Jerry Cotton - 0562 - Die Peitschenmaenner
daß die Aktion mehr als erfolgreich gewesen war.
Wir fanden nicht nur die Kisten mit den präparierten falschen Banknoten wieder, die noch immer im Kofferraum des Cadillac lagen, sondern auch ausreichend Material, um in einer anschließenden Blitzaktion die Mitglieder des New Yorker Cosa-Nostra-Ringes festnehmen zu können.
Vier ihrer wichtigsten Bosse befanden sich in unserer Hand. Und es gelang uns auch, das Beweismaterial für ihre Führungsposition zu beschaffen.
Ich selbst befand mich in einer Hochstimmung, wie ich sie nur selten empfunden hatte. Ich durchsuchte gerade mit Steve zusammen einen Aktenschrank, als Mr. High mit ernstem Gesicht eintrat.
Ich wußte sofort, daß mit Phil etwas los war.
»Vor drei Minuten wurde in der Dienststelle angerufen. Ein Mann, der sich Tok nannte, wollte Sie sprechen. Phil war selbst am Apparat, leider nicht ganz freiwillig.«
»Was wollte er?«
»Sie, Jerry, weiter nichts…«
Ich war auf einem Weg, von dem ich nicht wußte, ob es auch eine Rückkehr geben würde. Die Anweisungen des Mannes, der sich Tok nannte, waren mehr als eindeutig gewesen. Und ich hatte Phil gesprochen, der mich beschwor, nicht zu kommen.
Natürlich hatten wir versucht, herauszufinden, von wo das Gespräch geführt wurde. Aber was nützte es? Es war die Anlage in meinem Jaguar. Und ehe wir mit Peilwagen den Standort ermitteln konnten, war er längst verschwunden. Und mit ihm Phil.
Ich fuhr mit einem Ford aus unserem Wagenpark. Als ich über die Brücke nach Queens fuhr, hielt ich mich links, wie es dieser Tok verlangt hatte. Ich nahm den Vernon Boulevard nach Norden bis hinter den Astoria Park. Hier wartete ich.
Es vergingen ungefähr zehn Minuten. Ein Junge kam auf dem Fahrrad die Straße entlang.
»Sind Sie Jerry Cotton?« fragte er neugierig.
»Ja.«
»Dann soll ich Ihnen das geben.« Er warf mir einen Briefumschlag zu und radelte, schnell davon.
Ich öffnete das Kuvert. Innen lag ein Zettel, der von einem Kalender abgerissen war. In kleiner Schrift stand folgende Mitteilung darauf:
Fahren Sie zur Bowery Bay. Warten Sie an der Küste, wo der Flugplatz die Bay nach Westen abgrenzt.
Ich steckte das Papier ein und fuhr weiter.
Über mir kreiste ein Hubschrauber der Navy. Er ging tief herunter, als ob er mich begrüßen wollte, und flog dann in nördlicher Richtung davon.
Meine Gedanken waren bei Phil. Er lebte noch, das fühlte ich. Denn Tok wäre ein Idiot, wenn er Phil umbrächte, bevor er mich in seine Gewalt bekam.
Von der Zerschlagung des Syndikats in New York schien er noch nichts zu wissen, denn sonst hätte er es sich zweimal überlegt, ob er sich mit uns anlegen sollte.
Für mich war Tok ein Wahnsinniger. Nur ein Wahnsinniger konnte auf die Idee kommen, zwei G-men kidnappen zu wollen.
Was versprach er sich davon? Während ich meine und Phils Chancen abzuwägen versuchte, näherte ich mich der Bowery Bay.
Ich fuhr so dicht an das Ufer heran, wie ich konnte. Ich parkte den Wagen und stieg aus. Kein Mensch war zu sehen. Nur vom Flugplatz drang der Düsenlärm der Maschinen herüber.
»Bleiben Sie stehen, Cotton!«
Ich fuhr herum. Die Stimme kam von hinten.
»Stehenbleiben! Keinen Schritt weiter!«
Ich wußte nicht, wo der Kerl steckte. Sosehr ich meine Augen auch anstrengte, ich nahm keine Bewegung wahr. Ich blieb stehen und starrte aufs Wasser hinaus.
»Wo ist mein Freund?« fragte ich.
Ein Kichern antwortete mir. »Wollen Sie ihn hören?«
»Ja.«
»Jerry, alter Junge, geh keinen Schritt weiter. Irgendwo liegt eine Bombe. Er wird dich in die Luft jagen, wenn…«
Phils Stimme zerbrach in einem gurgelnden Schrei.
Nichts konnte mich mehr zurückhalten. Ich riß meinen Revolver heraus und wollte losrennen.
»Halt, Jerry!«
Ich traute meinen Ohren nicht. Das war doch die Stimme des Chefs. Unwillkürlich folgte ich seinem Befehl.
Und was dann kam, ging so schnell, daß ich es erst erfaßte, als alles vorüber war.
Um mich herum waren plötzlich viele Stimmen. Sie schienen von allen Seiten zu kommen, sogar aus der Luft. Dann knallten Schüsse. Es sah aus, als ob um einen bestimmten Standort ein richtiger Sperrgürtel gelegt wurde, als ob man jemanden abschirmen wollte.
So war es auch. Und die Schüsse kamen tatsächlich aus der Luft. Von dem Hubschrauber der Navy, den ich vorhin kurz gesichtet hatte.
Eine graue Wolke blies auf mich zu, meine Augen tränten, und ich kämpfte mit einem starken Hustenreiz.
»Er ist nichts Gutes mehr gewöhnt!« höhnte eine Stimme,
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