Jerry Cotton - 2906 - Die Panama-Luege
fort.
Das war ein stichhaltiges Argument und engte den Kreis der Verdächtigen weiter ein. Instinktiv schloss ich Agent Anders aus, da ich ihm vertraute. Während unseres fehlgeschlagenen Befreiungsversuchs und auch später bei der Festnahme von Moreno hatte er sich bewährt. Es wäre ein Leichtes für Anders gewesen, den Anführer der Gangster bereits im Lager entkommen zu lassen. Wer blieb dann noch?
»Es kann keiner von uns sein«, sagte Agent Anders.
Sein Einwurf klang störrisch, weil er offenbar den Tatsachen nicht ins Auge sehen wollte. Die Abläufe an diesem Abend mussten ihn jedoch eines Besseren belehren. Einer der Agents war ein Verräter, denn anders ließ sich die Flucht Morenos einschließlich der erneuten Geiselnahme nicht erklären.
»Wir haben eine Möglichkeit bislang außer Acht gelassen«, sagte ich laut.
Es war ein scheinbar unwesentliches Detail, das mich auf diese Variante gebracht hatte. Bis vor wenigen Sekunden hatte ich dem Umstand zu wenig Beachtung geschenkt, und dennoch konnte es der Schlüssel zu vielen offenen Fragen sein.
»Ach, ja? Und welche sollte das sein?«, wollte Agent Meola erfahren.
***
Alle Blicke ruhten auf mir, und da spürte ich doch ein leichtes Unbehagen. Es war nur eine Theorie, die auf einem einzigen Bild in einem elektronischen Wechselrahmen basierte. Würde ich mich gleich fürchterlich blamieren?
»Mistress Toble und Carlos Moreno sind ein heimliches Liebespaar. Sie könnte den Arzt niedergeschlagen und anschließend den Kollegen ermordet haben«, sprach ich es aus.
Ungläubiges Staunen breitete sich im Raum aus und ich registrierte mehrfaches Kopfschütteln. Den Kollegen der DEA erschien meine Theorie dann doch zu gewagt.
»Wie kommst du darauf?«, fragte Paul Anders.
Ich erinnerte ihn an die Durchsuchung des Büros von Moreno und dem dabei gefundenen Wechselrahmen. Zu leicht hatten wir uns mit der Erklärung der angeblichen Freundschaft zwischen ihm und dem Botschafterehepaar abgefunden.
»Wurde eigentlich überprüft, wann diese Aufnahmen auf dem Boot gemacht wurden?«, fragte ich.
Einer der Agents hatte diese Aufgabe übernommen und konnte uns nach wenigen Augenblicken das exakte Datum liefern. Solche Details befanden sich in der elektronischen Signatur des Bildes.
»Haben Sie Zugriff auf den Terminplan des Botschafters?«, fragte ich Meola.
Der Abgleich mit dem Datum, an dem seine Frau im Bikini fotografiert worden war, brachte eine Überraschung.
»Botschafter Toble war an den Tagen zu einer Konferenz in Mexiko«, antwortete Agent Meola.
Auf einmal war meine Theorie nicht mehr so abwegig, auch wenn die Anhaltspunkte immer noch dürftig blieben. Das nächste Puzzleteilchen lieferten uns die Aufzeichnungen der Überwachungskameras aus dem Büro. Es war nicht eine Frau, die sich dem Wachposten genähert hatte, sondern zwei. Für einen kurzen Augenblick erfasste die Kamera im Gang das Profil der zweiten Frau, und da erkannte ich sie.
»Das ist Gabriela Vasquez aus Yaviza«, rief ich aus.
Nachdem ich den Zusammenhang für die Kollegen hergestellt hatte, ließ Agent Meola sofort eine Überprüfung in der Stadt nahe der kolumbianischen Grenze organisieren.
»Die Frau des Botschafters lenkt ihn ab und Vasquez ersticht ihn«, sagte Agent Anders.
Auf den Aufzeichnungen waren die grausamen Details des Mordes gut zu erkennen.
»Vasquez tötet nicht zum ersten Mal. Sie ist eine Meisterin mit dem Messer«, kommentierte Meola.
Keine zwanzig Minuten später erreichte uns eine ernüchternde Nachricht: Gabriela Vasquez wurde in ihrer Wohnung angetroffen und kam daher für den Mord nicht in Betracht. Als ich um die Übersendung eines Bildes von ihr bat, schickte ein Agent der DEA uns die Aufnahme auf das Mobiltelefon seines Vorgesetzten.
»Als Agent Decker und ich den Botschafter in der Wohnung abgeholt haben, war bereits die Killerin darin. Sie hat sich einfach der Identität der wirklichen Inhaberin bedient und wir sind darauf hereingefallen«, erklärte ich.
»Agent Cotton hat trotzdem recht«, sagte Agent Anders.
Auf den Bildern der Kameras für die Außenüberwachung des Büros war klar erkennbar, dass Mrs Toble freiwillig mit Moreno und der Killerin in der Nacht verschwand.
»Damit wäre geklärt, woher das Kartell alle seine Informationen bezogen hat. Ich bin zwar froh, dass meine Leute sauber sind, aber es ist trotzdem ein Desaster«, sagte Agent Meola.
Die veränderte Situation zwang nicht nur uns zum raschen Handeln, sondern es wirkte sich
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