Jerry Cotton - 0584 - Du musst toeten Cotton
werden.«
»Wo ist das Reservierungsbüro?« fragte ich schnell dazwischen.
Sie erklärte mir den Weg, und während ich durch die Gänge und Hallen hastete, mit einer Rolltreppe hochfuhr und nach dem Office suchte, überlegte ich mir alles noch einmal. Endlich hatte ich einen Hoffnungsschimmer. Wenn der Mann, mit dem ich gesprochen hatte, 100prozentig wußte, mit welchem Zug der Mann kommen sollte, für den ich den Mordauftrag hatte, dann mußte jedes Risiko ausgeschaltet sein. Der Mann aus Chicago, der den Gangstern aus irgendwelchen Gründen im Wege stand, mußte seinen festen Platz im Zug haben. Sicher war also sein Ticket vorbestellt gewesen.
Im Reservierungsbüro zeigte ich noch einmal meine Dienstmarke vor.
Der Bahnangestellte hieß Hammer. Er war vollschlank, hemdsärmelig und freundlich und trug einen grünen Blendschutz auf der Stirn.
Ich erklärte ihm in kurzen Worten, was er wissen mußte. Er griff zum Telefon und gab alles weiter.
Fünf Minuten später wußte ich Bescheid. Für den Expreß, der in dieser Nacht von Chicago nach New York raste, waren 54 Schlafwagenkabinen vorbestellt gewesen, und zur Stunde waren 118 Kabinen belegt. Von den 54 Passagieren, die Kabinen vorbestellt hatten, waren 38 Männer.
Einer von ihnen sollte ermordet werden.
»Ich brauche die Namen der Vorbesteller!« sagte ich.
Der Beamte schüttelte den Kopf. »Die haben wir nicht. Die haben die Reservierungsbüros in den großen Bahnhöfen an der Strecke, soweit nicht Chicago reserviert hat.«
»Können Sie sich die Namen von Chicago geben lassen?«
»Nein, Sir, das ist mir nicht möglich!« sagte er bedauernd. Aber wenigstens ließ er mich telefonieren.
Ich erreichte Phil in unserem Office und sagte ihm hastig Bescheid. Er mußte sich sofort mit unseren Kollegen in Chicago in Verbindung setzen und, soweit es überhaupt möglich war, die männlichen Passagiere von der Reservierungsliste überprüfen lassen.
Neun Stunden hatte ich, wie mir ein Blick auf die Uhr zeigte, noch Zeit, den Mord zu verhindern, den ich begehen sollte.
***
Candy, der Wirt der Kneipe im Keller des verfallenen Hauses zwischen zwei Neubauten in der Pearl Street, schaute unbehaglich auf die neuen Gäste.
»Hallo Candy«, grunzte der fast 200 Pfund schwere, pockennarbige Gangster, der in seinen Kreisen nur unter dem Namen »Dynamit« bekannt war.
»Hallo, Candy«, fistelte Dynamits Begleiter, der zwar nur halb so groß und halb so schwer wie der Pockennarbige war, aber mindestens ebenso gefährlich. Diesen Ruf verdankte er seinen Fähigkeiten als Pistolenschütze und Messerstecher.
»Hallo«, brummte Candy und versuchte, den beiden ein Zeichen zu geben. Sie bemerkten es offenbar nicht.
»Ich mache gleich meinen Laden dicht«, fügte Candy deshalb hinzu, obwohl er noch nicht an Feierabend dachte.
»So«, stellte Dynamit nur fest und schob dabei den Mann zur Seite, vor dem Candy ihn warnen wollte.
Dieser Mann war Ed Wilcox, Detective Sergeant bei der New York City Police.
Wilcox kannte die beiden Gangster. Deshalb beobachtete er interessiert Candys Bemühungen, die beiden schnell wieder loszuwerden.
»Für einen anständigen Whisky für jeden von uns wird deine Zeit noch reichen«, stellte der »Sänger«, wie der Mann mit der Fistelstimme in der Unterwelt genannt wurde, bösartig fest.
»Ich habe nur noch meine Hausmarke da«, behauptete Candy in der Hoffnung, mit der Ankündigung dieses schlimmen Getränks die unwillkommenen Gäste zu vertreiben.
»Schenk ein!« sagte Dynamit. »Wenn das nicht ganz schnell passiert, bekomme ich den Eindruck, daß du uns nicht gern siehst.«
Candy versuchte noch einmal, einen warnenden Blick anzubringen. Zu seinem Pech brachte er bei diesem Versuch nur ein komisches Schielen zustande.
Dynamit verstand es falsch. Sein Eindruck, daß der Kneipenwirt ihn nicht gern sähe, verstärkte sich. Der Pockennarbige nahm sich vor, den Gastwirt dafür auf seine Art zu bestrafen.
Seufzend schenkte Candy die zwei Whisky ein.
»Du hast deine Hausmarke in neuen Flaschen, was?« fragte der Sänger lauernd.
»Zwei Whisky machen einen halben Dollar«, gab Candy bekannt. Noch immer hoffte er, die beiden Gangster schnell wieder loszuwerden.
»Noch zwei!« grunzte Dynamit. »Oder hast du Angst, daß du dein Geld nicht bekommst?«
Mit diesen Worten warf er lässig einen 20-Dollar-Schein, den er aus seiner Brusttasche gefingert hatte, auf die Theke. Candy griff sofort nach dem Schein, faßte ihn an und ließ ihn wieder
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