Jerry Cotton - 2911 - Jung schoen und toedlich
für Telekommunikation überwacht. Phils Suche in Patricias Zimmer hatte nichts ergeben. Seit sie alles mit einem Smartphone erledigte, hatte sie ihren Computer Ashley geschenkt.
Ansonsten befanden sich nur Kleidungsstücke, Schuhe und eine kleine CD-Sammlung in Pattys privatem Reich. Es wirkte seltsam leer und aufgeräumt, als ob sie angestrengt darauf bedacht war, niemandem Hinweise auf die kleinen Geheimnisse ihres Lebens zu geben.
Ihre Mutter hatte es damit erklärt, dass Patty schon immer die Ordnungsliebe in Person gewesen sei. Phil und ich vermuteten einen anderen Grund dahinter: Patricia Franklin war so selten zu Hause, dass es sich für sie gar nicht lohnte, ihr Zimmer ein bisschen persönlicher einzurichten.
Corinna, die Barkeeperin unseres Vertrauens, signalisierte uns, dass jemand auf uns zukam. Wir bedankten uns, schwangen auf den Barhockern herum und glitten hinunter. Das Namensschild Nellie prangte an hervorragender Stelle, nämlich auf der linken Seite ihres beachtlichen Busens, am straff gespannten Stoff eines pinkfarbenen Tops mit einem noch tieferen Ausschnitt, als ihn die Barkeeperinnen trugen.
Dafür waren Bauch und Taille der Kellnerinnen mit dem einheitlichen Pink-Top bedeckt. Es folgte ein enger schwarzer Rock, der – wohl zum Ausgleich – nur die Hälfte der Oberschenkel bedeckte. Nellie Herrera hatte ihr glattes schwarzes Haar straff zu einem Knoten zurückgebunden. Sie wirkte streng dadurch, wie eine Aufseherin. Wir stellten uns vor und sagten ihr, wen wir suchten.
»Felipe Bogado?«, wiederholte sie leise. Ihr Blick begann über die Sitzbuchten zu schweifen. »Den können Sie nicht verwechseln. So einer hat heutzutage Seltenheitswert, in unserem Land der Übergewichtigen.«
»Also ein großer Dünner«, folgerte ich.
»Dünn ja, aber eher nur mittelgroß. Schwarze Haare und ein schmales Gesicht. Sieht aus wie ein echter Hungerleider. Ich frage mich jetzt noch, was die kleine Gonçalves an dem gefunden hat.«
»Sie kennen Jessica?«, fragte ich erstaunt.
»Na klar. Und dass Sie sie kennen, wundert mich gar nicht.« Ihr Blick streifte mich kurz, dann suchte sie weiter die Plätze ab. Gleichzeitig fuhr sie fort: »Hier kennt sie jeder. Ist so eine Art Anführertyp. Legt sich zum Beispiel mit den Cops an, wenn die hier Razzia machen. Einen hat sie mal angespuckt, und einem weiblichen Cop hat sie einen Tritt in den Hintern gegeben. Beide Male wurde sie dann abgeführt und hat Gefängnis gekriegt. Beide Strafen wurden aber zur Bewährung ausgesetzt. Nur – wenn sie sich noch mal was leistet, wandert sie ab hinter Gitter.«
Übergangslos stellte sie fest: »Da ist er übrigens. Ganz hinten rechts, am Tisch vor dem mittleren Fenster.«
Wir spähten in ihre Blickrichtung. Und da war er – erschreckend dürr und mit jenem sechsten Sinn ausgestattet, der ihn wahrnehmen ließ, wenn jemand ihn von hinten anstarrte.
»Der, der sich jetzt umdreht«, ergänzte Nellie Herrera ihre Beschreibung. Dass er sie bemerkte, als sie mit einer Kopfbewegung auf ihn deutete, machte ihr offenbar nicht das Geringste aus.
Phil sprach sie darauf an. »Jetzt hat er es mitgekriegt. Gibt das keinen Ärger für Sie?«
Nellie lachte und winkte ab. »Himmel, nein. Felipe ist harmlos. So eine Art Handlanger für Jessica und die anderen Girls. Erledigt Botengänge, macht Besorgungen, fährt sie mit dem Auto rum.«
»War er gestern Abend hier – mit Jessica und den Girls?«
»Nein. Jedenfalls nicht, solange ich Dienst hatte. Das muss aber nichts heißen. Oft kommen sie viel später noch mal rein, nach der Disco zum Beispiel. Oder wenn sie woanders waren.«
»Sagt Ihnen der Name Goran Shames etwas?«, fragte ich.
Nellie runzelte die Stirn. »Das ist der, den sie umgebracht haben, stimmt’s? Ich habe den Bericht heute Nachmittag im Fernsehen gesehen. Auch die Sache über Patricia Franklin. Patty ist ein Schatz, richtig lieb und nett. Ganz anders als Jessica, obwohl die beiden Freundinnen sind.« Nellies Blick wanderte von Felipe Bogado zu uns. »Diesen Shames kannte ich nicht. Das bedeutet aber nicht, dass er nicht hier war. Falls ja, ist er mir nur nicht aufgefallen. Neuerdings tauchen hier öfter mal Typen auf, die wir vorher nie gesehen haben.«
»Die anderen an Bogados Tisch«, sagte Phil. »Gehören die auch zur Clique?«
»Wenn Sie Jessica und die Girls meinen, nein. Die haben andere Freunde.« Sie schüttelte energisch den Kopf.
Sie blickte wieder hinüber, wir folgten ihrem Beispiel, und im selben
Weitere Kostenlose Bücher