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Jerry Cotton - 0568 - Die unheimliche Witwe

Jerry Cotton - 0568 - Die unheimliche Witwe

Titel: Jerry Cotton - 0568 - Die unheimliche Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
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Lenkrad sitzen. Der Ausgestiegene blickte an der Gebäudefassade empor. Hinter keinem Fenster brannte Licht.
    Das Gesicht des Mannes wurde von der Hutkrempe beschattet, von einem grauen Borsalino, wie ich dank einer nahen Laterne sah. Er trug einen dunklen Anzug, und über seinem linken Arm hing ein zusammengerollter Regenschirm.
    Aus der Art, wie er sich bewegte, war zu erkennen, daß sein Alter zwischen fünfundvierzig und fünfzig Jahren liegen mußte. Unter dem Hut blitzte silbergraues Haar hervor. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
    Kein Zweifel, es war Lord John. Natürlich war er kein Lord. Er hatte seine Karriere in der Gosse begonnen und sie, was seine Charaktereigenschaften betraf, nie verlassen. Da er Repräsentationen und großes Auftreten liebte, nannte ihn die Unterwelt schlicht Lord John.
    Sein wirklicher Name war John Finnegan. Er gehörte zu den großen Drei der Syndikatsbosse. Es gab sogar Leute, die ihn für den größten hielten. Einstufungen dieser Art waren für mich ohne Bedeutung. Mir genügte, es zu Wissen, daß er ein Gangster war — brutal, hart und einflußreich.
    Ich fragte mich, was er von Vicky wollte. Außer Vicky wohnten zwar fünf Dutzend Menschen in dem Haus, aber ich war davon überzeugt, daß Lord Johns Besuch der jungen hübschen Witwe galt.
    »Na?« fragte der Mann hinter mir. Der Drück der Waffenmündung in meinem Rücken nahm zu. »Kennst du den Onkel da drüben?«
    »Nie gesehen«, antwortete ich.
    Das stimmte insofern, als mir Finnegan niemals persönlich begegnet war. Er lebte meistens in Miami Beach und überließ es seinen New Yorker Marionetten, die Organisation in Gang zu halten.
    »Du schwindelst wie ’n Profi«, höhnte der Mann hinter mir. »Ich wette, du bist einer. Habe ich recht?«
    »Vielleicht ein Profi der Narren«, knurrte ich mit gespieltem Unwillen. »Ich stehe hier, weil ich sehen will, ob mein Mädchen einen anderen empfängt. Was, zum Teufel, wollen Sie von mir? Darf ein saurer Liebhaber nicht mal seine Puppe kontrollieren?«
    »Für Märchenerzähler schwärme ich, seit meine Oma tot ist«, sagte er. »Die war darin auch ganz groß.«
    Ich beobachtete, wie Finnegan an die Haustür trat und klingelte. Ich sah nicht, welchen Knopf er berührte, aber mir fiel auf, daß der Türsummer sofort bedient wurde. Irgendwo hinter einem der dunklen Fenster hatte jemand auf diesen Besuch gewartet.
    Es gab für mich keinen Zweifel, daß der Mann hinter mir zu Lord John gehörte und den Auftrag hatte, die Umgebung abzusichern. Im nächsten Moment zog er die Waffe zurück.
    »Einen schönen Gruß von Ihrer Puppe«, höhnte er und knallte mir den Pistolenschaft gegen die Schläfe. Der harte, gezielte Schlag hätte sogar einen Elefanten umgeworfen. Ich ging zu Boden und vergaß, wer ich war.
    ***
    Als ich wieder zu mir kam, war ich geknebelt und gefesselt. Ich lag unter einer übelriechenden Wolldecke im Fond eines Wagens quer über dem Kardantunnel und spürte jede Unebenheit der Fahrbahn. Hinter meiner Stirn staute sich ein dumpfer, unangenehmer Druck.
    Es wurde eine lange Fahrt. Noch ehe wir stoppten, wußte ich, daß wir die Stadt weit hinter uns gelassen hatten. Zuletzt hatte es weder Ampelstopps noch die Geräusche entgegenkommender Wagen gegeben.
    Der Schlag wurde geöffnet, und zwei kräftige Hände zogen mich hinaus. Ich konnte das Gesicht meines Gegners nicht erkennen. Er hatte sich einen dünnen Wollschal bis unter die Augen gezogen. Ich konnte nur erkennen, daß der Mann groß und muskulös war und dunkle Augen hatte. Auf seinem Kopf saß ein kariertes Sporthütchen.
    Der Freund zerrte mich in die Dunkelheit; meine Schultern glitten über niedriges klatschnasses Gras. Dann ließ der Mann mich los. Ich hörte, wie er zum Wagen ging und davonfuhr. Ich wälzte mich herum, um wenigstens die Wagennummer zu erkennen, aber die Beleuchtung war nicht eingeschaltet. Erst nachdem der Wagen gut hundert Yard von mir entfernt war, blendeten die Scheinwerfer auf.
    Ich hatte keine Ahnung, wo ich mich befand. Während ich mich verzweifelt darum bemühte, die perfekt verknoteten Stricke zu lockern, drang langsam die Feuchtigkeit des Bodens durch meine Kleidung.
    Ich mußte immer wieder Pausen einlegen, um die Schmerzen abklingen zu lassen. Ich hatte das Gefühl, daß meine Haut in Fetzen von den Handgelenken herabhing. Endlich merkte ich, wie sich die Verknotung lockerte. Der Rest war einfach. Ich streifte die Stricke ab und befreite mich von dem Knebel.
    Als

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