Jerry Cotton - 2905 - Ein Steckbrief fur den Tod
beruflich hatte ich niemals etwas mit ihm zu schaffen, Agents. Sie wissen, ich bin ein gesetzestreuer Bürger.«
Phil war genervt von unserem Gegenüber. Das wurde mir klar, als mein Freund nun das Wort ergriff.
»Der Tote hat sich vor seinem Ableben öfter mal eine Linie Koks genehmigt. Die Qualität des Stoffes deutet auf Sie als Drogenquelle hin. Ich weiß, offiziell bekommt man bei Ihnen nur Spaghetti und Pizza. Das können Sie uns weiterhin weismachen, Torres. Aber ich gebe Ihnen ein Versprechen: Wenn wir auch nur die geringste Verbindung zwischen Ihnen und Alex Redmond feststellen, dann werden Sie es noch bereuen, das FBI so frech belogen zu haben.«
Eigentlich hatte ich den Drogenkönig für einen abgebrühten Kriminellen gehalten. Und doch schien Phils Drohung eine Wirkung auf ihn zu haben.
»Agents, ich habe Ihnen nicht die Unwahrheit gesagt. Möglicherweise kannte ich dieses bedauernswerte Verbrechensopfer ja wirklich. Sie werden verstehen, dass ich mir nicht jedes Gesicht merken kann. Jeden Tag besuchen Hunderte von Gästen mein Restaurant. Und ich habe überhaupt kein Interesse an dem Tod dieses Mannes. Haben Sie einmal an Erpressung als Mordmotiv gedacht?«
Ich hakte nach.
»Erpressung? Wie meinen Sie das?«
Torres wiegte seinen dicken Kopf.
»Nun, möglicherweise hat so ein Kautionsjäger ja noch ein lukratives Nebengeschäft. Er könnte sein erworbenes Wissen nutzen, um Menschen unter Druck zu setzen. Aber Verbrechen lohnen sich nicht, da werden Sie mir zustimmen. Vielleicht gerät man an den Falschen, wenn man sich sein Schweigen bezahlen lässt.«
Ich hätte schwören können, dass Torres mehr über den Mord und den Mörder wusste. Leider hatten wir keine Handhabe, um ihn unter Druck zu setzen. Die kriminaltechnischen Beweise reichten nicht aus, um die Verbindung zwischen Redmonds Koksvorrat und diesem kleinen Restaurant in Little Italy herzustellen.
»Wenn wir herausfinden, dass Sie Redmonds Mörder kannten, dann sind Sie dran, Torres.«
Der Kriminelle grinste breit und hob abwehrend die Hände.
»Was immer Sie sagen, Agent Cotton.«
Phils Gesicht war rot vor Zorn, als er sich auf den Beifahrersitz meines Jaguar fallen ließ.
»Unglaublich, wie man sich von diesem Kokain-Klops behandeln lassen muss!«
Ich nickte und ließ den Motor an.
»Torres ist ein Dreckskerl, aber er hat uns einen wichtigen Hinweis gegeben. Außerdem sind unsere Kollegen an ihm dran, das weißt du auch. Früher oder später legen wir ihm das Handwerk.«
»Hinweis? Glaubst du an Torres’ Geschwafel über Erpressung, Jerry?«
»Nun, so würde sich jedenfalls Redmonds Geldsegen erklären. Wir sollten auch in diese Richtung ermitteln.«
»Okay, und warum hat uns Torres einen Tipp gegeben? Glaubst du, dass plötzlich seine Liebe zu Recht und Gesetz erwacht ist?«
»Das nicht. Torres hofft vermutlich, dass wir ihn in Ruhe lassen, wenn wir den wahren Mörder finden. Er kann uns aber den Namen nicht nennen. Dadurch würde Torres nämlich indirekt zugeben, dass er Redmond kannte und sein Kokslieferant war. Letztlich hatte Torres wohl wirklich kein Interesse an Redmonds Tod. Ihm muss doch viel stärker daran gelegen sein, einen gut verdienenden Kunden zu haben, der viele Dollars für Kokain übrig hat.«
Phil war noch nicht überzeugt, das merkte ich. Doch bevor wir unseren Wortwechsel fortsetzen konnten, wurden wir vom Funkgerät unterbrochen. June Clark meldete sich bei uns. Phil griff zum Mikrofon.
»Ja, June. Hier spricht Phil. Was gibt es?«
Die Stimme unserer Kollegin klang aufgeregt.
»Blair und ich beschatten gerade Isabel Ortega. Sie hat sich soeben mit dem gesuchten Roy Jordan getroffen!«
***
Diese Nachricht elektrisierte Phil und mich.
»June, Jerry und ich sind momentan in Little Italy. Wie lautet eure Position?«
»Port Authority Bus Terminal, nördlicher Eingang. Sollen wir unseren Wagen verlassen und einen Zugriff machen?«
»Negativ, June. Dort sind zu viele Passanten, die wir nicht gefährden dürfen. Jerry und ich sind auf dem Weg zu euch. Behaltet das Paar nur im Blickfeld. Falls Jordan in einen Bus steigen will, könnt ihr ihn notfalls immer noch verhaften.«
»Okay, dann steigen Blair und ich jetzt aus. Wir bleiben über die Handys miteinander in Verbindung.«
Ich drückte bereits kräftig auf das Gaspedal. Es ist nicht weit von Little Italy zum Port Authority Bus Terminal, jedenfalls für New Yorker Verhältnisse. Phil hatte ganz in meinem Sinn gehandelt. Natürlich waren June und
Weitere Kostenlose Bücher