruch. Ich habe ohnehin ernste Bedenken. Bitte, verstehen Sie mich…«
Phil drückte wieder auf eine Taste des Tonbandgerätes.
»Es würde jetzt zu lange dauern, Jerry, dir das ganze Band vorzuspielen. Du hast alles gehört, was ich mit dem Girl selbst besprochen habe. Kollege Rickmers aus Tucson hat mir etwas mehr sagen können. Nach Aussagen dieser Miß Lunday sollen sich 18 der insgesamt 21 Girls in einer abgelegenen Hazienda in einem Gebirgstal in Mexiko befinden. Nicht weit von der Stelle entfernt, an der das Mädchen die Grenze überschritten hat. Dorthin sollen sie vor vier Tagen mit einem Bus gebracht worden sein, nachdem sie vorher einen ihrer Auftritte bei einer Veranstaltung in Long Beach hatten. Von dort waren sie außerplanmäßig nach Mexiko gebracht worden, angeblich sollten sie an der Geburtstagsparty eines Millionärs in Acapulco teilnehmen. Sie seien dann unterwegs von einer Bande überfallen worden. Bei dem Versuch zu entkommen, hätten die Banditen zwei Mädchen erschossen. ,Der Rest der Mädchen sei dann gefesselt und mit verbundenen Augen zu dieser Hazienda gebracht worden. Dort sei es ihr gelungen, durch ein vergittertes Fenster zu entkommen. Ein Mann habe sie dann auf einem Fuhrwerk bis zur Grenze gebracht, aber dort habe man sie mangels eines Passes zurückgeschickt. So habe sie schließlich den Weg durch den Grenzfluß genommen.«
Schweigend hatte ich mir diese Geschichte, die sich verteufelt nach dem Drehbuch eines Kriminal- oder Sexfilmes anhörte, erzählen lassen.
»Was sagt das FBI Tucson zu dieser Story?« fragte ich.
»In einem Punkt sagt das Girl bestimmt die Wahrheit: Leute ohne Pässe werden von den mexikanischen Grenzbehörden von der Grenze weggeschickt. Alles andere…«
Die fragende Bewegung, die er machte, ergänzte den Satz.
»Auf das Ergebnis einer Ermittlung warte ich übrigens noch«, ließ er mich dann wissen. »Das FBI Tucson hat auf jeden Fall einmal die Fingerabdruckformel des Girls nach Washington gegeben. Washington wird uns gleichzeitig mit Tucson verständigen, falls ein Ergebnis
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