Jerry Cotton - 0599 - Zur Cocktailparty Handgranaten
»Falls Sie um Mitternacht noch zu Ihrem Geld kommen wollen, müssen Sie mich jetzt endlich in Ruhe lassen. Ich habe noch ’ne Menge zu erledigen.« Zucchi zog Roberto, den -Mann, der mich beim erstenmal abgeholt hatte, und Paolo, den großen Spezialisten für die Herstellung von Tomatensoßen, zur Seite, flüsterte mit ihnen und erteilte ihnen offensichtlich Befehle. Dann verabschiedete er sich von mir, als wäre es ein Abschied fürs Leben.
Roberto und Paolo nahmen mich sofort in die Mitte. Nur Roberto sprach Englisch. »Wir stehen ganz zu Ihrer Verfügung, Roy.«
»Warten Sie hier zehn Minuten auf mich. Ich komme sofort zurück.«
»O nein! Selbstverständlich werden wir Sie begleiten.«
Ich mußte einsehen, daß es keine Möglichkeit gab, die Burschen loszuwerden. Der große Gangstefboß im fernen Amerika hatte ein paar Sicherungen eingebaut. Er hatte nicht mir, sondern Zucchi den genauen Treffpunkt genannt, und ich war jetzt schon überzeugt, daß dieser Treffpunkt ein schönes Stück von Inspektor Roncos altem Leuchtturm entfernt liegen würde.
Zucchi trotzdem abzufangen, würde nach meiner Ansicht nicht schwierig sein. Mein Risiko würde nicht viel größer, wenn die entscheidende Begegnung mit Enrico Zucchi ohne Polizei in der Nähe stattfand. Andererseits verdarb ich mir alle Chancen, an The Greatest heranzukommen, wenn ich nicht weiter mitmachte.
»Also gehen wir«, sagte ich mit einem resignierenden Achselzucken. »Nehmen Sie das Steuer, Bob! Fahren Sie mich in die Via Drusus.«
»Wohin wollen Sie dort?«
»Banco Ligure!«
Roberto strahlte über das ganze Gesicht. »Ah, Sie holen das Geld. Benissimo!«
Als wir vor dem Bankgebäude stoppten, stieg er mit mir aus und begleitete mich in die Bank. »Als Dolmetscher«, erklärte er grinsend.
Der Angestellte am Tresorschalter konnte leidlich Englisch. Roberto blieb trotzdem an meiner Seite.
»Ich möchte den Inhalt des Tresors 466 abholen.«
Der Clerk überprüfte eine Liste. »Der Inhalt von 466 wird nur bei Nennung eines Stichwortes ausgeliefert.« Er sah mich mit leichtem Mißtrauen an.
»Roy Conway! Das ist das Stichwort!« Umständlich verglich er. »In Ordnung!« Er telefonierte. »Bringen Sie den Inhalt von Tresörfach 466 an den Schalter!«
Nach einigen Minuten brachten zwei Clerks einen mittelgroßen dunkelbraunen Koffer. Sie legten ihn auf den Schaltertisch.
»Bitte, überzeugen Sie sich, daß das Siegel unverletzt ist!«
An zwei Stellen war der Koffer mit bunten Papierstreifen versiegelt, die über die Schlösser geklebt worden waren. Zwei kräftige Schlüssel hingen an einem Draht am Griff.
»Alles okay«, sagte ich und nahm den Koffer vom Tisch. Er war nicht besonders schwer. Roberto blieb dicht an meiner Seite. »Viele schöne Dollar«, seufzte er, »und das meiste davon ist für Enrico. Schade, nicht wahr?«
Ich grinste ihn an. »Wenn du abspringen willst, so bin ich nicht der richtige Partner.«
Er wehrte mit erhobenen Händen ab. »Nur ein Gedanke!«
»Wo warten wir bis Mitternacht?«
»Ich weiß eine kleine Trattoria, in der es einen vorzüglichen Wein gibt!«
Lächelnd schüttelte ich den Kopf. »Erstens, mein Freund, werde ich dir keine Chance geben, mir den Wein mit einem Schlafmittel zu versüßen, und zweitens gehe ich nicht mit dir in eine einsame Kneipe, in der du und deine Leute mir in Ruhe eins über den Schädel geben können.« Ich klopfte auf den Kofferdeckel. »Wer viel Geld bei sich trägt, soll sich an belebten Plätzen aufhalten. Fahr mich zur Via Veneto!«
Wir stiegen in den offenen Fiat. Ich hielt den Koffer auf den Knien. »Versucht nicht, irgendwo anders hinzufahren.«
Ich legte die Hand auf die linke Jackenseite, als trüge ich dort nach Gangsterart eine Kanone. In Wahrheit steckten an dieser Stelle nur die fünftausend Dollar.
»Ich bin verdammt schnell, und wir in den Staaten halten uns nicht mit der Vorrede auf, wenn wir merken, daß jemand uns ’reinlegen will.«
Ich gab mir Mühe, so grimmig auszusehen wie ein Kopfjäger in einem Italo-Western. Dann wechselte ich in ein gemütliches Grinsen und erklärte: »Jetzt wollen wir uns die hübschen Dollar erst einmal ansehen.« Ich fetzte die Papierstreifen weg, drehte einen Schlüssel vom Draht und probierte ihn. Er paßte nicht in die Schloßöffnung.
»Hat Ihr Boß Sie nicht informiert?« fragte Roberto sanft, aber mit deutlicher Schadenfreude. »Diese Schlüssel passen zum Koffer, den Zucchi Ihnen überreichen wird. Die Schlüssel für Ihren
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