Jerry Cotton - 2903 - Das Haus der 1000 Augen
konnte es sich, da die offizielle Dienstzeit vorüber war, erlauben, ein Bier zu trinken, doch ich musste noch fahren und wollte kein Risiko eingehen.
Der Wirt stellte die Getränke vor uns auf den Tisch, kassierte direkt und ging zurück zu seinem Gesprächspartner.
Während ich langsam meine Cola trank und den Anschein erweckte, in ein Gespräch mit Phil vertieft zu sein, tastete mein Blick die Gesichter der Männer ab. Am Tresen befand sich Rothschild nicht, da war ich mir sicher, aber bei den am Tisch Sitzenden gab es zwei, deren Gesichter wir von unserer Position aus nicht sehen konnten, bei denen das Alter aber in etwa hinzukommen schien.
»Entschuldige mich, ich muss mal kurz gehen«, sagte ich zu Phil, der mir zunickte.
Er wusste, dass ich mir die Männer unauffällig aus einer anderen Position ansehen wollte.
Auf dem Weg zu den hinten liegenden Toiletten ging ich so an dem Tisch vorbei, dass ich die beiden Männer gut sehen konnte, wurde jedoch enttäuscht. Keiner der Männer war Collin Rothschild. Als ich die Tür zu den Toiletten öffnete, sah ich kurz zu Phil zurück und schüttelte andeutungsweise den Kopf.
Ich war froh, dass ich nicht wirklich ein dringendes Bedürfnis verspürte, da die Toiletten keinen besonders einladenden Eindruck machten. Ich zählte bis zehn und ging so bald wie möglich, ohne dass es auffiel, in den Gastraum zurück.
Schon beim ersten Blick merkte ich, dass sich etwas verändert hatte. Phil wirkte angespannt, was mir aber nur auffiel, da ich ihn so gut kannte. Zu den Männern am Tisch hatte sich ein weiterer gesellt, den ich als Collin Rothschild erkannte.
Ohne mir etwas anmerken zu lassen, ging ich zurück an den Tresen und setzte mich wieder zu Phil.
»Und jetzt?«, fragte er und nahm einen Schluck von seinem Bier. »Rufen wir Verstärkung oder machen wir es selbst?«
Die Entscheidung erübrigte sich, da die vier Männer die Stühle zurückschoben und offensichtlich gehen wollten. Anscheinend war Rothschild nur gekommen, um sie abzuholen oder ihnen etwas mitzuteilen, weswegen sie dann gemeinsam gehen wollten.
Die vier Männer sahen alle sportlich und kräftig aus. Zwei von ihnen hatten sichtbare Tattoos und es hätte mich nicht überrascht, wenn sie schon mal gesessen hätten. Um Verstärkung zu rufen, reichte die Zeit nicht. Die vier Männer strebten dem Ausgang zu und Phil und ich folgten ihnen. Ich hatte noch die Hoffnung, dass sie sich vor dem Pub trennen würden, die sich allerdings nicht erfüllen sollte.
»Mein Wagen steht dahinten«, hörten wir Rothschild sagen und die Männer machten sich gemeinsam auf den Weg. Das passte mir nun gar nicht. Lieber wollte ich Rothschild hier stellen, wo es viel freie, gut zu überblickende Fläche gab, als irgendwo in einer Gasse in einem Gebiet, das er kannte und wir nicht.
»Zugriff«, raunte ich Phil zu, der seine Waffe zog und entsicherte.
»FBI, Collin Rothschild, bleiben Sie stehen und heben Sie die Hände«, rief ich den Verdächtigen an.
Anfangs sah es so aus, als ergäbe er sich. Er hob die Hände und drehte sich langsam um. Ich sah aber an seinen Mundbewegungen, dass er leise etwas zu seinen Freunden sagte.
»Tun Sie nichts Unüberlegtes. Mein Partner hat eine Waffe auf Sie gerichtet. Lassen Sie die Hände oben.«
»Ich habe eine Schulterverletzung. Höher kann ich sie nicht heben«, sagte er und hielt die Arme in Schulterhöhe. »Was wollen Sie eigentlich von mir? Ich mache mir einen schönen Abend mit meinen Freunden und plötzlich tauchen Sie auf und werfen mir wer weiß was vor. Das ist Rufmord. Ich werde Sie verklagen. Nennen Sie mir sofort Ihren Namen …«
Er fuhr fort, irgendwelchen Blödsinn zu reden, bewegte dabei aber ganz langsam die rechte Hand in Richtung des Ausschnitts seines Sakkos, wo ich eine verdächtige Ausbuchtung ausgemacht hatte. Währenddessen hatten seine Freunde sich verteilt und kamen von verschiedenen Seiten auf uns zu.
»Phil, du ihn, ich kümmre mich um die anderen«, sagte ich leise zu meinem Partner und wandte mich nach rechts, zu dem Kerl, der am nächsten war. Sobald er merkte, dass er sich nicht weiter unbemerkt anschleichen konnte, ging er zum offenen Angriff über. Er stürmte auf mich zu.
Ich machte einen Schritt zur Seite und nutzte die von ihm aufgewandte Kraft für einen Schulterwurf. Er landete mit einem dumpfen Knall auf dem Rücken. Ich nahm an, dass ihm erst mal die Luft wegbleiben und ich zumindest kurzfristig Ruhe vor ihm haben würde, doch mich dessen zu
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