Jerry Cotton - 0585 - Das Superding um Mitternacht
Luger-Brüder sind von größerem Zuschnitt. Conway und Mallory haben jede Menge Vorstrafen. Conway hat bald Jubiläum, 100 Verhaftungen!«
Mr. High begrüßte uns freundlich. »Setzen sie sich!« Er räusperte sich und sah uns an. »Wie steht die Sprengstoffsache?« fragte er ernst.
»Bisher drei Tote«, sagte ich und gab einen ausführlichen Bericht, allerdings ohne jede persönliche Bemerkung.
Doch Mr. High kannte mich lange genug und lächelte fein. »Sie interessieren sich für diese Geschichte, Jerry?«
»Nun ja«,stimmte ich vorsichtig zu. »Ich kläre gern Verbrechen auf. Aber noch lieber versuche ich, welche zu verhindern.«
»Du bist ein Egoist«, raunte Phil mir zu, »ich bin auch noch da.«
»Mir scheint, da wird ein großes Verbrechen vorbereitet. Das ist doch auch Ihre Ansicht?«
Wir nickten beide.
»Sie kennen die Beteiligten besser«, fuhr der Chef fort. »Was haben die Gangster vor?«
»Erpressung, Attentate oder Bankraub«, sagte ich überzeugt.
»Gehen wir die einzelnen Möglichkeiten durch! Was spricht für die Erpressung?«
»Die Menge des gestohlenen Sprengstoffes. 40 Pfund reichen für große Gebäude, Straßenbrücken, Hafenanlagen, um nur einige zu nennen. Die Kerle deponieren irgendwo eine Ladung und fordern Lösegeld. Alles schon dagewesen.«
»Dagegen spricht nur der große Aufwand an Personal«, sagte Phil. »Für so einen Job genügen drei, vier, allenfalls fünf Mann.«
Mr. High nickte. »Und Attentate?«
»Die würden schon laufen«, meinte ich, »für die Vorbereitungen braucht man keine drei Wochen.«
»Bleibt also Bankraub als wahrscheinlichste Möglichkeit?«
»Das ist auch meine Ansicht«, bestätigte ich. »Die Kerle graben einen Tunnel, das braucht Zeit. Aber lange kann es nicht mehr dauern.«
»Und nach den Lehmspuren an der Leiche des ermordeten Mallory graben die Gangster in South Manhattan oder Brooklyn?«
»Ja. Wahrscheinlich in South Manhattan. In Brooklyn gibt es nicht so viele Banken. Zumindest keine, die fünf Millionen in den Tresoren haben.«
»Gut«, nickte Mr. High, »diese Sache hat ab sofort Vorrang. Versuchen Sie die Bank zu ermitteln, die beraubt werden soll!«
»Vielleicht mit dem Computer?« schlug ich vor.
»Die Idee ist nicht schlecht. Suchen Sie alle Angaben zusammen, die schon verfügbar sind! Leere Lagerhäuser in der Umgebung von Banken, U-Bahnschächte, die nahe daran vorbeiführen. Und vergessen Sie die Kanalisation nicht! Die Bande kann von überall herkommen.«
»Das ist ja gerade die Schwierigkeit. Und alle großen Banken liegen unten in Manhattan.«
»Versuchen Sie es trotzdem!«
In unserem Office studierten wir die Akten. Wir hofften, irgendeinen Hinweis zu finden.
»Dieser Mallory hat eine Schwester«, sagte Phil. »Elisabeth Milton, verheiratet mit einem Mann namens Patrik Milton. Keine Adresse dabei.«
»Die kann überall wohnen oder schon lange tot sein«, sagte ich.
»Oder auch nicht«, widersprach Phil. »Ich lasse mal im Archiv nachsehen.« Die Idee war großartig. Mallorys Schwager Patrik Milton war vorbestraft. Die Sache lag zwar zehn Jahre zurück, aber immerhin — schwerer Einbruchsdiebstahl ist keine harmlose Angelegenheit. Eine Adresse war auch angegeben, und wir beschlossen, uns die Leute gleich morgen früh anzusehen.
***
Auf einem der Parkplätze am Hafen stellte ich den Jaguar mitten zwischen den riesigen Trucks ab, die dort auf ihre Ladungen warteten. Wir mußten ein halbes Dutzend Leute fragen, ehe wir durch einen finsteren Hinterhof über Geröll und altes Gerümpel die richtige Tür fanden. Sie war frisch gestrichen und hob sich irgendwie merkwürdig von dem trostlosen, verwitterten Rot der alten Backsteine und den blinden, verdreckten Fenstern der übrigen Wohnungen ab.
Mir kam jetzt erst zu Bewußtsein, daß ich wieder einmal eine traurige Nachricht überbringen mußte. Und wie immer bei solchen Gelegenheiten, fühlte ich mich gar nicht behaglich.
Ich hatte wohl unbewußt etwas gezögert, und so klopfte Phil an die Tür. Sekunden später wurde sie geöffnet.
Ich weiß nicht genau, was ich erwartet hatte, aber auf keinen Fall hatte ich damit gerechnet, hier eine Frau vorzufinden, die wie eine normale amerikanische Hausfrau von Mitte 30 aussah: nett, sauber und gepflegt, mit gekämmtem Haar und nicht im Morgenrock.
Sie sah uns aufmerksam an und gab dann die Tür frei. »Bitte, kommen Sie herein!«
Wir betraten eine geräumige, aufgeräumte Wohnküche, die sehr behaglich eingerichtet war. Alle
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