Jerry Cotton - 0580 - Toedliche Wetten
auf.
»Ja?« fragte eine weibliche Stimme aus dem Zwielicht hinter der Tür.
»Hopkins«, sagte ich und hielt ihr die Karte mit meiner angeblichen Privatdetektivlizenz hin. »Kann ich ein paar Minuten mit Ihnen sprechen?« fügte ich hinzu.
»Augenblick!«
Die Tür ging zu, ich hörte, wie sie die Sicherheitskette aushakte, und dann wurde mir endgültig geöffnet. Miß Farell führte mich in ein gemütliches Wohnzimmer, unterließ es aber, das Licht einzuschalten. Obgleich es mittlerweile halb neun Uhr abends geworden war und draußen schon die Straßenlaternen brannten.
»Macht es Ihnen etwas aus, das Licht einzuschalten?« fragte ich, denn ich wollte selbst einmal sehen, wie hart sie angegangen worden war. Außerdem empfiehlt es sich immer, das Gesicht des Menschen zu sehen, dem man aus beruflichen Gründen ein paar Fragen vorzulegen hat.
»Wenn es sein muß«, seufzte sie. »Aber erschrecken Sie nicht. Ich — ich hatte eine private Meinungsverschiedenheit mit jemandem, der immer gleich handgreiflich wird.«
Sie knipste die Deckenbeleuchtung an. Nur zögernd wandte sie sich mir wieder zu. Ihr linkes Auge war fast zugeschwollen. Rechts am Unterkiefer gab es eine kleine Platzwunde.
»So privat scheint mir diese Auseinandersetzung gar nicht gewesen zu sein«, sagte ich ein bißchen scharf.
Sie erschrak, spielte sinnlos mit einer Porzellanfigur und räusperte sich, bevor sie sprechen konnte.
»Wieso?«
Ich lenkte wieder ab, um sie ein bißchen durcheinanderzubringen.
»Leben Sie allein hier?«
»Nein. Das Haus gehört meiner Mutter. Sie ist in Kalifornien bei meiner Schwester, die dort verheiratet ist. Mein Vater ist vor vier Jahren mit einem Flugzeug abgestürzt.«
»Also sind Sie augenblicklich allein hier?«
»Ja, allerdings. Warum?«
Sie wandte mir halb den Rücken zu, während sie die Porzellanfigur auf dem Kaminsims hin und her schob.
»Haben Sie keine Angst?« erkundigte ich mich. »Ich meine, nach allem, was Ihnen da passiert ist?«
Ihre Haltung wurde steif.
»Mir ist nichts passiert«, sagte sie störrisch. »Jedenfalls nichts, was die Polizei zu interessieren hätte. Das habe ich den beiden Beamten schon gesagt, die heute im Office plötzlich aufkreuzten. Das ist eine strikte Privatsache, und die Polizei hat kein Recht, sich in private Dinge einzumischen.«
»Hm«, brummte ich. »Je nachdem, wie privat diese privaten Dinge wirklich sind, Miß Farell. Wenn eine Sekretärin in einer Regierungsdienststelle illegale Dinge tut oder wenigstens begünstigt, dann müßte sich die Polizei wohl doch schon dafür interessie…«
Ich kam nicht weiter. Es krachte, Splitter vom Fenster flogen uns um die Ohren, und ich sah, wie sich Alice Farell aufbäumte.
Mit einem weiten Satz war ich bei ihr, schlang beide Arme um sie und riß sie mit mir zu Boden. Ich ließ sie los und wollte zum Lichtschalter. Wer von außen in ein beleuchtetes Zimmer hineinschießt, hat geradezu ideale Zielverhältnisse. Aber da krachte es schon wieder. Eine Kugel zischte eine knappe Handbreit neben mir in den Teppich.
Der Kerl mußte uns sehen können. Ich riß den Revolver heraus und jagte drei Schüsse durch das zerborstene Fenster hinaus. Es war mir, als hörte ich einen halb unterdrückten Aufschrei. Mit einem Satz war ich am Lichtschalter und knipste. Für einen Sekundenbruchteil stand ich in absoluter Finsternis da, dann nahmen meine Augen den schwachen Lichtschein wahr, der von der Straßenbeleuchtung hereindrang. Ich hastete zum Fenster, stieß gegen einen Sessel und erreichte doch noch mein Ziel. Vorsichtig lugte ich hinaus.
Draußen huschte ein Schatten von einem Baum weg. Ich fegte mit dem linken Ellenbogen eine große Glasscherbe aus dem Rahmen und schwang mich hinaus. In dem Blumenbeet unter dem Fenster landete ich weich. Der Schatten war fast vorn an der Straße angekommen.
»Halt!« rief ich gellend. »Stehenbleiben! Oder ich schieße!«
Es blitzte auf. Eine Kugel klatschte einen halben Yard neben mir gegen die Hauswand. Ich drückte ebenfalls ab, während ich gleichzeitig den Kopf einzog. Man'weiß ja nie, wohin ein Quer-. Schläger surrt. Der Schatten vorn schien im Erdboden zu verschwinden.
Ich stieß mich ab und jagte geduckt durch den kleinen Vorgarten. Auf der Straße stand mit laufendem Motor ein gelber Mercury. Ich drückte mich halb hinter eine Rosenhecke. Der Motor des Mercury sprang an. Ich konnte das Kennzeichen erkennen: MIP 372. Der Wagen fegte davon.
Ich kroch- vorsichtig hinter meinem
Weitere Kostenlose Bücher