Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jerry Cotton - 0564 - Der Mann mit der roten Peruecke

Jerry Cotton - 0564 - Der Mann mit der roten Peruecke

Titel: Jerry Cotton - 0564 - Der Mann mit der roten Peruecke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
so wert ist.«
    Er schlug mir die Fahrradkette von links her quer durchs Gesicht. Mir schoß Blut ins linke Auge. Der Schmerz legte mein Hirn lahm. Ich konnte die Burschen nicht mehr deutlich sehen. Und dann traf der Anführer mich von der anderen Seite. Ich hörte noch das Mädchen kichern, bevor bei mir die Lichter erloschen.
    ***
    Der große Zeiger der Uhr auf dem Bahnsteig ruckte mit einem trockenen Geräusch vor auf neun Uhr achtundzwanzig. Seit die Gangster die Bankfiliale betreten hatten, waren kaum mehr als fünfzehn Minuten vergangen, erst vier Minuten, seit die Schüsse gefallen waren, knapp zwei Minuten, seit Sergeant Ed Winters Alarm auf der ganzen Station ausgelöst hatte.
    Sergeant Ed Winters war seit neun Jahren bei der U-Bahn-Polizei. Unter Lieutenant Fred Alster hatte er den Einschulungskursus gemacht, unter Fred Alster hatte er die ersten Dienstjahre absolviert, unter Fred war er Sergeant geworden. Die Stunden waren nicht mehr zu zählen, die er mit Fred Alster gemeinsam Dienst getan hatte. Es waren schwüle Stunden an heißen Sommertagen gewesen und eiskalte Nächte in Wintertagen, da man sich nach Alaska versetzt fühlte. Sie hatten zusammen in Drugstores gefrühstückt, im Bereitschaftsraum Karten gespielt und auf den Gleisen die Überreste von Selbstmördern zusammengesucht. Sie hatten verschwundene Kinder zu ihren Eltern zurückgebracht und Diebesgut den Bestohlenen wieder zugestellt. Sie hatten handgebastelte Bomben von den Schienen losgebunden und mit Schweißbrennern ein dreijähriges Mädchen aus einem vergitterten Luftschacht befreit. Sie hatten verwundete Kameraden im Krankenhaus besucht und den Sarg getragen bei der Beerdigung eines Gefallenen. Es gab nicht viel mehr in einem Polizistenleben, das sie beide nicht schon in dieser oder jener Form erfahren hatten.
    Und nun kniete Sergeant Ed Winters auf dem schmutzigen Bahnsteig und hielt mit sanften Fingern den Kopf seines Lieutenants auf den Knien. Fred Alster lag lang ausgestreckt auf dem kalten Betonboden.
    Alster hatte die Augen geschlossen. Seine Hände krampften sich in den von Schmerzen gepeinigten Leib. Ab und zu tobte eine Schmerzwelle so wahnsinnig grell und reißend durch seinen Körper, daß er wie in konvulsivischen Zuckungen hin und her gerissen wurde.
    »Verdammt«, knurrte der Sergeant leise, so daß es außer ihm kaum jemand hören konnte. »Verdammt, lieber Gott, muß denn das sein?«
    Ein Zittern lief durch den muskulösen Körper des Lieutenants. Der Schweiß auf seinem Gesicht glänzte silbrigweiß im Widerschein der Neonröhren. Winters beugte sich erschrocken vor. War das der Tod, der sich unabweisbar ankündigte? Ging der stoßweise Atem des Lieutenants nicht auf einmal viel schwächer? Ed Winters nahm vorsichtig eine der stützenden Hände vom Kopf des Lieutenants weg und fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen, vor denen auf einmal alles verschwamm. Ein trockenes Schluchzen drang aus seiner Kehle, aber er hörte es selbst nicht.
    »Cops…«
    Von Alsters blutleeren Lippen war das Wort gekommen. Ed Winters runzelte die Stirn. Cops? Aber natürlich. Der Lieutenant wollte Hilfe, Verstärkung, Polizisten. Cops, natürlich. Er war ja allein vor diesen Misthunden gewesen, die ihm die Kugel in den Bauch geschossen hatten wie einem tollwütigen Straßenköter.
    Winters sah hoch. Eine dichte Menschenmenge hatte sich rings um sie angesammelt. Hausfrauen und Mädchen, junge Burschen und Männer in jeder Altersstufe starrten betroffen auf den Lieutenant, der für ein karges Gehalt sein Leben eingesetzt hatte, um sie zu schützen, um ihnen ihre tägliche Ruhe zu gewährleisten. Der Blick des Sergeants fiel auf das runde Gesicht von Martin Hopkins. Er war der jüngste Mann der U-Bahn-Polizei, und er sah aus schreckgeweiteten, großen Augen hinab auf den Lieutenant.
    »Martin!« rief der Sergeant leise.
    Hopkins riß sich zusammen. Seine Stimme klang sehr jung: »Ja, Sarge?«
    »Du hast doch den Krankenwagen angefordert?«
    »Klar, Sarge!«
    Winters nickte. Er zupfte vorsichtig sein Taschentuch aus der Hose und begann, das schweißbedeckte Antlitz von Fred Alster so zart abzutupfen, als sei etwas unendlich Kostbares unter seinen schwieligen, harten Männerfäusten.
    Unvermittelt schlug Alster die Augen auf. Er schien plötzlich voll bei Bewußtsein zu sein. Sein Blick ging hoch und fand den über ihn gebeugten Kopf seines Sergeants.
    »Ed«, sagte er schwach. »Ed, gib mir was zu trinken…«
    »Na klar doch, Fred«,

Weitere Kostenlose Bücher