Jerry Cotton - 2911 - Jung schoen und toedlich
Körperdrehung schaffte ich es gerade noch auszuweichen. Das Knie radierte an meinem linken Oberschenkel empor und erzeugte eine brennende Spur.
Da riss mir der Geduldsfaden.
Ich zwang mich, jene angeborene innere Barriere zu überwinden, die Gewalt gegen Frauen kategorisch ausschloss. Ich teilte aus, ruderte mit den Armen. Es tat mir in der Seele weh, aber es ging nicht anders. Sie heulten auf wie ein Rudel geifernder Wölfinnen, als es mir tatsächlich gelang, drei oder vier von ihnen wegzustoßen. Doch zwei klammerten sich an mich, und die anderen setzten nach.
Ich zog das Rudel mit mir, auf den Pulk um Phil zu. In all dem Gewirbel und dem Keuchen und Ächzen gelang es uns, Blickkontakt aufzunehmen. Auch sahen wir, dass Felipe Bogado von seinen beiden Bezwingerinnen schon wieder ein Stück weggezerrt wurde. Phil und ich arbeiteten uns durch das Arme-und-Beine-Gewirr der Prüglerinnen aufeinander zu, und dann kämpften wir Rücken an Rücken.
***
Unsere Taktik war auf Abwehr ausgerichtet; ich wusste, dass es falsch war. Wir blockten Fausthiebe und Handkantenschläge mit angewinkelten Unterarmen ab. Hölle und Teufel, so kamen wir einfach nicht weiter.
Die Entscheidungshilfe kam blutig.
Mitten im Kampfgetümmel machte eines der Girls plötzlich eine typische Handbewegung. Mit der Rechten fuhr sie sich über den Mund, als wollte sie sich die Lippen trocken wischen. Mir gefror das Blut in den Adern, denn ich sah es deutlich im Schein der Peitschenmastlampen. Unvermittelt blitzte eine Rasierklinge in der Hand des Mädchens. Rasierklingen im Mund mit sich zu führen, war die bekannte Methode der Slasher-Gangs. Die Schlitzerin in unserer Gegnerinnen-Meute, eine Dunkelhaarige mit Borstenfrisur, hob jäh den rechten Arm. Für die Dauer eines Atemzugs blitzte die Klinge über ihrem Kopf. In der nächsten Zehntelsekunde sauste sie herab – auf mein Gesicht zu.
Reflexartig warf ich mich zur Seite. Der Klingenhieb zischte haarscharf an meinem linken Oberarm vorbei. Ein anderes Girl, direkt neben mir, schrie markerschütternd. Der ultrascharfe Rasierstahl hatte sie im Nacken getroffen. Ich war im selben Moment wieder zur Stelle und ließ meine Faust hochschnellen – gnadenlos und mit ungebremster Kraft. Die Zeit der Rücksichtnahme war vorbei. Die Borstenhaarige hatte den Krieg eröffnet. Meine Faust traf ihren Arm von unten und kugelte ihn fast aus, als er emporflog. Sie schrie wie am Spieß, verlor die Rasierklinge aus den Fingern. Das hauchdünne Stahlblatt flatterte hinauf ins Lampenlicht und segelte schräg seitwärts davon.
Die Borstige und ihr unfreiwilliges Opfer schrien Wut und Schmerz gemeinsam hinaus. Der Schock ließ die anderen zusammenzucken. Phil und ich sahen rot. Es reichte. Wir durften keine Gnade mehr kennen. Diese jungen Frauen schreckten vor blutiger Gewalt nicht mehr zurück. Mein Partner und ich setzten unsere Fäuste ein – und unsere Handkanten.
Bevor wir die nächste Rasierklinge zu sehen bekamen, nahm ich mir zuerst die Schlitzerin vor. Mit einem einzigen gut berechneten Hieb schickte ich sie ins Traumland. Es war wie ein Zeichen, das wir setzten. Die Angriffswut der Girls ließ nach. Phil und ich schoben die Verletzte zur Seite und räumten unter den anderen auf.
Sekunden später, als wir die Mehrzahl unserer Gegnerinnen bereits überwältigt hatten, ergriffen die übrigen die Flucht. Die Ursache war nicht zu überhören. Sirenengeheul näherte sich dem Parkplatz des Joker . Wir reagierten schnell genug und schnappten uns Felipe Bogado, als er schon Anstalten machte, sich den rennenden Girls anzuschließen. Wahrscheinlich fühlte er sich in ihrer Gesellschaft doch wohler als in unserer.
Zwei Streifenwagen jagten durch die Fahrzeugreihen und hielten zielstrebig auf uns zu. Die Cops wussten genau, wo sie gebraucht wurden. Einer der Streifenwagen schoss in der Nachbarfahrspur vorbei, hinter den fliehenden Girls her. Vor dem Baustellenzaun wurden sie geschnappt. Während die Cops ausschwärmten, drangen weitere Streifenwagen auf den Parkplatz vor, und im Handumdrehen sorgten unsere Kollegen vom 25th Precinct für geordnete Verhältnisse.
Ein blau-weißer Kastenwagen wurde angefordert, damit alle Festgenommenen abtransportiert werden konnten. Besondere Aufmerksamkeit galt dabei Felipe Bogado und der Schlitzerin. Beide würden in Einzelzellen gesperrt werden; Felipe, weil er ein wichtiger Zeuge war, und die Rasierklingenschwingerin, weil sie mit einer Anklage wegen vorsätzlicher
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