Jerry Cotton - 0596 - Ein Koeder fuer den Killer
war.
Ich mußte jetzt die richtige Lorraine Dupont aufsuchen und herausfinden, weshalb meine gut gewachsene, leidenschaftlich küssende Unbekannte sich ausgerechnet für diesen Namen entschieden hatte.
Ehe ich losiühr, verständigte ich das District Office vom Stand der Dinge. Mir graute es beim Gedanken an den nächsten Morgen im Office. Mein Freund und Kollege Phil Decker hatte eine scharfe Zunge. Das Geschehen im Motel würde ihm mehr als genug Gelegenheit bieten, sie mir in ihrer Glanzform zu zeigen.
Noch war die Nacht nicht zu Ende. Ich hatte die Chance, dieses und jenes zurechtzubiegen. Ich bezweifelte allerdings, daß ich so rasch zum Zuge kommen würde. Dafür war die Situation einfach zu verworren.
Ein Mädchen, das sich als Lorraine Dupont ausgegeben hatte, war bereit gewesen, der Polizei als Köder für den Liebespaarmörder zu dienen. Die falsche Lorraine war mit mir in dem Motel abgestiegen und hatte, wie es schien, die von ihr verlangte Rolle geradezu musterhaft gespielt.
Nach dem Schrei war sie spurlos verschwunden. Als ich sie suchte, war ich auf eine weibliche Leiche gestoßen, die genau wie die angebliche Lorraine Dupont gekleidet gewesen war.
Hatte die falsche Lorraine Dupont die Unbekannte getötet? Das bezweifelte ich. Ich bezweifelte aber auch, daß die Fremde geschrien hatte.
Aber wer war es dann gewesen, der den Schreckensruf von sich gegeben hatte.
Wo war die Fremde ermordet worden, von wem und warum? Und was war aus der falschen Lorraine geworden?
Im Moment schien es so, als wären die Beamten nur deshalb in das Motel gelockt worden, um das tote Mädchen zu finden. Aber warum dieser Aufwand? Und weshalb hatte sich die falsche Lorraine Dupont für die Aktion hergegeben? Sie mußte doch damit rechnen, daß man sie finden und identifizieren würde!
Am schlimmsten war das Fehlen eines plausiblen Motivs. Das Tatmotiv ist die Grundlage aller kriminalistischen Ermittlungen. Wenn es fehlt, tappt man im dunkeln.
Ich fuhr zurück nach New York.
Als ich vor dem Haus in der St. Nicholas Avenue stoppte, war es zwei Uhr vierzig.
Der Lift brachte mich ins erste Stockwerk. Die Duponts bewohnten hier die ganze Etage. Der mit Marmorplatten verkleidete Flur ließ etwas von den Mietkosten ahnen, die die Familie für das Apartment aufbringen mußte. Ich klingelte.
»Na, endlich«, sagte das Mädchen, das mir öffnete. »Ich dachte schon, Sie wollten mich bis zum Frühstück warten lassen.«
Lorraine Dupont war hochgewachsen und schlank. Sie war hübscher als die falsche Lorraine, aber ihrer Figur fehlten die provozierenden Kurven.
Lorraine Dupont führte mich ins Wohnzimmer. In der Luft hing der Rauch von vielen Zigaretten. Der Ascher war fast randvoll. Ich stellte fest, daß nur ein Drittel der Zigarettenstummel von Lippenstiftrot verfärbt war.
»Ihr Besuch ist schon gegangen?« erkundigte ich mich.
»Keineswegs«, sagte in diesem Moment eine harte, männliche Stimme hinter mir. Ich wandte mich um. Die Tür zum Nebenzimmer hatte sich geöffnet. Auf ihrer Schwelle stand ein etwa fünfundzwanzigjähriger Mann.'Er war dunkelhaarig und schlank und trug einen Anzug, der nach der neuesten Mode geschnitten war.
»Das ist Terry Ambush, mein Verlobter«, stellte mir das Girl den jungen Mann vor.
Er kam auf mich zu. »Ich wäre schon gegangen«, sagte er und musterte mich mißtrauisch, »aber Sie werden verstehen, daß ich Lorraine nicht dem Risiko aussetzen wollte, um diese Zeit mit einem Unbekannten zusammenzutreffen. Sind Sie in der Lage, sich auszuweisen?«
Ich zeigte ihm meine ID-Card. Der junge Mann entspannte sich.
Er brachte sogar ein Lächeln zustande. »Ich hoffe, Sie sind mir nicht böse — aber nächtlichen Anrufern gegenüber ist nun mal Skepsis geboten.«
»Das geht in Ordnung«, sagte ich zu ihm und wandte mich dem Mädchen zu. »Ich habe Ihnen erklärt, was mich herführt. Dürfte ich Sie um Ihren Ausweis bitten? Ehe ich ein paar Fragen an Sie richte, muß ich mich davon überzeugen, daß ich mit der richtigen Lorraine Dupont spreche.«
Lorraine Dupont trat an eine Spiegelkonsole, auf der ihre Krokodillederhandtasche stand. Das Mädchen trug ein sehr kurzes schulterfreies Kleid aus grünem Chiffon. Es hätte ihr zweifellos besser gestanden, wenn sie ein bißchen Farbe gehabt hätte. Das Mädchen hatte eine zarte, sehr weiße Haut, die seit Monaten nicht mit Luft oder Sonne in Berührung gekommen zu sein schien.
, Das Girl brachte mir ihren Paß. Ich prüfte ihn sorgfältig. Er
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