Jerry Cotton - 0576 - Der Tod im Handgepaeck
bei der Gelegenheit. — Sagen Sie mal, Cotton — warum haben Sie sich eigentlich nicht irgendwo auf dem Land einen kleinen Drugstore gekauft, als es noch Zeit war?«
»Warum sind Sie nicht Revierförster in einem netten, kleinen stillen Wald geworden?« fragte ich zurück. Er nickte.
»Das frage ich mich manchmal selbst. Aber im Ernst: Wollen wir den Wagen wirklich auf diese Weise stoppen?«
»Nein. Einfach alles kaputtzumachen ist eine Lösung, auf die ich seit meiner Kindergartenzeit nicht mehr verfallen bin. Haben Sie einen Lautsprecher an Bord?«
Seine Miene hellte sich auf, und er nickte lebhaft.
»Seit ich manchmal bei der Verkehrsüberwachung aushelfe, ja. Das Mikrofon steckt links von Ihnen in der Halterung. Der rote Knopf schaltet die Anlage ein. Sie können damit notfalls gegen ein volles Baseballstadion anschreien. Aber glauben Sie, daß sich Bedrich gut Zureden läßt?«
»Das müssen wir versuchen.«
»Er fährt wirklich wie ein Verrückter«, knurrte der Pilot. »Sehen Sie sich das an!«
Wir waren wieder näher an den roten Wagen herangekommen. Er radierte durch die Kurven, daß auf den Banketten lange Staubfahnen stehenblieben.
»Der weiß noch gar nichts von seinem Glück, was?«
»Sieht so aus. Um so schneller müssen wir ’runter und ihm Bescheid sagen. Los!«
»Am besten ein wenig vor ihn setzen, damit er auch sieht, woher die Stimme kommt«, riet ich, und der Pilot nickte.
Jetzt zogen wir über ihm vorbei, aber eine Kurve brachte ihm einen leichten Vorteil.
»Noch mal!«
Wieder schob sich der Hubschrauber über das rote Dach. Ich konnte die Windschutzscheibe blitzen sehen. Ich nahm das Mikrofon an den Mund.
»Polizei! Stoppen Sie sofort. Sie haben Sprengstoff an Bord! Sie sind in höchster Gefahr!«
Nichts geschah. Unten auf der Straße schoß der Wagen dahin, und wir stoben über ihm mit unverminderter Geschwindigkeit durch die Luft.
»Mr. Bedrich — halten Sie an! In Ihrem Wagen befindet sich eine Dynamitladung!«
Er schien seine Geschwindigkeit noch zu steigern. Der Pilot zog unseren Hubschrauber steil hoch, und der rote Wagen verschwand.
»Was ist los?«
»Sorry. Da vorn kommt ein ziemlich hoher Fußgängerüberweg, den sich die Waldarbeiter und Forstleute gezimmert haben. Wir müssen drüber weg. Da — sehen Sie?«
Unter uns wölbte sich eine hölzerne Brücke über die Straße.
»Schaffen wir ihn wieder?«
»Natürlich. Mehr als hundert Meilen fährt der nicht.«
»Ich will es noch einmal versuchen.«
»Sicher«, nickte der Pilot. »Gleich haben wir ihn wieder.«
»Stoppen Sie sofort«, dröhnte ich hinunter. »Anderenfalls müssen wir Sie anhalten, Bedrich!«
Jetzt ging er merklich mit der Geschwindigkeit herunter. Wir blieben dicht über ihm. Vor uns wuchs uns eine ziemlich enge Kurve entgegen.
»Gleich sitze ich ihm auf dem Dach«, rief der Pilot. Die Kurve kam heran. Jiedrich nahm sie auf der Ideallinie. Neben mir nahm ich eine Bewegung wahr, einen plötzlichen Laut des Piloten — und dann riß es mich in meinen Gurten nach vorn, bis nahe vor die gewölbte Kunststoffverglasung der Kanzel. Ich flog zurück. Der Rotor begann sich in wild heulende Umdrehungen zu steigern, etwas peitschte an der Kabine vorüber, und dann trieb mich ein Höllenlärm tief in meinen Sitz hinein. Merkwürdigerweise schwand das Tageslicht um mich. Es wurde sehr, sehr still.
***
Bedrich hörte das Krachen hinter sich und konnte es sich nicht erklären. Für ihn war im Augenblick nur wichtig, daß dieser Hubschrauber plötzlich nicht mehr über ihm war, daß sich die Straße vor ihm weit öffnete und auf der anderen Seite des Tals in einen neuen und sehr dichten Wald hineinführte.
Rechts bot ein kleiner Seitenweg Schutz. Bedrich bremste langsam und überlegte. Er ließ den Wagen zwischen die Bäume rollen, ein ganzes Stück von der Straße entfernt, ehe er anhielt.
Seine Hände flogen, als er sie vom Steuer sinken ließ.
Neben ihm lag noch immer der Ampullenkoffer. Er öffnete den Deckel und sah die beiden letzten Glaskörper unverletzt in ihren Fächern. In der Brusttasche fühlte er die Wasserpistole in ihrem Plastiküberzug. Langsam wurde er ruhiger.
Aber dann packte ihn wieder die Erinnerung an die letzten Minuten. Was hatte der Hubschrauberpilot zu ihm heruntergebrüllt? Sprengstoff?
Er begann sich interessiert in dem fremden Wagen umzusehen. Hinten auf der Ladefläche lagen ein paar Päckchen, in dunkelblaues Papier gehüllt. Er brauchte die Aufschrift nicht zu lesen,
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