Jerry Cotton - 2903 - Das Haus der 1000 Augen
verfeinert und verkauft. Und als dort nichts mehr zu holen war, also nach Baxters Tod, hat er alle Daten in der Cloud gelöscht, wohl in einem Versuch, die Spur zu sich selbst zu vernichten.«
»Verstehe«, meinte Phil. »Und wusste Baxter davon, dass Rothschild seine Daten angezapft hat, oder nicht?«
Michael zuckte bedauernd mit den Schultern. »Das kann ich nicht sagen. Wenn man sich auskennt, kann man herausfinden, dass sich jemand in die eigenen Dateien eingehackt hat, und kann das zum Hacker zurückverfolgen. Falls Baxter sich also gut genug auskannte, könnte er es herausgefunden haben, aber das kann ich nicht mehr feststellen.«
»Schade«, sagte ich. »Aber es wäre auf jeden Fall möglich, dass Baxter herausgefunden hat, dass Rothschild ihn bestahl, und ihm in irgendeiner Form gedroht hat oder am Gewinn beteiligt werden wollte. Rothschild wollte das nicht und brachte Baxter daher um.«
»Hört sich plausibel an«, meinte Michael und Phil nickte.
»Und woher wusste Rothschild, wo es für ihn passendes Material zu holen gab?«, fragte Michael.
»Er hat die Überwachungssysteme selbst installiert«, erinnerte ihn Phil.
»Ach ja, klar«, meinte er und schlug sich die flache Hand vor den Kopf.
»Dann auf zu Rothschild«, sagte ich und stand auf. »Bringen wir ihn zum Reden. Michael, wenn du noch etwas herausfindest, was ihn belastet und was uns beim Verhör behilflich sein kann, melde dich.«
Er sicherte uns dies zu und wir verließen sein Büro und gingen zum Zellentrakt.
Collin Rothschild saß am Tisch in einer Vernehmungszelle und hob den Kopf, als wir uns ihm gegenüber hinsetzten. Er sah müde und angegriffen aus. Ein Pflaster zierte seine Stirn, an der Stelle, wo er sich gestern Abend bei der Schlägerei eine Schürfwunde geholt hatte.
»Wir haben Ihre Computer sichergestellt und untersuchen lassen«, begann ich und Rothschild ließ den Kopf sinken. »Nettes Geschäft, das Sie da betrieben haben, und noch dazu lukrativ. Nur leider nicht legal.«
Er sagte nichts darauf, betrachtete nur seine Hände.
»Und der Einbau der Anlagen hat Ihnen sicher auch gutes Geld gebracht«, fuhr ich fort, was er nicht abstritt.
»Aber dass Sie dafür sogar einen Mord begehen …«, stellte ich in den Raum und er hob ruckartig den Kopf.
»Mord? Ich wollte Sie doch nicht umbringen! Für die Pistole habe ich einen Waffenschein, und Sie können nicht beweisen, dass ich auf Sie schießen wollte.«
»Nett von Ihnen, aber davon spreche ich nicht. Ich meine den tatsächlichen Mord«, sagte ich ruhig.
Er sah etwas verunsichert aus. »Was meinen Sie?«
»Baxter«, erläuterte Phil.
Rothschilds Augen weiteten sich. »Sie glauben … Sie wollen mir den Tod von Baxter anhängen?«
»Sie kannten ihn also«, stellte ich fest.
Erst sah es so aus, als wolle er nicht antworten, doch dann brach es aus ihm heraus. »Ja, ich kannte Baxter, aber ich habe nichts mit seinem Tod zu tun. Er ist unglücklich gestürzt, nicht? Was soll ich da gemacht haben? Und warum?«
»Ihn gestoßen vielleicht? Weil er an Ihren Einnahmen beteiligt werden wollte? Oder gedroht hat, Sie auffliegen zu lassen?«, schlug Phil vor.
»Nein«, rief Rothschild wütend. »Er hatte keine Ahnung, was ich mache. Ich habe nur die Anlage für ihn eingebaut und sie hin und wieder gewartet. Er wusste nicht, dass ich seine Daten angezapft habe. Und selbst wenn, wie sollte er mir drohen? Wenn er mich hätte auffliegen lassen, wäre er ebenso dran gewesen.«
»Mag sein oder auch nicht«, sagte ich vage.
Ich wusste, Rothschild war kurz davor, seinen Widerstand aufzugeben. Jetzt mussten wir Fingerspitzengefühl beweisen und die Situation nutzen, um ein Geständnis zu bekommen.
»Wie fühlt es sich an, jemanden, den man hasst, in den Tod zu stoßen?«, fragte ich.
»Ich habe ihn nicht umgebracht«, rief er und klang panisch.
Sein Blick flog zur Tür und zum Fenster und offensichtlich suchte er eine Fluchtmöglichkeit. Doch ganz plötzlich beruhigte er sich wieder. Ihm schien etwas eingefallen zu sein.
»Warten Sie, wie ich gehört habe, ist Baxter Dienstag um die Mittagszeit umgekommen.« Er sah mich fragend an.
Ich nickte. Da wirkte er unendlich erleichtert und lächelte fast.
»Dann kann ich es gar nicht gewesen sein! Sie können es nachprüfen. Am Dienstagmittag habe ich meinen Sohn vom Kindergarten abgeholt, weil er krank war und meine Ex-Freundin nicht bei der Arbeit wegkonnte. Ich bin von dort aus mit ihm zum Arzt gefahren und habe eine Stunde mit ihm
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