Jerry Cotton - 0589 - Ein Toter stellt die Falle
seinem Zaster kann er ’ne ganze Armee aufstellen, um uns zu jagen. Burschen wie er sind rachsüchtig. Ich habe ihn so bearbeitet, daß er die nächsten Wochen nicht richtig laufen kann. Das vergißt der nicht. Es wäre wirklich besser…«
»Du würdest mir jetzt helfen, die Wohnung zu filzen«, schnitt Helen ihm das Wort ab. »Wir nehmen, was sich versilbern läßt. Aber es kommt nicht in Frage, daß wir ihn stumm machen.«
Sie hatte die Führung übernommen. Leeds gehorchte. Er war hinterhältig und grausam. Er vermochte sich mit brutalen Mitteln durchzusetzen. Aber Format hatte er nicht. Helen war härter und gerissener. Helen plante und organisierte. Leeds spürte, daß es gut war, ihre Anordnungen zu befolgen. Es störte ihn nicht, daß eine Frau kommandierte. Wir sind Partner, sagte er sich. Sie war meine Freundin. Sie wird es bald wieder sein. Und wenn sie die besseren Vorschläge macht — mir ist recht, was uns weiterbringt.
Sie durchsuchten die Wohnung. Helen fand Ash’ Brieftasche im Schreibtisch. Sie enthielt 800 Dollar. Sie nahmen außerdem ein Feuerzeug aus Gold, mit einem Stern aus Diamanten verziert, einen Ring und eine 45er Colt-Automatik mit zwei Reservemagazinen mit.
Zu Ash, der zusämmengesunken in seinem Sessel hing, sagte Helen: »Die Fessel abzustreifen, dürfte dir nicht schwerfallen, sobald du dich erholt hast. Du wirst also hier nicht eingehen.«
Mit einem gewissen Bedauern sah sie sich noch einmal in der Luxuswohnung um. So etwas — das hatte sie sich immer erträumt. Aber vielleicht… Wenn sie erst die Diamanten hatte… Die Beute, davon war sie jetzt überzeugt, steckte noch in dem Haus am Central Park, steckte dort seit mehr als sechs Jahren, verborgen von einem Mann, der vier Menschen getötet hatte und selbst im Kugelregen von Polizisten zusammengebrochen war.
Helen ging zur Tür. Der weiche Teppich streichelte ihre Füße. Leeds 'wartete in der Diele. Grinsend schob er sich den 45er unter die Jacke.
»Der Portier wird sich wundern, wo ich mit meinem Kaffeegeschirr so lange geblieben bin. Wahrscheinlich hat er mich vergessen.«
Er öffnete die Tür nur einen kleinen Spalt, um erstmal auf den Flur zu spähen. Im nächsten Moment knallte ihm das schwere Holz, wuchtig von außen aufgestoßen, gegen den Schädel. Brüllend taumelte er zurück. Die Tür prallte gegen die Wand.
Zwei Männer drängten herein.
»Was ist denn…« Die Frage erstarb Bessner auf den Lippen. Sein Blick hakte sich an Leeds’ Gesicht fest, und schlagartig färbte sich Bessnors Schweinshaut um einen Schein dunkler.
Helen war starr vor Schreck. Das Frettchengesicht des Kleinen grinste sie an, tückisch, mit feuchten Lippen.
»Mortimer«, knurrte Bessner, »hier stimmt was nicht.« Dann lag wie hingezaubert eine Pistole in seiner Hand. »Den Scheich kenne ich.« Er deutete auf Leeds, der sich, einen roten Fleck auf der Stirn, nicht zu rühren wagte.
Mortimer Aiston sagte: »Paß du auf die beiden auf. Ich seh’ mal nach dem Boß.«
Er verschwand hinter der Tür zum Wohnraum. Helen spürte, wie ihre Knie zitterten.
***
Wieder tobte der Schmerz unter meinen Rippen. Aber ich biß die Zähne zusammen und blieb senkrecht. Vor der Mündung meines 38ers, durch die Breite des Zimmers entfernt, stand Osborn Greely, der Syndikatsboß.
Er lächelte. »Wey auch immer Sie sind, Mann. Packen Sie die Kanone wer. Ich tue Ihnen nichts.«
»Miß Lipkin.« Ich trat etwas zur Seite, so daß sie an mir vorbei ins Zimmer sehen konnte. »Gehört der zu Ihren Freunden, oder rufen wir gleich die Polizei?«
Sie legte mir die Hand auf den Arm. »Es ist gut, Mr. Ryan«, hörte ich ihre Stimme neben mir. »Ich kenne Mr. Greely.« Dann, zu ihm gewandt: »Hallo, Osborn.«
»Hallo, Ida. Wen bringst du denn da angeschleppt?«
»Sag erst mal, wie du in meine Wohnung kommst?«
Er lächelte, einen Hauch von Ironie in den Augen.'Wer ihn kannte, hielt es für unmöglich, daß dieser Mann Millionenumsätze mit Rauschgift und illegalen Spielklubs machte. Was auf seine Weisung geschah, reichte für tausend Jahre Zuchthaus.
»Du weißt doch, Ida, daß ich zaubern kann. Um dein Türschloß zu öffnen, braucht man nur eine Büroklammer. Damit du nicht erschrickst, habe ich in der Diele das Licht brennen lassen.« Langsam rutschte das Lächeln von dem glatten Gesicht. »Ich habe dringend mit dir zu sprechen, Ida. Was ist mit ihm?« Dabei zeigte er auf mich.
»Ich habe ihn auf gelesen.«
»Verstehe ich nicht.«
»Er war halbtot,
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