Jerry Cotton - 0566 - Sie hetzten mich als Moerder
er wieder.
»Es mag sogar sein, daß du nach deiner Theorie Recht behältst«, gab Clinch zu. »Du vergißt aber noch etwas. Du hast dafür gesorgt, daß Cotton vom FBI einen Doppelgänger bekommt. Gestern war es fast soweit, daß dieser Doppelgänger der Polizei in die Finger gefallen wäre. Was dann?«
Sekundenlang gab Melburn nur noch dicke Qualmwolken von sich. An diesen Punkt hatte er selbst noch nicht gedacht. Sekundenschnell erkannte er, daß tatsächlich hier der schwächste Punkt seines Planes lag. »Gut«, meinte er nach kurzer Überlegung. »Wir brauchen den falschen Cotton jetzt nicht mehr. Er hat seine Aufgabe erfüllt. Von mir aus kann er verschwinden. Er soll noch heute nach…«
»Er soll gar nichts«, sagte Clinch entschlossen. »Dieser Mann ist jetzt eine Gefahr für unseren ganzen Plan. Er muß endgültig verschwinden. Niemals darf jemand diesen zweiten Cotton finden.«
»Willst du ihn etwa umbringen?« fragte Melburn erschrocken.
Clinch schüttelte den Kopf.
Melburn atmete erleichtert auf. »Wer weiß, vielleicht können wir ihn noch einmal gut brauchen. Der Mann ist sein Gewicht in Gold wert!«
»Ich werde ihn nicht umbringen«, sagte Clinch langsam. »Das ist deine Sache. Er ist dein Mann, du wirst ihn uns vom Halse schaffen.« Und noch ehe Melburn etwas einwenden konnte, fuhr Clinch fort: »Das ist meine Bedingung, wenn ich mit meinen Leuten bei dir weiter mitmachen soll!«
***
Es waren jetzt drei Yard, die zwischen dem Mädchen und mir lagen. Eine verteufelt kurze Distanz, falls das Mädchen tatsächlich schoß. Und ein ebenso verteufelt weiter Zwischenraum, wenn ich sie überrumpeln wollte. Meine Lage war alles andere als beneidenswert.
Hätte mir ein Verbrecher gegenübergestanden, hätte ich auch in dieser Situation einige Möglichkeiten gekannt. Jetzt aber war alles ganz anders. Diese Frau gehörte zwar einem Berufsstand an, der in unseren Kreisen nicht besonders hoch geschätzt ist, aber in diesem Augenblick stand sie ganz einwandfrei auf seiten des Gesetzes. Sie schien auch tatsächlich der Ansicht zu sein, in mir einen Verbrecher vor sich zu haben. Sie schien entschlossen, mich vermeintlichen Gangster unschädlich zu machen. Sie hatte aber auch Angst vor mir. Das stand einwandfrei fest. Bei der ersten Bewegung, die sie mißverstand, würde sie den Zeigefinger krümmen.
Offenbar konnte sie Gedanken lesen. »Du überlegst wohl, wie du jetzt aus dieser Klemme herauskommen kannst, was?« meinte sie kühl.
Ich nickte. »Es wäre verteufelt gut, wenn ich die Lösung schon gefunden hätte«, gab ich zu.
Sie nickte ebenfalls. »Das kann ich mir denken!«
»Es wäre auch für Sie sehr gut, denn Sie würden sich eine Menge Unannehmlichkeiten ersparen«, ließ ich sie wissen.
»Denkst du an deine beiden Kumpane, die gestern abend bei dir waren?« stieß sie sofort nach.
»Ich denke an meine Kollegen und daran, daß Sie mich jetzt in der Ausübung meines Dienstes behindern«, bereitete ich die Friedensverhandlungen vor.
Sie nickte zustimmend. »Kumpane oder Kollegen, das kommt wohl auf das gleiche heraus. Aber ich habe gesehen, daß du allein gekommen bist. Die anderen sind nicht in der Nähe, und sie haben keine Ahnung, wo du dich befindest. Oder ihr wollt… Ja, das ist natürlich möglich.«
»Was ist möglich?« fragte ich verdutzt.
»Vielleicht hat dich euer Boß losgeschickt, mich zum Schweigen zu bringen. Ich habe euch schließlich gesehen. Aber in diesem Fall besteht für dich keine Hoffnung. Es kann sein, daß die anderen Kerle noch kommen und dich hier herausholen wollen. Doch du kannst dich darauf verlassen, daß sie nicht durch die Tür hereinkommen. Ich habe ein Sicherheitsschloß. Bevor sie die Tür aufhaben, bist du erledigt, und ich habe die Polizei am Telefon. Du hast keine Chance, Gangster!«
Sie wußte sehr gut, was sie wollte. Eine Sekunde dachte ich daran, daß es eigentlich schade um sie war. Mit ihrer Entschlossenheit und ihrer Umsicht hätte sie in jedem vernünftigen Beruf eine ehrliche Chance gehabt. So aber…
Nein, ich konnte mich jetzt nicht um ihr Seelenheil kümmern. Ich war nicht als Missionar in ihre Wohnung gekommen, sondern als G-man. Und unten, in einem finsteren Kellerraum des zweiten Hinterhauses, steckte ein ermordeter Mann in einem Entwicklertank.
»Baby, jetzt hören Sie einmal genau zu«, sagte ich entschlossen. »Es mag sein, daß Sie gestern abend einen Mann gesehen haben, der so aussah wie ich. Ich weiß, daß diese Möglichkeit
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