Jerry Cotton - 2903 - Das Haus der 1000 Augen
wir es schon beinahe erwartet hatten, war es vor kurzem aufgebrochen worden.
Er nahm ein Taschentuch heraus, schob die Tür vorsichtig auf und schaltete das Licht ein. Vor uns lag ein Mediencenter mit modernster Technik – beziehungsweise was davon übrig geblieben war. An der Wand rechts von der Tür stand ein großer Schreibtisch mit Anschlüssen für einen Rechner und ein anderes technisches Gerät. Die Kabel lagen noch dort, doch die Geräte selbst waren weg. Der teure 24-Zoll-OLED-Bildschirm hingegen stand auf seinem Platz.
An der gegenüberliegenden Wand waren Regale angebracht, und anhand der Staubumrandungen auf den Brettern war deutlich, dass sie voller DVDs gewesen waren, von denen jedoch keine einzige mehr vorhanden war.
Der Tür gegenüber stand ein Sofa, so ausgerichtet, dass man von dort bequem den großen Bildschirm sehen konnte, und in Reichweite befand sich ein Minikühlschrank.
Was mich jedoch am meisten überraschte, waren die beinahe lebensgroßen Poster nackter Frauen an den Wänden – Frauen, mit denen ich erst kurz zuvor gesprochen hatte. Miss Delany war ebenso vertreten wie Miss Gomez und Miss Duncan. Doch die Aufnahmen wirkten nicht professionell. Die Auflösung war sehr gering und die Frauen waren sich offensichtlich nicht bewusst, dass sie fotografiert worden waren.
Die Poster waren fest auf die Kellerwand geklebt. An einigen Stellen war versucht worden sie abzureißen, doch dazu hätte es schon einigen Aufwands bedurft.
»So ist das also«, sagte Phil angewidert. »Der Spanner hat sie heimlich fotografiert.«
»Es scheint so. Nur leider rechtfertigt das keinen Mord«, erwiderte ich und fühlte ebensolche Abscheu wie Phil.
Wir schauten uns um, so gut es ging, ohne irgendetwas zu berühren. Dies war ein Fall für die Crime Scene Unit. Wir konnten nur hoffen, dass der Dieb irgendwelche Spuren zurückgelassen hatte, die uns weiterbrachten.
Ich erledigte den Anruf bei der Crime Scene Unit und wir warteten, bis die Mitarbeiter eintrafen. Phil nutzte die Zeit, um uns in einem nahe gelegenen Coffee Shop einen Kaffee zu holen.
Als die Ermittler der Crime Scene Unit da waren und das Feld übernahmen, fuhren wir zurück zum FBI Field Office und erstatteten Mr High Bericht. Anschließend schauten wir, ob der Obduktionsbericht von Baxter schon da war, allerdings vergeblich. Daher rief ich bei Dr. Carter an und er versprach mir, ihn im Laufe des nächsten Tages zu senden.
Das Team der Crime Scene Unit, das den Keller unter die Lupe nahm, war etwas mehr auf Zack. Kurz nach meinem Gespräch mit Dr. Carter rief mich Lionel Bradshaw, der das Team leitete, das wir zur Untersuchung von Baxters Keller angefordert hatten, an und informierte uns, dass sie diverse Fingerabdrücke sowie ein langes, schwarzes Haar gefunden hatten.
Sie waren gerade dabei, von allen Bewohnerinnen Fingerabdrücke und DNA-Proben zu nehmen, und wollten sie so schnell wie möglich vergleichen. Er sagte mir zu, dass wir die Ergebnisse an folgenden Morgen auf dem Tisch haben würden.
Wir brachten noch unsere Notizen über den Fall auf den neusten Stand und machten dann Feierabend.
***
Wie versprochen erwartete uns am nächsten Morgen der Bericht von Bradshaw. Einige der Fingerabdrücke hatten zugeordnet werden können. Neben denen von Mr Baxter selbst gab es welche von einer unbekannten Person und welche von Emilia Duncan, Lisa Briander und Maria Gomez – also der drei Frauen, die zur Tatzeit anwesend gewesen waren. Auch das Haar war von Miss Gomez.
»Hab ich es mir doch gedacht«, kommentierte Phil, während er den Bericht las. »Die haben was damit zu tun.«
»Ja, nur reicht ein Einbruch im Keller des Opfers nicht aus, um einen Mord nachzuweisen«, wandte ich ein. »Da müssen wir schon mehr haben. Aber auf jeden Fall reicht es, um Durchsuchungsbefehle zu bekommen, und wenn wir bei einer der Frauen die gestohlenen Filme und Computer finden, sieht die Sache schon anders aus.«
»Okay, kümmere du dich um die Durchsuchungsbefehle, dann informiere ich kurz Mr High, und anschließend machen wir uns direkt auf den Weg«, schlug er vor und war schon aus der Tür, bevor ich antworten konnte.
Als die Formalitäten erledigt waren, fuhren wir los. Der Berufsverkehr hatte sich größtenteils gelegt, sodass wir relativ zügig durchkamen. Lediglich auf der Brooklyn Bridge gab es leichte Verzögerungen.
An der Orange Street erwartete uns ein Team von Beamten, um uns bei der Durchsuchung zu unterstützen. Wir wiesen sie kurz ein,
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