Jerry Cotton - 0565 - Ein Teenager soll sterben
Kreischen des sich blitzschnell verformenden Bleches zerrte an Phils Nerven. Sein Schädel flog gegen die Windschutzscheibe.
Fluchend kletterte er ins Freie und schüttelte seine Benommenheit ab. Der Lastwagen blockierte die Ausfahrt in ihrer ganzen Breite.
Phil war überzeugt, daß es sich dabei um eine geplante Aktion handeln mußte. Sie war von den Gangstern mit minutiöser Präzision durchgeführt worden. Der Lastwagenfahrer hatte nur auf das Passieren des Dodge gewartet. Dann hatte er die Kupplung blitzschnell kommen lassen und mit seinem Fahrzeug den Verfolger gestoppt.
Die Schützen hatten ihre Flucht fabelhaft vorbereitet und offenbar mit einem Verfolger gerechnet.
Phil kroch unter dem Lastwagen durch auf die Hofseite der Durchfahrt. Der Wagenschlag des Fahrerhauses stand offen. Zwei Männer hasteten auf ihn zu. Sie trugen blaue Overalls und wollten wissen, warum es gekracht hatte.
Phil holte seine FBI-Marke hervor und schnitt ihnen das Wort ab. »Wohin ist der Fahrer getürmt?« fragte er.
Noch während er sprach, erfaßte er mit einem Blick die Umgebung. Der Hof wirkte wie ein gewaltiger Schrottplatz. Er war von einer asphaltierten Straße durchschnitten, die auf der anderen Seite des Blocks durch eine zweite Durchfahrt in eine Straße einmündete. Verrostete Schiffsdiesel von gewaltigen Ausmaßen standen zwischen Kisten und Kesseln herum. Es war unmöglich, diese Fülle von Verstecken zu übersehen.
»Wir haben niemand gesehen«, behauptete einer der Männer, wies mit dem Daumen über seine Schulter und ergänzte: »Wir haben da drüben gearbeitet, als wir plötzlich den Krach hörten…«
Phil ließ die Männer stehen. Er raste zu der Ausfahrt zur Straße. Und schon sah er den Dodge. Der Wagen war leer und stand am Straßenrand.
Die beiden Gangster hatten offenbar ihre Flucht mit einem anderen Wagen fortgesetzt. Phil schaute sich um. Er sah niemand in der Nähe, den er hätte befragen können.
Phil war nicht überrascht, als er feststellte, daß die Nummernschilder des Dodge nur lose befestigt waren. Der Dodge war sicherlich gestohlen und zudem noch mit den Nummernschildern eines anderen Fahrzeuges ausgerüstet worden.
Phil blickte in das Wageninnere. Er nahm sich nicht einmal die Mühe, einen Schlag zu öffnen. Er sah nichts von Interesse. Natürlich würden sich die Printexperten um den Wagen kümmern, aber es war nicht anzunehmen, daß dabei etwas herauskommen würde. Die Gangster hatten nicht den Eindruck von Leuten gemacht, die sich plumpe Fehler leisten.
***
Ich kletterte vor dem Haus 871 Court Street aus dem Taxi und entlohnte den Fahrer. Dann blickte ich an der Fassade empor. Es war ein modernes zwölfstöckiges Gebäude mit metallgerahmten Fenstern. Der Hausmeister wohnte im Erdgeschoß und hieß Cullers. Ich wies mich aus und fragte ihn nach June Forster.
Der Hausmeister war sichtlich verblüfft. »June?« fragte er. »Wieso interessiert sich das FBI für June? Sie ist doch noch ein Kind!«
»Wie alt ist sie?«
»Siebzehn, glaube ich.«
»Sie lebt bei ihren Eltern?«
»Bei ihrem Vater«, sagte er. »Soviel ich weiß, ist ihre Mutter schon vor Jahren gestorben. Die Forsters sind sehr ordentliche Leute. Sauber, adrett und gutbürgerlich. Er ist Buchhalter in irgendeinem großen Betrieb.«
»Haben die Forsters viele Freunde?«
»Das kann ich nicht sagen. In diesem Haus wohnen fast hundert Leute. Da ist ein ständiges Kommen und Gehen. Man weiß nur selten, wer zu wem gehört.«
Ich zeigte Cullers das Foto. »Dieses Bild wurde bei einem Gangster gefunden«, erklärte ich ihm. »Deshalb bin ich hier.«
Cullers runzelte die Augenbrauen. »Das Bild ist schon ein oder zwei Jahre alt«, vermutete er. »June sieht jetzt ein bißchen anders aus.«
»Älter, vermute ich.«
»Vor allem schöner«, sagte er und gab mir das Foto zurück. »Sie ist sich dessen gar nicht bewußt — aber es gibt nur wenige Männer, die sich nicht den Kopf nach ihr verrenken.«
»Mit siebzehn dürfte sie das schon mitkriegen«, vermutete ich.
Cullers schüttelte entschieden den Kopf. »Nicht June!« behauptete er. »Die ist wirklich unschuldig. Das spürt man einfach. Das sieht man sogar. Ich wünschte, ich hätte so eine Tochter!« Er seufzte. »Meine Carol ist erst sechzehn, aber ich kann von Glück reden, wenn sie mal nachts vor zwölf zu Hause aufkreuzt!«
»Haben Sie eine Erklärung dafür, wie das Bild in den Besitz eines Gangsters gelangt sein könnte?«
Cullers rieb sich das Kinn. »Vielleicht
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