Jerry Cotton - 0567 - Auf Bestellung eine Leiche
bevor ich es ihm sagen konnte. Zwei Stunden später rief er noch einmal an. Er ließ mich nicht zu Wort kommen, sondern sagte nur, ich bekäme mit der Nachmittagspost ein Paket, das dreißigtausend Dollar enthielte. Ich soll das Geld zunächst auf mein Konto einzahlen.«
»Du zahlst das Geld in unsere Taschen«, trompetete Chilton.
»Dorrow wird…«
»Gar nichts wird er. Wir haben die Hand am Drücker. Dein Mr. Dorrow wird sich artig mit uns verständigen müssen, wenn er nicht als Killer vom FBI gejagt werden will.«
Nervös zündete sich Florence Ward eine Zigarette an. »Chilton, wieso hat mich niemand im ,Teufelsnest' identifiziert?«
»Nun, ich habe dafür gesorgt, Baby. Du bist mir zu wertvoll, als daß ich geduldet hätte, daß die G-men dich kassieren. Ich halte meine Versprechen. Es war nicht schwierig, Carroco und den anderen klarzumachen, daß sie keinerlei Ähnlichkeiten zwischen dir und der Blonden zu erkennen hätten.«
»War es in keinem Fall schwierig?« fragte sie langsam.
Der Gangster grinste nicht mehr. »Wen meinst du?«
»Das Mädchen, das erwürgt wurde.« Der Blick der kleinen tückischen Augen richtete sich auf die schweren Pranken. Chilton schwieg lange. Dann stand er mit einem Ruck auf. »Pah, Sandra!« stieß er hervor. »Wahrscheinlich ist sie mit irgendeinem Mann in Streit geraten, der sich von ihr übers Ohr gehauen fühlte.« Er fand sein übliches Grinsen wieder. »Zerbrich dir nicht den Kopf mit den Sorgen der Polizei. Hauptsache bleibt, ich konnte den FBI-Burschen klarmachen, daß du ein harmloses und unschuldiges Mädchen bist.« Er griff zum Telefon, nahm den Hörer ab und wählte eine Nummer. »Ich stehe mich so gut mit den G-men, daß ich sogar schon die Telefonnummer auswendig weiß.«
»Verbinden Sie mich mit Jerry Cotton!« rief er in die Muschel. »Spreche ich mit Cotton! — Nicht da? Ah, Sie sind es, Mr. Decker! Hier spricht Herbie Chilton. Also hören Sie, Decker! Ich habe mir das Girl angesehen, das ihr die ganze Nacht durch Carrocos Kaschemme geschleift habt. Hübsches Mädchen, wirklich ein verdammt hübsches Mädchen. Wissen Sie, ich kann von Glück sagen, daß die Süße in jener Nacht nicht im ,Teufelsnest‘ war. Niemals hätte ich Weed hochgeschickt, wenn sie es gewesen wäre. Ich wäre selbst gegangen, und dann, ja, dann wäre ich jetzt tot. Wollen Sie die liebliche Florie noch sprechen? Ich sitze ihr nämlich gegenüber.« Er hielt den Hörer hoch, zuckte die Achseln und erklärte: »Der G-man will dich sprechen!« Florence Ward nahm ihm den Hörer ab. Der Zorn verzerrte ihr Gesicht zu einer Grimasse, und sie sah durchaus nicht mehr hübsch aus, aber sie war eine vorzügliche Schauspielerin. Als sie sprach, verstand sie es, ihre Stimme verzweifelt und gehetzt klingen zu lassen. »Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll, Mr. Decker«, sagte sie hilflos. »Dieser Mann kam herein und behauptete, vom FBI geschickt worden zu sein.« Sie lauschte. Dann sagte sie laut: »Mr. Decker sagt, ich wäre berechtigt, Sie ’rauszuwerfen. Sie hätten das Haus sofort zu verlassen.«
»Wir gehen ja schon!« rief Chilton laut, so daß Phil am anderen Ende der Leitung es hören mußte. Dann legte Florence Ward auf. Chilton und Rivera gingen zur Tür. »Vergiß nicht! Sobald du die dreißigtausend Dollar erhalten hast, übergibst du sie mir.« Florence Ward nickte stumm. Sie begleitete die Gangster zum Ausgang. Chilton wies mit dem Daumen auf die Tür zum Behandlungssaal. »Sollen wir uns mal ansehen, wie der Laden in vollem Betrieb aussieht?«
»Lassen Sie das!« zischte Florence. »Schon gut«, lachte er. »Ich will deine Kundinnen nicht aufscheuchen wie einen Hühnerhof.«
Die Chefin des Schönheitssalons schloß die Tür hinter den beiden Männern. Als sie in ihr Zimmer zurückging, hatte sie die Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepreßt, und ihr Gesicht zeigte den Ausdruck tödlicher Entschlossenheit.
***
Als ich am Nachmittag in unser Büro kam, saß Phil hinter dem Schreibtisch.
»Chilton hat angerufen«, sagte er. »Er hat sich Florence Ward angesehen und läßt dir bestellen, sie wäre nicht das Mädchen aus dem ,Teufelsnest'.«
Ich warf den Hut quer durch den Raum an den Garderobenhaken. »Jedermann scheint von dem einzigen Wunsch beseelt zu sein, Florence Wards Unschuld zu bezeugen. Liegen die technischen Untersuchungsergebnisse im Mordfall Kate Horsky vor?« Wortlos schob Phil mir einen dicken Aktenordner zu. Der Inhalt begann mit den Bildern
Weitere Kostenlose Bücher